Gotlieb. Ja, aber das arme Thier hatte ihm ja nichts gethan!
Vater. Er aber brauchte seiner; und du weißt ja, lieber Gotlieb, daß es uns er- laubt ist, die Thiere zu brauchen, wozu sie gut sind, wenn wir sie nur nicht misbrau- chen! --
Nun, Robinson war hoch erfreut, daß er seinen Wunsch so glüklich erreicht hatte. Er zog das gefangene Thier, so sehr es sich sträubte, aus allen seinen Kräften mit sich fort, und die beiden Lämmerchen folgten ihm. Der kürzeste Weg war ihm jezt der liebste; und auf diesem langte er endlich glüklich bei seiner Wohnung an.
Aber nun war die Frage, wie er das Lama auf seinen Hofraum bringen solte, den er, wie wir wissen, auf allen Seiten fest zugemacht hatte. Es oben von dem Fel- sen am Strik hinab zu lassen, war wohl nicht thunlich, weil er besorgen muste, daß es un- terwegens erstikken würde. Er beschloß also, vor der Hand einen kleinen Stal neben seinem
Hof-
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Gotlieb. Ja, aber das arme Thier hatte ihm ja nichts gethan!
Vater. Er aber brauchte ſeiner; und du weißt ja, lieber Gotlieb, daß es uns er- laubt iſt, die Thiere zu brauchen, wozu ſie gut ſind, wenn wir ſie nur nicht misbrau- chen! —
Nun, Robinſon war hoch erfreut, daß er ſeinen Wunſch ſo gluͤklich erreicht hatte. Er zog das gefangene Thier, ſo ſehr es ſich ſtraͤubte, aus allen ſeinen Kraͤften mit ſich fort, und die beiden Laͤmmerchen folgten ihm. Der kuͤrzeſte Weg war ihm jezt der liebſte; und auf dieſem langte er endlich gluͤklich bei ſeiner Wohnung an.
Aber nun war die Frage, wie er das Lama auf ſeinen Hofraum bringen ſolte, den er, wie wir wiſſen, auf allen Seiten feſt zugemacht hatte. Es oben von dem Fel- ſen am Strik hinab zu laſſen, war wohl nicht thunlich, weil er beſorgen muſte, daß es un- terwegens erſtikken wuͤrde. Er beſchloß alſo, vor der Hand einen kleinen Stal neben ſeinem
Hof-
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Gotlieb. Ja, aber das arme Thier
hatte ihm ja nichts gethan!
Vater. Er aber brauchte ſeiner; und
du weißt ja, lieber Gotlieb, daß es uns er-
laubt iſt, die Thiere zu brauchen, wozu ſie
gut ſind, wenn wir ſie nur nicht misbrau-
chen! —
Nun, Robinſon war hoch erfreut, daß
er ſeinen Wunſch ſo gluͤklich erreicht hatte.
Er zog das gefangene Thier, ſo ſehr es ſich
ſtraͤubte, aus allen ſeinen Kraͤften mit ſich
fort, und die beiden Laͤmmerchen folgten ihm.
Der kuͤrzeſte Weg war ihm jezt der liebſte;
und auf dieſem langte er endlich gluͤklich bei
ſeiner Wohnung an.
Aber nun war die Frage, wie er das
Lama auf ſeinen Hofraum bringen ſolte,
den er, wie wir wiſſen, auf allen Seiten
feſt zugemacht hatte. Es oben von dem Fel-
ſen am Strik hinab zu laſſen, war wohl nicht
thunlich, weil er beſorgen muſte, daß es un-
terwegens erſtikken wuͤrde. Er beſchloß alſo,
vor der Hand einen kleinen Stal neben ſeinem
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/235>, abgerufen am 27.11.2024.
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