Alle. (Ganz erschrokken) Ach! -- ach! dem Leichnam?
Vater. So nenne ich ihn, weil in der That kein Fünkchen von Leben mehr in ihm zu sein schien.
Freitag trug den Erblaßten völlig ans Land, warf sich verzweiflungsvol über ihn hin, rief ihm zu, rüttelte, rieb ihn am ganzen Leibe, und drükte zehnmahl die Lippen auf seinen Mund um ihm Athem einzublasen. Endlich hatt' er die unaussprechliche Freude, wieder einige Merkmah- le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in seinen Bemühungen fort und Robinson fing an, sich seiner wieder bewust zu sein.
"Wo bin ich?" fragt' er mit schwacher zitternder Stimme, indem er die Augen wieder aufschlug. "In meinen Armen, lieber Herr!" antwortete Freitag, dem die Tränen aus den Augen stürzten. -- Und nun gab es eine rühren- de Scene, indem Robinson seinem Erretter dankte, und dieser nicht wuste, was er vor Freu- den über die Wiederkehr seines geliebten Herrn ins Leben alles vornehmen solte. --
Und,
Alle. (Ganz erſchrokken) Ach! — ach! dem Leichnam?
Vater. So nenne ich ihn, weil in der That kein Fuͤnkchen von Leben mehr in ihm zu ſein ſchien.
Freitag trug den Erblaßten voͤllig ans Land, warf ſich verzweiflungsvol uͤber ihn hin, rief ihm zu, ruͤttelte, rieb ihn am ganzen Leibe, und druͤkte zehnmahl die Lippen auf ſeinen Mund um ihm Athem einzublaſen. Endlich hatt' er die unausſprechliche Freude, wieder einige Merkmah- le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in ſeinen Bemuͤhungen fort und Robinſon fing an, ſich ſeiner wieder bewuſt zu ſein.
„Wo bin ich?„ fragt' er mit ſchwacher zitternder Stimme, indem er die Augen wieder aufſchlug. „In meinen Armen, lieber Herr!„ antwortete Freitag, dem die Traͤnen aus den Augen ſtuͤrzten. — Und nun gab es eine ruͤhren- de Scene, indem Robinſon ſeinem Erretter dankte, und dieſer nicht wuſte, was er vor Freu- den uͤber die Wiederkehr ſeines geliebten Herrn ins Leben alles vornehmen ſolte. —
Und,
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Alle. (Ganz erſchrokken) Ach! — ach!
dem Leichnam?
Vater. So nenne ich ihn, weil in der
That kein Fuͤnkchen von Leben mehr in ihm zu
ſein ſchien.
Freitag trug den Erblaßten voͤllig ans Land,
warf ſich verzweiflungsvol uͤber ihn hin, rief
ihm zu, ruͤttelte, rieb ihn am ganzen Leibe,
und druͤkte zehnmahl die Lippen auf ſeinen Mund
um ihm Athem einzublaſen. Endlich hatt' er die
unausſprechliche Freude, wieder einige Merkmah-
le des Lebens wahrzunehmen; er fuhr in ſeinen
Bemuͤhungen fort und Robinſon fing an, ſich
ſeiner wieder bewuſt zu ſein.
„Wo bin ich?„ fragt' er mit ſchwacher
zitternder Stimme, indem er die Augen wieder
aufſchlug. „In meinen Armen, lieber Herr!„
antwortete Freitag, dem die Traͤnen aus den
Augen ſtuͤrzten. — Und nun gab es eine ruͤhren-
de Scene, indem Robinſon ſeinem Erretter
dankte, und dieſer nicht wuſte, was er vor Freu-
den uͤber die Wiederkehr ſeines geliebten Herrn
ins Leben alles vornehmen ſolte. —
Und,
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/248>, abgerufen am 22.12.2024.
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