Jezt stieg die Sonne empor und da erblikt' er zu seinem Leidwesen, daß das Wrak gänzlich verschwunden sei. Einzelne Bretter und Bal- ken, die an den Strand getrieben waren, be- wiesen, daß der Sturm es völlig zertrümmert habe. Es that ihm bei diesem Anblik wohl, sich bewust zu sein, daß er keinen Fleiß gespart habe, von dem Schifsgute so viel zu retten, als ihm nur immer möglich gewesen war; und wohl dem Menschen, dessen ganzes Betragen so weiß- lich eingerichtet ist, daß er bei jedem unangeneh- men Vorfal, wie jezt Robinson, zu sich selbst sagen kan: ich bin nicht Schuld daran! O dieses Bewustsein kan viel versüßen, was für unser Herz sonst unausstehlich bitter sein wür- de!
Robinson und Freitag zogen sorgfältig jedes am Strande liegende Ueberbleibsel des Schiffes aufs Land, weil sie voraussahen, daß jedes Bret, jede Latte ihnen nüzlich werden kön- te. Dan wurde ein ordentlicher Plan zu ihrer nächsten Geschäftigkeit gemacht.
Die
Q 3
Jezt ſtieg die Sonne empor und da erblikt' er zu ſeinem Leidweſen, daß das Wrak gaͤnzlich verſchwunden ſei. Einzelne Bretter und Bal- ken, die an den Strand getrieben waren, be- wieſen, daß der Sturm es voͤllig zertruͤmmert habe. Es that ihm bei dieſem Anblik wohl, ſich bewuſt zu ſein, daß er keinen Fleiß geſpart habe, von dem Schifsgute ſo viel zu retten, als ihm nur immer moͤglich geweſen war; und wohl dem Menſchen, deſſen ganzes Betragen ſo weiß- lich eingerichtet iſt, daß er bei jedem unangeneh- men Vorfal, wie jezt Robinſon, zu ſich ſelbſt ſagen kan: ich bin nicht Schuld daran! O dieſes Bewuſtſein kan viel verſuͤßen, was fuͤr unſer Herz ſonſt unausſtehlich bitter ſein wuͤr- de!
Robinſon und Freitag zogen ſorgfaͤltig jedes am Strande liegende Ueberbleibſel des Schiffes aufs Land, weil ſie vorausſahen, daß jedes Bret, jede Latte ihnen nuͤzlich werden koͤn- te. Dan wurde ein ordentlicher Plan zu ihrer naͤchſten Geſchaͤftigkeit gemacht.
Die
Q 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0251"n="245"/><p>Jezt ſtieg die Sonne empor und da erblikt'<lb/>
er zu ſeinem Leidweſen, daß das Wrak gaͤnzlich<lb/>
verſchwunden ſei. Einzelne Bretter und Bal-<lb/>
ken, die an den Strand getrieben waren, be-<lb/>
wieſen, daß der Sturm es voͤllig zertruͤmmert<lb/>
habe. Es that ihm bei dieſem Anblik wohl,<lb/>ſich bewuſt zu ſein, daß er keinen Fleiß geſpart<lb/>
habe, von dem Schifsgute ſo viel zu retten, als<lb/>
ihm nur immer moͤglich geweſen war; und wohl<lb/>
dem Menſchen, deſſen ganzes Betragen ſo weiß-<lb/>
lich eingerichtet iſt, daß er bei jedem unangeneh-<lb/>
men Vorfal, wie jezt <hirendition="#fr">Robinſon,</hi> zu ſich ſelbſt<lb/>ſagen kan: <hirendition="#fr">ich bin nicht Schuld daran!</hi> O<lb/>
dieſes Bewuſtſein kan viel verſuͤßen, was fuͤr<lb/>
unſer Herz ſonſt unausſtehlich bitter ſein wuͤr-<lb/>
de!</p><lb/><p><hirendition="#fr">Robinſon</hi> und <hirendition="#fr">Freitag</hi> zogen ſorgfaͤltig<lb/>
jedes am Strande liegende Ueberbleibſel des<lb/>
Schiffes aufs Land, weil ſie vorausſahen, daß<lb/>
jedes Bret, jede Latte ihnen nuͤzlich werden koͤn-<lb/>
te. Dan wurde ein ordentlicher Plan zu ihrer<lb/>
naͤchſten Geſchaͤftigkeit gemacht.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Q 3</fw><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[245/0251]
Jezt ſtieg die Sonne empor und da erblikt'
er zu ſeinem Leidweſen, daß das Wrak gaͤnzlich
verſchwunden ſei. Einzelne Bretter und Bal-
ken, die an den Strand getrieben waren, be-
wieſen, daß der Sturm es voͤllig zertruͤmmert
habe. Es that ihm bei dieſem Anblik wohl,
ſich bewuſt zu ſein, daß er keinen Fleiß geſpart
habe, von dem Schifsgute ſo viel zu retten, als
ihm nur immer moͤglich geweſen war; und wohl
dem Menſchen, deſſen ganzes Betragen ſo weiß-
lich eingerichtet iſt, daß er bei jedem unangeneh-
men Vorfal, wie jezt Robinſon, zu ſich ſelbſt
ſagen kan: ich bin nicht Schuld daran! O
dieſes Bewuſtſein kan viel verſuͤßen, was fuͤr
unſer Herz ſonſt unausſtehlich bitter ſein wuͤr-
de!
Robinſon und Freitag zogen ſorgfaͤltig
jedes am Strande liegende Ueberbleibſel des
Schiffes aufs Land, weil ſie vorausſahen, daß
jedes Bret, jede Latte ihnen nuͤzlich werden koͤn-
te. Dan wurde ein ordentlicher Plan zu ihrer
naͤchſten Geſchaͤftigkeit gemacht.
Die
Q 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/251>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.