ja auch wohl möglich sein; und er beschloß ei- nen Versuch zu machen.
Gedacht, gethan! Er holte sich zwei ziem- lich breite und glatte Steine von der Art, wovon sein Beil war. Zwischen diese legte er eine Porzion Fleisch, worin kein Knochen war und fing nun an mit seinem Klöpfel oh- ne Unterlaß auf den obersten Stein zu schla- gen. Er hatte dieses kaum zehn Minuten fortgesezt: so fing der Stein an, heiß zu wer- den. Desto muntrer schlug er darauf los, und ehe eine halbe Stunde verstrich, war das Fleisch, sowohl von der Hize des Steins, als auch von dem unaufhörlichen Schlagen so mürbe geworden, daß es volkommen genieß- bar war.
Freilich schmekte es nicht völlig so gut, als wenn es ordentlich wäre gebraten wor- den: aber für Robinson, der so lange kein Fleisch gegessen hatte, war es ein ausseror- dentlicher Lekkerbissen. -- O ihr Lekkermäuler unter meinen Landsleuten, rief er aus, de- nen oft die besten Speisen Ekel verursachen,
weil
ja auch wohl moͤglich ſein; und er beſchloß ei- nen Verſuch zu machen.
Gedacht, gethan! Er holte ſich zwei ziem- lich breite und glatte Steine von der Art, wovon ſein Beil war. Zwiſchen dieſe legte er eine Porzion Fleiſch, worin kein Knochen war und fing nun an mit ſeinem Kloͤpfel oh- ne Unterlaß auf den oberſten Stein zu ſchla- gen. Er hatte dieſes kaum zehn Minuten fortgeſezt: ſo fing der Stein an, heiß zu wer- den. Deſto muntrer ſchlug er darauf los, und ehe eine halbe Stunde verſtrich, war das Fleiſch, ſowohl von der Hize des Steins, als auch von dem unaufhoͤrlichen Schlagen ſo muͤrbe geworden, daß es volkommen genieß- bar war.
Freilich ſchmekte es nicht voͤllig ſo gut, als wenn es ordentlich waͤre gebraten wor- den: aber fuͤr Robinſon, der ſo lange kein Fleiſch gegeſſen hatte, war es ein auſſeror- dentlicher Lekkerbiſſen. — O ihr Lekkermaͤuler unter meinen Landsleuten, rief er aus, de- nen oft die beſten Speiſen Ekel verurſachen,
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ja auch wohl moͤglich ſein; und er beſchloß ei-
nen Verſuch zu machen.
Gedacht, gethan! Er holte ſich zwei ziem-
lich breite und glatte Steine von der Art,
wovon ſein Beil war. Zwiſchen dieſe legte
er eine Porzion Fleiſch, worin kein Knochen
war und fing nun an mit ſeinem Kloͤpfel oh-
ne Unterlaß auf den oberſten Stein zu ſchla-
gen. Er hatte dieſes kaum zehn Minuten
fortgeſezt: ſo fing der Stein an, heiß zu wer-
den. Deſto muntrer ſchlug er darauf los,
und ehe eine halbe Stunde verſtrich, war
das Fleiſch, ſowohl von der Hize des Steins,
als auch von dem unaufhoͤrlichen Schlagen ſo
muͤrbe geworden, daß es volkommen genieß-
bar war.
Freilich ſchmekte es nicht voͤllig ſo gut,
als wenn es ordentlich waͤre gebraten wor-
den: aber fuͤr Robinſon, der ſo lange kein
Fleiſch gegeſſen hatte, war es ein auſſeror-
dentlicher Lekkerbiſſen. — O ihr Lekkermaͤuler
unter meinen Landsleuten, rief er aus, de-
nen oft die beſten Speiſen Ekel verurſachen,
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Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/172>, abgerufen am 26.11.2024.
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