Diß seye genug von diesem Gebet- und Lieder-Buch selbst! ich wünschte, daß ich nicht nöthig gehabt hätte, die Geduld meiner Leser so lange auf die Probe setzen. Und doch muß ich mir Ihre Aufmerksamktit noch für ei- ne Sache erbitten, die ich für so wichtig halte daß ich nicht unterlassen kann, von derselben noch etwas zu sagen, ehe ich mit etlichen allge- meinen Anmerkungen beschliesse.
Wenn ich erfahren sollte, daß viele Eltern oder Lehrer von diesem Gebetbuch so urtheil- ten: "Unsere Kinder haben diß Buch nicht &q;nöthig; weil wir sie angewöhnt haben in je- &q;dem Fall mit ihren eigenen Worten, ohne &q;Vorschrift, mit GOtt zu reden" -- o wie sollte mich das freuen! nur würde ich wegen der Folgerung einige Bedenklichkeiten haben. Wie selten es aber ist, daß diese Ursache an- geführt werden könnte, weiß ich wohl: und so lange die Sachen bleiben wie sie sind, werden immer auch noch Gebetbücher -- Vorschrif- ten zum Gebet -- nöthig, und auch nicht zu verwerfen seyn. Haben doch JEsum selbst seine Jünger ersucht: HErr! lehre uns beten! -- und er hat ihrer Bitte entsprochen. (Luc. 11, v. 1. 2.) Ich zweifle aber sehr, ob hiedurch die allgemeine Gewohnheit gerechtfer- tiget werden könne, daß man die Anweisung zum Beten, die man den Kindern gibt, da- bey anfängt, daß man ihrem Gedächtniß aller- le Gebete und Verse einzuprägen sucht und es auch in der Folge dabey bewenden lässt. Um
das,
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Eltern und Lehrer.
Diß ſeye genug von dieſem Gebet- und Lieder-Buch ſelbſt! ich wuͤnſchte, daß ich nicht noͤthig gehabt haͤtte, die Geduld meiner Leſer ſo lange auf die Probe ſetzen. Und doch muß ich mir Ihre Aufmerkſamktit noch fuͤr ei- ne Sache erbitten, die ich fuͤr ſo wichtig halte daß ich nicht unterlaſſen kann, von derſelben noch etwas zu ſagen, ehe ich mit etlichen allge- meinen Anmerkungen beſchlieſſe.
Wenn ich erfahren ſollte, daß viele Eltern oder Lehrer von dieſem Gebetbuch ſo urtheil- ten: „Unſere Kinder haben diß Buch nicht &q;noͤthig; weil wir ſie angewoͤhnt haben in je- &q;dem Fall mit ihren eigenen Worten, ohne &q;Vorſchrift, mit GOtt zu reden„ — o wie ſollte mich das freuen! nur wuͤrde ich wegen der Folgerung einige Bedenklichkeiten haben. Wie ſelten es aber iſt, daß dieſe Urſache an- gefuͤhrt werden koͤnnte, weiß ich wohl: und ſo lange die Sachen bleiben wie ſie ſind, werden immer auch noch Gebetbuͤcher — Vorſchrif- ten zum Gebet — noͤthig, und auch nicht zu verwerfen ſeyn. Haben doch JEſum ſelbſt ſeine Juͤnger erſucht: HErr! lehre uns beten! — und er hat ihrer Bitte entſprochen. (Luc. 11, v. 1. 2.) Ich zweifle aber ſehr, ob hiedurch die allgemeine Gewohnheit gerechtfer- tiget werden koͤnne, daß man die Anweiſung zum Beten, die man den Kindern gibt, da- bey anfaͤngt, daß man ihrem Gedaͤchtniß aller- le Gebete und Verſe einzupraͤgen ſucht und es auch in der Folge dabey bewenden laͤſſt. Um
das,
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Eltern und Lehrer.
Diß ſeye genug von dieſem Gebet- und
Lieder-Buch ſelbſt! ich wuͤnſchte, daß ich
nicht noͤthig gehabt haͤtte, die Geduld meiner
Leſer ſo lange auf die Probe ſetzen. Und doch
muß ich mir Ihre Aufmerkſamktit noch fuͤr ei-
ne Sache erbitten, die ich fuͤr ſo wichtig halte
daß ich nicht unterlaſſen kann, von derſelben
noch etwas zu ſagen, ehe ich mit etlichen allge-
meinen Anmerkungen beſchlieſſe.
Wenn ich erfahren ſollte, daß viele Eltern
oder Lehrer von dieſem Gebetbuch ſo urtheil-
ten: „Unſere Kinder haben diß Buch nicht
&q;noͤthig; weil wir ſie angewoͤhnt haben in je-
&q;dem Fall mit ihren eigenen Worten, ohne
&q;Vorſchrift, mit GOtt zu reden„ — o wie
ſollte mich das freuen! nur wuͤrde ich wegen
der Folgerung einige Bedenklichkeiten haben.
Wie ſelten es aber iſt, daß dieſe Urſache an-
gefuͤhrt werden koͤnnte, weiß ich wohl: und ſo
lange die Sachen bleiben wie ſie ſind, werden
immer auch noch Gebetbuͤcher — Vorſchrif-
ten zum Gebet — noͤthig, und auch nicht zu
verwerfen ſeyn. Haben doch JEſum ſelbſt
ſeine Juͤnger erſucht: HErr! lehre uns
beten! — und er hat ihrer Bitte entſprochen.
(Luc. 11, v. 1. 2.) Ich zweifle aber ſehr, ob
hiedurch die allgemeine Gewohnheit gerechtfer-
tiget werden koͤnne, daß man die Anweiſung
zum Beten, die man den Kindern gibt, da-
bey anfaͤngt, daß man ihrem Gedaͤchtniß aller-
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775, S. XXV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burk_gebet_1775/29>, abgerufen am 22.07.2024.
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