desselben Verzicht thun und die gewisse Hof- nung, daß es nicht lange mehr mit ihm dau- ern würde, machte ihn gleichgültig dagegen.
Die Nacht war wieder, wie die vorige. Das Feuer war indeß erloschen; das übrige Wasser in den Kokusschalen fing an zu faulen; und Robinson war nunmehr unfähig, sich von einer Seite auf die andere zu legen. Er glaubte die Annäherung des Todes zu fühlen und die Freude darüber machte ihn stark ge- nug, sich noch durch ein frommes Gebet zu seiner großen Reise vorzubereiten.
Er bat Gott noch einmahl demüthig um Vergebung seiner Sünden. Dan dankte er ihm für alle Güte, die er ihm -- einem so unwürdigen Menschen -- sein ganzes Leben hindurch erwiesen habe. Besonders aber dank- te er ihm für die Leiden, die er zu seiner Besserung ihm zugeschikt hätte, und wovon er jezt mehr, als jemahls erkante, wie wohlthä- tig sie für ihn gewesen waren. Zulezt bat er noch um Trost und Seegen für seine armen Eltern; dan empfahl er seine unsterbliche Sele der ewigen Vaterliebe seines Gottes -- legte sich darauf zurechte, und erwartete den Tod mit freudiger Hofnung.
Auch schien derselbe sich mit starken Schrit- ten zu nähern. Die Beängstigungen nahmen
zu;
deſſelben Verzicht thun und die gewiſſe Hof- nung, daß es nicht lange mehr mit ihm dau- ern wuͤrde, machte ihn gleichguͤltig dagegen.
Die Nacht war wieder, wie die vorige. Das Feuer war indeß erloſchen; das uͤbrige Waſſer in den Kokusſchalen fing an zu faulen; und Robinſon war nunmehr unfaͤhig, ſich von einer Seite auf die andere zu legen. Er glaubte die Annaͤherung des Todes zu fuͤhlen und die Freude daruͤber machte ihn ſtark ge- nug, ſich noch durch ein frommes Gebet zu ſeiner großen Reiſe vorzubereiten.
Er bat Gott noch einmahl demuͤthig um Vergebung ſeiner Suͤnden. Dan dankte er ihm fuͤr alle Guͤte, die er ihm — einem ſo unwuͤrdigen Menſchen — ſein ganzes Leben hindurch erwieſen habe. Beſonders aber dank- te er ihm fuͤr die Leiden, die er zu ſeiner Beſſerung ihm zugeſchikt haͤtte, und wovon er jezt mehr, als jemahls erkante, wie wohlthaͤ- tig ſie fuͤr ihn geweſen waren. Zulezt bat er noch um Troſt und Seegen fuͤr ſeine armen Eltern; dan empfahl er ſeine unſterbliche Sele der ewigen Vaterliebe ſeines Gottes — legte ſich darauf zurechte, und erwartete den Tod mit freudiger Hofnung.
Auch ſchien derſelbe ſich mit ſtarken Schrit- ten zu naͤhern. Die Beaͤngſtigungen nahmen
zu;
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deſſelben Verzicht thun und die gewiſſe Hof-
nung, daß es nicht lange mehr mit ihm dau-
ern wuͤrde, machte ihn gleichguͤltig dagegen.
Die Nacht war wieder, wie die vorige.
Das Feuer war indeß erloſchen; das uͤbrige
Waſſer in den Kokusſchalen fing an zu faulen;
und Robinſon war nunmehr unfaͤhig, ſich
von einer Seite auf die andere zu legen. Er
glaubte die Annaͤherung des Todes zu fuͤhlen
und die Freude daruͤber machte ihn ſtark ge-
nug, ſich noch durch ein frommes Gebet zu
ſeiner großen Reiſe vorzubereiten.
Er bat Gott noch einmahl demuͤthig um
Vergebung ſeiner Suͤnden. Dan dankte er
ihm fuͤr alle Guͤte, die er ihm — einem ſo
unwuͤrdigen Menſchen — ſein ganzes Leben
hindurch erwieſen habe. Beſonders aber dank-
te er ihm fuͤr die Leiden, die er zu ſeiner
Beſſerung ihm zugeſchikt haͤtte, und wovon er
jezt mehr, als jemahls erkante, wie wohlthaͤ-
tig ſie fuͤr ihn geweſen waren. Zulezt bat er
noch um Troſt und Seegen fuͤr ſeine armen
Eltern; dan empfahl er ſeine unſterbliche Sele
der ewigen Vaterliebe ſeines Gottes — legte
ſich darauf zurechte, und erwartete den Tod
mit freudiger Hofnung.
Auch ſchien derſelbe ſich mit ſtarken Schrit-
ten zu naͤhern. Die Beaͤngſtigungen nahmen
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/329>, abgerufen am 22.11.2024.
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