Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Augenblikke, da der Himmel meinen einzi-
gen langen Herzenswunsch erfült hat? Hast du
die drei Kanonenschüsse nicht gehört? Weißt du
noch nicht, daß das Schif erobert ist?"

Nun gingen Freitag die Augen auf. Auch
er fing an, sich zu freuen, aber doch nicht so
stark und nicht um seinetwegen, sondern um sei-
nes guten Herrn willen. Denn der Gedanke,
seinen vaterländischen Himmel auf immer ver-
lassen zu müssen, verbitterte ihm das Vergnügen,
in Robinsons und seines Vaters Geselschaft
nach einem Lande zu reisen, aus dem er schon
so viele Wunderdinge gesehen hatte, und in dem
er noch grössere zu sehn erwartete.

Robinson war vor lauter Entzükken jezt
unruhiger, als jemahls. Bald kletterte er den
Hügel hinan, warf sich da im Angesicht des stern-
besäten Himmels auf seine Knie, um Gott für
seine Erlösung zu danken; bald stieg er wieder
hinab, umarmte seinen Freitag, sprach von
nichts, als Hamburg, und fing schon an, sei-
ne Sachen einzupakken. So verstrich ihm die
ganze Nacht, ohne daß es ihm ein einzigesmahl

einge-
Y 4

dem Augenblikke, da der Himmel meinen einzi-
gen langen Herzenswunſch erfuͤlt hat? Haſt du
die drei Kanonenſchuͤſſe nicht gehoͤrt? Weißt du
noch nicht, daß das Schif erobert iſt?„

Nun gingen Freitag die Augen auf. Auch
er fing an, ſich zu freuen, aber doch nicht ſo
ſtark und nicht um ſeinetwegen, ſondern um ſei-
nes guten Herrn willen. Denn der Gedanke,
ſeinen vaterlaͤndiſchen Himmel auf immer ver-
laſſen zu muͤſſen, verbitterte ihm das Vergnuͤgen,
in Robinſons und ſeines Vaters Geſelſchaft
nach einem Lande zu reiſen, aus dem er ſchon
ſo viele Wunderdinge geſehen hatte, und in dem
er noch groͤſſere zu ſehn erwartete.

Robinſon war vor lauter Entzuͤkken jezt
unruhiger, als jemahls. Bald kletterte er den
Huͤgel hinan, warf ſich da im Angeſicht des ſtern-
beſaͤten Himmels auf ſeine Knie, um Gott fuͤr
ſeine Erloͤſung zu danken; bald ſtieg er wieder
hinab, umarmte ſeinen Freitag, ſprach von
nichts, als Hamburg, und fing ſchon an, ſei-
ne Sachen einzupakken. So verſtrich ihm die
ganze Nacht, ohne daß es ihm ein einzigesmahl

einge-
Y 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0349" n="343"/>
dem Augenblikke, da der Himmel meinen einzi-<lb/>
gen langen Herzenswun&#x017F;ch erfu&#x0364;lt hat? Ha&#x017F;t du<lb/>
die drei Kanonen&#x017F;chu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e nicht geho&#x0364;rt? Weißt du<lb/>
noch nicht, daß das Schif erobert i&#x017F;t?&#x201E;</p><lb/>
          <p>Nun gingen <hi rendition="#fr">Freitag</hi> die Augen auf. Auch<lb/>
er fing an, &#x017F;ich zu freuen, aber doch nicht &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tark und nicht um &#x017F;einetwegen, &#x017F;ondern um &#x017F;ei-<lb/>
nes guten Herrn willen. Denn der Gedanke,<lb/>
&#x017F;einen vaterla&#x0364;ndi&#x017F;chen Himmel auf immer ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, verbitterte ihm das Vergnu&#x0364;gen,<lb/>
in <hi rendition="#fr">Robin&#x017F;ons</hi> und &#x017F;eines Vaters Ge&#x017F;el&#x017F;chaft<lb/>
nach einem Lande zu rei&#x017F;en, aus dem er &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;o viele Wunderdinge ge&#x017F;ehen hatte, und in dem<lb/>
er noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere zu &#x017F;ehn erwartete.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Robin&#x017F;on</hi> war vor lauter Entzu&#x0364;kken jezt<lb/>
unruhiger, als jemahls. Bald kletterte er den<lb/>
Hu&#x0364;gel hinan, warf &#x017F;ich da im Ange&#x017F;icht des &#x017F;tern-<lb/>
be&#x017F;a&#x0364;ten Himmels auf &#x017F;eine Knie, um Gott fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;eine Erlo&#x0364;&#x017F;ung zu danken; bald &#x017F;tieg er wieder<lb/>
hinab, umarmte &#x017F;einen <hi rendition="#fr">Freitag,</hi> &#x017F;prach von<lb/>
nichts, als <hi rendition="#fr">Hamburg,</hi> und fing &#x017F;chon an, &#x017F;ei-<lb/>
ne Sachen einzupakken. So ver&#x017F;trich ihm die<lb/>
ganze Nacht, ohne daß es ihm ein einzigesmahl<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 4</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einge-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0349] dem Augenblikke, da der Himmel meinen einzi- gen langen Herzenswunſch erfuͤlt hat? Haſt du die drei Kanonenſchuͤſſe nicht gehoͤrt? Weißt du noch nicht, daß das Schif erobert iſt?„ Nun gingen Freitag die Augen auf. Auch er fing an, ſich zu freuen, aber doch nicht ſo ſtark und nicht um ſeinetwegen, ſondern um ſei- nes guten Herrn willen. Denn der Gedanke, ſeinen vaterlaͤndiſchen Himmel auf immer ver- laſſen zu muͤſſen, verbitterte ihm das Vergnuͤgen, in Robinſons und ſeines Vaters Geſelſchaft nach einem Lande zu reiſen, aus dem er ſchon ſo viele Wunderdinge geſehen hatte, und in dem er noch groͤſſere zu ſehn erwartete. Robinſon war vor lauter Entzuͤkken jezt unruhiger, als jemahls. Bald kletterte er den Huͤgel hinan, warf ſich da im Angeſicht des ſtern- beſaͤten Himmels auf ſeine Knie, um Gott fuͤr ſeine Erloͤſung zu danken; bald ſtieg er wieder hinab, umarmte ſeinen Freitag, ſprach von nichts, als Hamburg, und fing ſchon an, ſei- ne Sachen einzupakken. So verſtrich ihm die ganze Nacht, ohne daß es ihm ein einzigesmahl einge- Y 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/349
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/349>, abgerufen am 24.11.2024.