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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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land nent! Vater hat's uns vorigen Winter
aus einer Reisebeschreibung vorgelesen. Da
sollen die Leute auch noch so wild und barba-
risch sein, daß sie Menschenfleisch essen. Aber
die Engländer, die sie entdekt haben, werden
sie wohl zahm machen.

Frizchen. Das ist gut!

Vater. Laßt uns nun wieder zu unserm
Robinson zurükkehren. -- Er wandte sein
Gesicht von diesem gräßlichen Schauspiel weg,
ihm wurde übel, und er würde in Ohnmacht
gesunken sein, wenn die Natur sich nicht durch
ein heftiges Erbrechen geholfen hätte.

Sobald er sich ein wenig erhohlt hatte,
rante er mit der äussersten Geschwindigkeit
davon. Kaum daß sein treues Lama ihm fol-
gen konte. Doch lief es ihm nach. Aber so
sehr hatte die Furcht den Verstand unsers ar-
men Robinsons umnebelt, daß er auf seiner
Flucht dieses ihm folgenden Thieres vergaß,
die Tritte desselben für den Fußtrit eines ihm
nachjagenden Kannibalen hielt, und daher mit
der größten Selenangst alle seine Kräfte an-

strengte,
D 3

land nent! Vater hat's uns vorigen Winter
aus einer Reiſebeſchreibung vorgeleſen. Da
ſollen die Leute auch noch ſo wild und barba-
riſch ſein, daß ſie Menſchenfleiſch eſſen. Aber
die Englaͤnder, die ſie entdekt haben, werden
ſie wohl zahm machen.

Frizchen. Das iſt gut!

Vater. Laßt uns nun wieder zu unſerm
Robinſon zuruͤkkehren. — Er wandte ſein
Geſicht von dieſem graͤßlichen Schauſpiel weg,
ihm wurde uͤbel, und er wuͤrde in Ohnmacht
geſunken ſein, wenn die Natur ſich nicht durch
ein heftiges Erbrechen geholfen haͤtte.

Sobald er ſich ein wenig erhohlt hatte,
rante er mit der aͤuſſerſten Geſchwindigkeit
davon. Kaum daß ſein treues Lama ihm fol-
gen konte. Doch lief es ihm nach. Aber ſo
ſehr hatte die Furcht den Verſtand unſers ar-
men Robinſons umnebelt, daß er auf ſeiner
Flucht dieſes ihm folgenden Thieres vergaß,
die Tritte deſſelben fuͤr den Fußtrit eines ihm
nachjagenden Kannibalen hielt, und daher mit
der groͤßten Selenangſt alle ſeine Kraͤfte an-

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D 3
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[53/0059] land nent! Vater hat's uns vorigen Winter aus einer Reiſebeſchreibung vorgeleſen. Da ſollen die Leute auch noch ſo wild und barba- riſch ſein, daß ſie Menſchenfleiſch eſſen. Aber die Englaͤnder, die ſie entdekt haben, werden ſie wohl zahm machen. Frizchen. Das iſt gut! Vater. Laßt uns nun wieder zu unſerm Robinſon zuruͤkkehren. — Er wandte ſein Geſicht von dieſem graͤßlichen Schauſpiel weg, ihm wurde uͤbel, und er wuͤrde in Ohnmacht geſunken ſein, wenn die Natur ſich nicht durch ein heftiges Erbrechen geholfen haͤtte. Sobald er ſich ein wenig erhohlt hatte, rante er mit der aͤuſſerſten Geſchwindigkeit davon. Kaum daß ſein treues Lama ihm fol- gen konte. Doch lief es ihm nach. Aber ſo ſehr hatte die Furcht den Verſtand unſers ar- men Robinſons umnebelt, daß er auf ſeiner Flucht dieſes ihm folgenden Thieres vergaß, die Tritte deſſelben fuͤr den Fußtrit eines ihm nachjagenden Kannibalen hielt, und daher mit der groͤßten Selenangſt alle ſeine Kraͤfte an- ſtrengte, D 3

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/59>, abgerufen am 23.11.2024.