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Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627.

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Diebshistorien das II. Buch.

In der Kammer ware er ein Wunderwerck
Daß Cornici Tapanda hat niemals so viel wissen
können. Was die Küche anlanget/ thäte er sein
Ampt auch: Dann damit ja niemand seinem
Herrn mit Gifft in der Speise vergeben köndte/
pflegete er zuvor alle Brüh vnd Gericht in der Kü-
chen wol zuversuchen/ damit er also den Speissen
die bitterkeit/ vnd zugleich auch den Argwohn be-
nehme.

In dem Weinkeller da kundte es jhm niemands
vorthun: Dann er kundte den Wein so meisterlich
außpfeiffen/ daß es ein lust ware: Man findet viel
Leute/ welchen es übel gehet/ wann sie ein Glaß
voll Wein sollen auß trincken/ dieser aber kondte
ohne Seyl vnd Strick den Wein wol inn seinen
Magen hinab lassen: Xanthus hat wol sein leben-
lang einen solchen Weinsauffer nicht gesehen/
vnd kundte man wol von jhm sagen/ daß er alles
kundte.

Aber das ist alles weniger als nichts/ gegen dem
Adrasto/ welcher in seinem Leben mehr Kunst vnd
Handwercker gelernet hat/ als Archimedes mit
allen seinen Mathematicis in einer Stunde het-
te erzehlen können. Es war viel ein ander Werck
mit jhm/ als mit jenem Englischen Landfahrer/
welcher von einem Glück in das andere wie ein
Schneeball/ der von einem hohen Berg heraber
lauffet/ ware geweltzet worden: Dann wie ein
vornehmer Historienschreiber zu seiner zeit/ wel-
cher es von Sandelo gelehrnet hat geschrieben/ so

ware
N ij
Diebshiſtorien das II. Buch.

In der Kammer ware er ein Wunderwerck
Daß Cornici Tapanda hat niemals ſo viel wiſſen
koͤnnen. Was die Kuͤche anlanget/ thaͤte er ſein
Ampt auch: Dann damit ja niemand ſeinem
Herꝛn mit Gifft in der Speiſe vergeben koͤndte/
pflegete er zuvor alle Bruͤh vnd Gericht in der Kuͤ-
chen wol zuverſuchen/ damit er alſo den Speiſſen
die bitterkeit/ vnd zugleich auch den Argwohn be-
nehme.

In dem Weinkeller da kundte es jhm niemands
vorthun: Dann er kundte den Wein ſo meiſterlich
außpfeiffen/ daß es ein luſt ware: Man findet viel
Leute/ welchen es uͤbel gehet/ wann ſie ein Glaß
voll Wein ſollen auß trincken/ dieſer aber kondte
ohne Seyl vnd Strick den Wein wol inn ſeinen
Magen hinab laſſen: Xanthus hat wol ſein leben-
lang einen ſolchen Weinſauffer nicht geſehen/
vnd kundte man wol von jhm ſagen/ daß er alles
kundte.

Aber das iſt alles weniger als nichts/ gegen dem
Adraſto/ welcher in ſeinem Leben mehr Kunſt vnd
Handwercker gelernet hat/ als Archimedes mit
allen ſeinen Mathematicis in einer Stunde het-
te erzehlen koͤnnen. Es war viel ein ander Werck
mit jhm/ als mit jenem Engliſchen Landfahrer/
welcher von einem Gluͤck in das andere wie ein
Schneeball/ der von einem hohen Berg heraber
lauffet/ ware geweltzet worden: Dann wie ein
vornehmer Hiſtorienſchreiber zu ſeiner zeit/ wel-
cher es von Sandelo gelehrnet hat geſchrieben/ ſo

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[195/0205] Diebshiſtorien das II. Buch. In der Kammer ware er ein Wunderwerck Daß Cornici Tapanda hat niemals ſo viel wiſſen koͤnnen. Was die Kuͤche anlanget/ thaͤte er ſein Ampt auch: Dann damit ja niemand ſeinem Herꝛn mit Gifft in der Speiſe vergeben koͤndte/ pflegete er zuvor alle Bruͤh vnd Gericht in der Kuͤ- chen wol zuverſuchen/ damit er alſo den Speiſſen die bitterkeit/ vnd zugleich auch den Argwohn be- nehme. In dem Weinkeller da kundte es jhm niemands vorthun: Dann er kundte den Wein ſo meiſterlich außpfeiffen/ daß es ein luſt ware: Man findet viel Leute/ welchen es uͤbel gehet/ wann ſie ein Glaß voll Wein ſollen auß trincken/ dieſer aber kondte ohne Seyl vnd Strick den Wein wol inn ſeinen Magen hinab laſſen: Xanthus hat wol ſein leben- lang einen ſolchen Weinſauffer nicht geſehen/ vnd kundte man wol von jhm ſagen/ daß er alles kundte. Aber das iſt alles weniger als nichts/ gegen dem Adraſto/ welcher in ſeinem Leben mehr Kunſt vnd Handwercker gelernet hat/ als Archimedes mit allen ſeinen Mathematicis in einer Stunde het- te erzehlen koͤnnen. Es war viel ein ander Werck mit jhm/ als mit jenem Engliſchen Landfahrer/ welcher von einem Gluͤck in das andere wie ein Schneeball/ der von einem hohen Berg heraber lauffet/ ware geweltzet worden: Dann wie ein vornehmer Hiſtorienſchreiber zu ſeiner zeit/ wel- cher es von Sandelo gelehrnet hat geſchrieben/ ſo ware N ij

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Zitationshilfe: Calvi, François de: Beutelschneider/ Oder Neue/ warhaffte/ und eigentliche Beschreibung Der Diebs Historien. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1627, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/calvi_beutelschneider02_1627/205>, abgerufen am 25.11.2024.