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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780.

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Protestant, der Spanier ein katholischer
Christ, Freitags
Vater sogar noch ein Heide.

"Was must du nun wohl dabei thun?"
dachte Robinson. "Hättest du nicht etwa
das Recht, sie alle mit Gewalt zu zwingen, sich
zu demjenigen Glauben zu bekennen, den du für
den besten hältst?" Er san darüber nach, weil
es eine Sache war, an die er noch niemahls ge-
dacht hatte.

Und was meint ihr nun, Kinder, daß sein
gesunder Menschenverstand ihm darauf geant-
wortet habe? Durft' er seine Unterthanen zwin-
gen seine eigene Religion anzunehmen, oder
nicht?

Alle. O bei Leibe nicht!

Vater. Warum denn nicht?

Johannes. Ja, weil das keinen etwas
angeht, was Einer glaubt, wenn er nur so
lebt, wie sich's gebührt.

Vater. Aber wenn nun Einer, der über
einen Andern Macht hat, einsieht, daß dieser
einen Irthum habe; solt' es ihm dan nicht er-

laubt
T

Proteſtant, der Spanier ein katholiſcher
Chriſt, Freitags
Vater ſogar noch ein Heide.

„Was muſt du nun wohl dabei thun?„
dachte Robinſon. „Haͤtteſt du nicht etwa
das Recht, ſie alle mit Gewalt zu zwingen, ſich
zu demjenigen Glauben zu bekennen, den du fuͤr
den beſten haͤltſt?„ Er ſan daruͤber nach, weil
es eine Sache war, an die er noch niemahls ge-
dacht hatte.

Und was meint ihr nun, Kinder, daß ſein
geſunder Menſchenverſtand ihm darauf geant-
wortet habe? Durft' er ſeine Unterthanen zwin-
gen ſeine eigene Religion anzunehmen, oder
nicht?

Alle. O bei Leibe nicht!

Vater. Warum denn nicht?

Johannes. Ja, weil das keinen etwas
angeht, was Einer glaubt, wenn er nur ſo
lebt, wie ſich's gebuͤhrt.

Vater. Aber wenn nun Einer, der uͤber
einen Andern Macht hat, einſieht, daß dieſer
einen Irthum habe; ſolt' es ihm dan nicht er-

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[289/0295] Proteſtant, der Spanier ein katholiſcher Chriſt, Freitags Vater ſogar noch ein Heide. „Was muſt du nun wohl dabei thun?„ dachte Robinſon. „Haͤtteſt du nicht etwa das Recht, ſie alle mit Gewalt zu zwingen, ſich zu demjenigen Glauben zu bekennen, den du fuͤr den beſten haͤltſt?„ Er ſan daruͤber nach, weil es eine Sache war, an die er noch niemahls ge- dacht hatte. Und was meint ihr nun, Kinder, daß ſein geſunder Menſchenverſtand ihm darauf geant- wortet habe? Durft' er ſeine Unterthanen zwin- gen ſeine eigene Religion anzunehmen, oder nicht? Alle. O bei Leibe nicht! Vater. Warum denn nicht? Johannes. Ja, weil das keinen etwas angeht, was Einer glaubt, wenn er nur ſo lebt, wie ſich's gebuͤhrt. Vater. Aber wenn nun Einer, der uͤber einen Andern Macht hat, einſieht, daß dieſer einen Irthum habe; ſolt' es ihm dan nicht er- laubt T

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Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/295>, abgerufen am 22.11.2024.