als sie sonst wohl zu sein pflegten. Das gab denn dem Vater Gelegenheit, sie am Ende des Tages folgendermaßen anzureden:
"Kinder, was euch heute begegnet ist, das wird in eurem künftigen Leben euch noch sehr oft begegnen. Ihr werdet, bald dieses, bald jenes irdische Glük erwarten; eure Hofnung wird sehr gegründet scheinen und euer Ver- langen darnach wird ungemein feurig sein. Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver- meinte Glük zu ergreifen meint, wird die al- weise götliche Vorsehung plözlich einen uner- warteten Strich durch eure Rechnung machen, und ihr werdet euch in eurer Hofnung jäm- merlich betrogen finden."
"Die Ursachen, warum euer himlischer Vater so mit euch verfahren wird, werdet ihr so deutlich und so gewiß selten einsehen, als ihr diesem Morgen diejenigen Ursachen einsahet, warum wir heute nicht nach Trave- münde gehen wolten. Denn da Gott unend- lich weiser ist, als ich bin: so sieht er auch immer in die entfernteste Zukunft und läßt
uns
als ſie ſonſt wohl zu ſein pflegten. Das gab denn dem Vater Gelegenheit, ſie am Ende des Tages folgendermaßen anzureden:
„Kinder, was euch heute begegnet iſt, das wird in eurem kuͤnftigen Leben euch noch ſehr oft begegnen. Ihr werdet, bald dieſes, bald jenes irdiſche Gluͤk erwarten; eure Hofnung wird ſehr gegruͤndet ſcheinen und euer Ver- langen darnach wird ungemein feurig ſein. Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver- meinte Gluͤk zu ergreifen meint, wird die al- weiſe goͤtliche Vorſehung ploͤzlich einen uner- warteten Strich durch eure Rechnung machen, und ihr werdet euch in eurer Hofnung jaͤm- merlich betrogen finden.„
„Die Urſachen, warum euer himliſcher Vater ſo mit euch verfahren wird, werdet ihr ſo deutlich und ſo gewiß ſelten einſehen, als ihr dieſem Morgen diejenigen Urſachen einſahet, warum wir heute nicht nach Trave- muͤnde gehen wolten. Denn da Gott unend- lich weiſer iſt, als ich bin: ſo ſieht er auch immer in die entfernteſte Zukunft und laͤßt
uns
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0259"n="219"/>
als ſie ſonſt wohl zu ſein pflegten. Das gab<lb/>
denn dem Vater Gelegenheit, ſie am Ende<lb/>
des Tages folgendermaßen anzureden:</p><lb/><p>„Kinder, was euch heute begegnet iſt, das<lb/>
wird in eurem kuͤnftigen Leben euch noch ſehr<lb/>
oft begegnen. Ihr werdet, bald dieſes, bald<lb/>
jenes irdiſche Gluͤk erwarten; eure Hofnung<lb/>
wird ſehr gegruͤndet ſcheinen und euer Ver-<lb/>
langen darnach wird ungemein feurig ſein.<lb/>
Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver-<lb/>
meinte Gluͤk zu ergreifen meint, wird die al-<lb/>
weiſe goͤtliche Vorſehung ploͤzlich einen uner-<lb/>
warteten Strich durch eure Rechnung machen,<lb/>
und ihr werdet euch in eurer Hofnung jaͤm-<lb/>
merlich betrogen finden.„</p><lb/><p>„Die Urſachen, warum euer himliſcher<lb/>
Vater ſo mit euch verfahren wird, werdet<lb/>
ihr ſo deutlich und ſo gewiß ſelten einſehen,<lb/>
als ihr dieſem Morgen diejenigen Urſachen<lb/>
einſahet, warum wir heute nicht nach Trave-<lb/>
muͤnde gehen wolten. Denn da Gott unend-<lb/>
lich weiſer iſt, als ich bin: ſo ſieht er auch<lb/>
immer in die entfernteſte Zukunft und laͤßt<lb/><fwplace="bottom"type="catch">uns</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[219/0259]
als ſie ſonſt wohl zu ſein pflegten. Das gab
denn dem Vater Gelegenheit, ſie am Ende
des Tages folgendermaßen anzureden:
„Kinder, was euch heute begegnet iſt, das
wird in eurem kuͤnftigen Leben euch noch ſehr
oft begegnen. Ihr werdet, bald dieſes, bald
jenes irdiſche Gluͤk erwarten; eure Hofnung
wird ſehr gegruͤndet ſcheinen und euer Ver-
langen darnach wird ungemein feurig ſein.
Aber in dem Augenblikke, da ihr das ver-
meinte Gluͤk zu ergreifen meint, wird die al-
weiſe goͤtliche Vorſehung ploͤzlich einen uner-
warteten Strich durch eure Rechnung machen,
und ihr werdet euch in eurer Hofnung jaͤm-
merlich betrogen finden.„
„Die Urſachen, warum euer himliſcher
Vater ſo mit euch verfahren wird, werdet
ihr ſo deutlich und ſo gewiß ſelten einſehen,
als ihr dieſem Morgen diejenigen Urſachen
einſahet, warum wir heute nicht nach Trave-
muͤnde gehen wolten. Denn da Gott unend-
lich weiſer iſt, als ich bin: ſo ſieht er auch
immer in die entfernteſte Zukunft und laͤßt
uns
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/259>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.