Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

den Plaz für groß genug hielt, um ihn zur
Wohnung und zur Schlafstelle zu dienen.

Er hatte schon vorher eine Menge Gras
mit den Händen ausgerauft, und es an die
Sonne gelegt, um Heu daraus zu machen.
Dieses war nun hinlänglich gedört. Er trug
es also in seine Höle, um sich ein bequemes
Lager davon zu machen.

Und nun hinderte ihn nichts mehr, ein-
mahl wieder auf eine menschliche Weise, nem-
lich liegend, zu schlafen, nachdem er über acht
Nächte, wie die Vögel, auf einem Baume
hatte sizen müssen. O was das für eine
Wollust für ihn war, seine ermatteten Glie-
der so der Länge nach auf einen weichen Heu-
lager auszustrekken! Er dankte Gott dafür
und dachte bei sich selbst: o wenn doch meine
Landsleute in Europa wüsten, wie es thut,
wenn man viele Nächte hinter einander auf
einem harten Aste sizend zubringen muß:
gewiß, sie würden sich glüklich schäzen, daß
sie alle Abend sich auf ein weiches und siche-
res Lager strekken können, und würden nicht

ver-

den Plaz fuͤr groß genug hielt, um ihn zur
Wohnung und zur Schlafſtelle zu dienen.

Er hatte ſchon vorher eine Menge Gras
mit den Haͤnden ausgerauft, und es an die
Sonne gelegt, um Heu daraus zu machen.
Dieſes war nun hinlaͤnglich gedoͤrt. Er trug
es alſo in ſeine Hoͤle, um ſich ein bequemes
Lager davon zu machen.

Und nun hinderte ihn nichts mehr, ein-
mahl wieder auf eine menſchliche Weiſe, nem-
lich liegend, zu ſchlafen, nachdem er uͤber acht
Naͤchte, wie die Voͤgel, auf einem Baume
hatte ſizen muͤſſen. O was das fuͤr eine
Wolluſt fuͤr ihn war, ſeine ermatteten Glie-
der ſo der Laͤnge nach auf einen weichen Heu-
lager auszuſtrekken! Er dankte Gott dafuͤr
und dachte bei ſich ſelbſt: o wenn doch meine
Landsleute in Europa wuͤſten, wie es thut,
wenn man viele Naͤchte hinter einander auf
einem harten Aſte ſizend zubringen muß:
gewiß, ſie wuͤrden ſich gluͤklich ſchaͤzen, daß
ſie alle Abend ſich auf ein weiches und ſiche-
res Lager ſtrekken koͤnnen, und wuͤrden nicht

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="96"/>
den Plaz fu&#x0364;r groß genug hielt, um ihn zur<lb/>
Wohnung und zur Schlaf&#x017F;telle zu dienen.</p><lb/>
          <p>Er hatte &#x017F;chon vorher eine Menge Gras<lb/>
mit den Ha&#x0364;nden ausgerauft, und es an die<lb/>
Sonne gelegt, um Heu daraus zu machen.<lb/>
Die&#x017F;es war nun hinla&#x0364;nglich gedo&#x0364;rt. Er trug<lb/>
es al&#x017F;o in &#x017F;eine Ho&#x0364;le, um &#x017F;ich ein bequemes<lb/>
Lager davon zu machen.</p><lb/>
          <p>Und nun hinderte ihn nichts mehr, ein-<lb/>
mahl wieder auf eine men&#x017F;chliche Wei&#x017F;e, nem-<lb/>
lich liegend, zu &#x017F;chlafen, nachdem er u&#x0364;ber acht<lb/>
Na&#x0364;chte, wie die Vo&#x0364;gel, auf einem Baume<lb/>
hatte &#x017F;izen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. O was das fu&#x0364;r eine<lb/>
Wollu&#x017F;t fu&#x0364;r ihn war, &#x017F;eine ermatteten Glie-<lb/>
der &#x017F;o der La&#x0364;nge nach auf einen weichen Heu-<lb/>
lager auszu&#x017F;trekken! Er dankte Gott dafu&#x0364;r<lb/>
und dachte bei &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t: o wenn doch meine<lb/>
Landsleute in Europa wu&#x0364;&#x017F;ten, wie es thut,<lb/>
wenn man viele Na&#x0364;chte hinter einander auf<lb/>
einem harten A&#x017F;te &#x017F;izend zubringen muß:<lb/>
gewiß, &#x017F;ie wu&#x0364;rden &#x017F;ich glu&#x0364;klich &#x017F;cha&#x0364;zen, daß<lb/>
&#x017F;ie alle Abend &#x017F;ich auf ein weiches und &#x017F;iche-<lb/>
res Lager &#x017F;trekken ko&#x0364;nnen, und wu&#x0364;rden nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0136] den Plaz fuͤr groß genug hielt, um ihn zur Wohnung und zur Schlafſtelle zu dienen. Er hatte ſchon vorher eine Menge Gras mit den Haͤnden ausgerauft, und es an die Sonne gelegt, um Heu daraus zu machen. Dieſes war nun hinlaͤnglich gedoͤrt. Er trug es alſo in ſeine Hoͤle, um ſich ein bequemes Lager davon zu machen. Und nun hinderte ihn nichts mehr, ein- mahl wieder auf eine menſchliche Weiſe, nem- lich liegend, zu ſchlafen, nachdem er uͤber acht Naͤchte, wie die Voͤgel, auf einem Baume hatte ſizen muͤſſen. O was das fuͤr eine Wolluſt fuͤr ihn war, ſeine ermatteten Glie- der ſo der Laͤnge nach auf einen weichen Heu- lager auszuſtrekken! Er dankte Gott dafuͤr und dachte bei ſich ſelbſt: o wenn doch meine Landsleute in Europa wuͤſten, wie es thut, wenn man viele Naͤchte hinter einander auf einem harten Aſte ſizend zubringen muß: gewiß, ſie wuͤrden ſich gluͤklich ſchaͤzen, daß ſie alle Abend ſich auf ein weiches und ſiche- res Lager ſtrekken koͤnnen, und wuͤrden nicht ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/136
Zitationshilfe: Campe, Joachim Heinrich: Robinson der Jüngere. Bd. 1. Hamburg, 1779, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/campe_robinson01_1779/136>, abgerufen am 23.11.2024.