Vater. Der Ort am Strande, wo er die geretteten Sachen vor der Hand hinlegen muste, war unbefestiget, und lag unglüklicher Weise in derjenigen Gegend, wo die Wilden gemeiniglich zu landen pflegten. Nun kont' er sich zwar ziemlich auf den Schuz seiner Flinten und Pisto- len verlassen, fals er angegriffen werden solte; aber der Gedanke, daß er alsdan wieder in die traurige Nothwendigkeit gerathen würde, einen oder den andern dieser armen Wilden zu tödten, machte ihn schaudern, so oft er ihm einfiel. Nun dacht' er, wenn er eine Kanone am Stran- de hätte: so könt' er, wenn sie sich in ihren Ka- noes oder Kähnen der Insel nähern wolten, schon von fern eine Kugel über ihre Köpfe hin- schiessen, worauf sie dan vor Schrekken vermuth- lich wieder umkehren würden.
Siehst du, Lieber, wie unsicher es ist, wenn wir das Betragen anderer Menschen zu beurtheilen uns anmassen wollen? Höchst selten
ken-
Beruhigung ſeines Gemuͤths, hoͤchſt noͤthig ſei.
Johannes. Wie ſo?
Vater. Der Ort am Strande, wo er die geretteten Sachen vor der Hand hinlegen muſte, war unbefeſtiget, und lag ungluͤklicher Weiſe in derjenigen Gegend, wo die Wilden gemeiniglich zu landen pflegten. Nun kont' er ſich zwar ziemlich auf den Schuz ſeiner Flinten und Piſto- len verlaſſen, fals er angegriffen werden ſolte; aber der Gedanke, daß er alsdan wieder in die traurige Nothwendigkeit gerathen wuͤrde, einen oder den andern dieſer armen Wilden zu toͤdten, machte ihn ſchaudern, ſo oft er ihm einfiel. Nun dacht' er, wenn er eine Kanone am Stran- de haͤtte: ſo koͤnt' er, wenn ſie ſich in ihren Ka- noes oder Kaͤhnen der Inſel naͤhern wolten, ſchon von fern eine Kugel uͤber ihre Koͤpfe hin- ſchieſſen, worauf ſie dan vor Schrekken vermuth- lich wieder umkehren wuͤrden.
Siehſt du, Lieber, wie unſicher es iſt, wenn wir das Betragen anderer Menſchen zu beurtheilen uns anmaſſen wollen? Hoͤchſt ſelten
ken-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0232"n="226"/>
Beruhigung ſeines Gemuͤths, hoͤchſt noͤthig<lb/>ſei.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Johannes.</hi> Wie ſo?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vater.</hi> Der Ort am Strande, wo er die<lb/>
geretteten Sachen vor der Hand hinlegen muſte,<lb/>
war unbefeſtiget, und lag ungluͤklicher Weiſe in<lb/>
derjenigen Gegend, wo die Wilden gemeiniglich<lb/>
zu landen pflegten. Nun kont' er ſich zwar<lb/>
ziemlich auf den Schuz ſeiner Flinten und Piſto-<lb/>
len verlaſſen, fals er angegriffen werden ſolte;<lb/>
aber der Gedanke, daß er alsdan wieder in die<lb/>
traurige Nothwendigkeit gerathen wuͤrde, einen<lb/>
oder den andern dieſer armen Wilden zu toͤdten,<lb/>
machte ihn ſchaudern, ſo oft er ihm einfiel.<lb/>
Nun dacht' er, wenn er eine Kanone am Stran-<lb/>
de haͤtte: ſo koͤnt' er, wenn ſie ſich in ihren <hirendition="#fr">Ka-<lb/>
noes</hi> oder Kaͤhnen der Inſel naͤhern wolten,<lb/>ſchon von fern eine Kugel uͤber ihre Koͤpfe hin-<lb/>ſchieſſen, worauf ſie dan vor Schrekken vermuth-<lb/>
lich wieder umkehren wuͤrden.</p><lb/><p>Siehſt du, Lieber, wie unſicher es iſt,<lb/>
wenn wir das Betragen anderer Menſchen zu<lb/>
beurtheilen uns anmaſſen wollen? Hoͤchſt ſelten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ken-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[226/0232]
Beruhigung ſeines Gemuͤths, hoͤchſt noͤthig
ſei.
Johannes. Wie ſo?
Vater. Der Ort am Strande, wo er die
geretteten Sachen vor der Hand hinlegen muſte,
war unbefeſtiget, und lag ungluͤklicher Weiſe in
derjenigen Gegend, wo die Wilden gemeiniglich
zu landen pflegten. Nun kont' er ſich zwar
ziemlich auf den Schuz ſeiner Flinten und Piſto-
len verlaſſen, fals er angegriffen werden ſolte;
aber der Gedanke, daß er alsdan wieder in die
traurige Nothwendigkeit gerathen wuͤrde, einen
oder den andern dieſer armen Wilden zu toͤdten,
machte ihn ſchaudern, ſo oft er ihm einfiel.
Nun dacht' er, wenn er eine Kanone am Stran-
de haͤtte: ſo koͤnt' er, wenn ſie ſich in ihren Ka-
noes oder Kaͤhnen der Inſel naͤhern wolten,
ſchon von fern eine Kugel uͤber ihre Koͤpfe hin-
ſchieſſen, worauf ſie dan vor Schrekken vermuth-
lich wieder umkehren wuͤrden.
Siehſt du, Lieber, wie unſicher es iſt,
wenn wir das Betragen anderer Menſchen zu
beurtheilen uns anmaſſen wollen? Hoͤchſt ſelten
ken-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 2. Hamburg, 1780, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson02_1780/232>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.