betlein, nur Einen Spruch, nur ein paar Zei- len sie gelehrt, als viel Gebeter und ganze Psal- men, wovon sie wenig oder nichts verstehen. Denn von dem was sie nicht verstehen, haben sie so wenig Erbauung oder Nutzen als sie da- von hätten, wenn man sie in der griechischen oder hebräischen Sprache beten lehrte, oder ihnen darinn den Unterricht mittheilen wollte. Und Erbauung muß doch offenbar der Zweck einer jeden vernünftigen Andacht-Uebung oder eines jeden moralischen Unterrichts seyn.
"Ich weiß, daß nicht Alles den Kindern durchaus verständlich gemacht werden kann; daß wenigstens sehr oft nicht der ganze Sinn eines Ausdrucks, eines Satzes, auch nur in so weit Eltern oder Lehrer denselben verstehen, ihnen dargelegt werden kann; man muß also sich immer noch freye Hand behalten, und den Kindern versprechen, von diesem oder jenem noch mehr zu sagen, wenn sie weiter gekom- men seyn werden. Aber liebe Eltern und Lehrer! lieber weniger und richtig, und be- stimmt und klar und rein, als mehr und unrichtig, unbestimmt, dunkel und mit Men- schenthorheit befleckt! -- --
"Sehr wichtig ist es auch, daß wir recht sehr darauf bedacht seyen, die Erkenntniß GOt- tes und der Religion den Kindern nicht zu einer sauren Arbeit, die Belohnung verdiente, son- dern selbst zu einer Belohnung zu machen. "Erst dann (werde ich oft zu meinem Kinde sagen) "erst dann, liebes Herz, werd ich dir
&q;was
Zuſchrift an die
betlein, nur Einen Spruch, nur ein paar Zei- len ſie gelehrt, als viel Gebeter und ganze Pſal- men, wovon ſie wenig oder nichts verſtehen. Denn von dem was ſie nicht verſtehen, haben ſie ſo wenig Erbauung oder Nutzen als ſie da- von haͤtten, wenn man ſie in der griechiſchen oder hebraͤiſchen Sprache beten lehrte, oder ihnen darinn den Unterricht mittheilen wollte. Und Erbauung muß doch offenbar der Zweck einer jeden vernuͤnftigen Andacht-Uebung oder eines jeden moraliſchen Unterrichts ſeyn.
„Ich weiß, daß nicht Alles den Kindern durchaus verſtaͤndlich gemacht werden kann; daß wenigſtens ſehr oft nicht der ganze Sinn eines Ausdrucks, eines Satzes, auch nur in ſo weit Eltern oder Lehrer denſelben verſtehen, ihnen dargelegt werden kann; man muß alſo ſich immer noch freye Hand behalten, und den Kindern verſprechen, von dieſem oder jenem noch mehr zu ſagen, wenn ſie weiter gekom- men ſeyn werden. Aber liebe Eltern und Lehrer! lieber weniger und richtig, und be- ſtimmt und klar und rein, als mehr und unrichtig, unbeſtimmt, dunkel und mit Men- ſchenthorheit befleckt! — —
„Sehr wichtig iſt es auch, daß wir recht ſehr darauf bedacht ſeyen, die Erkenntniß GOt- tes und der Religion den Kindern nicht zu einer ſauren Arbeit, die Belohnung verdiente, ſon- dern ſelbſt zu einer Belohnung zu machen. „Erſt dann (werde ich oft zu meinem Kinde ſagen) „erſt dann, liebes Herz, werd ich dir
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[XXII/0026]
Zuſchrift an die
betlein, nur Einen Spruch, nur ein paar Zei-
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men, wovon ſie wenig oder nichts verſtehen.
Denn von dem was ſie nicht verſtehen, haben
ſie ſo wenig Erbauung oder Nutzen als ſie da-
von haͤtten, wenn man ſie in der griechiſchen
oder hebraͤiſchen Sprache beten lehrte, oder
ihnen darinn den Unterricht mittheilen wollte.
Und Erbauung muß doch offenbar der Zweck
einer jeden vernuͤnftigen Andacht-Uebung oder
eines jeden moraliſchen Unterrichts ſeyn.
„Ich weiß, daß nicht Alles den Kindern
durchaus verſtaͤndlich gemacht werden kann;
daß wenigſtens ſehr oft nicht der ganze Sinn
eines Ausdrucks, eines Satzes, auch nur in
ſo weit Eltern oder Lehrer denſelben verſtehen,
ihnen dargelegt werden kann; man muß alſo
ſich immer noch freye Hand behalten, und den
Kindern verſprechen, von dieſem oder jenem
noch mehr zu ſagen, wenn ſie weiter gekom-
men ſeyn werden. Aber liebe Eltern und
Lehrer! lieber weniger und richtig, und be-
ſtimmt und klar und rein, als mehr und
unrichtig, unbeſtimmt, dunkel und mit Men-
ſchenthorheit befleckt! — —
„Sehr wichtig iſt es auch, daß wir recht
ſehr darauf bedacht ſeyen, die Erkenntniß GOt-
tes und der Religion den Kindern nicht zu einer
ſauren Arbeit, die Belohnung verdiente, ſon-
dern ſelbſt zu einer Belohnung zu machen.
„Erſt dann (werde ich oft zu meinem Kinde
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Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
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Burk, Johann Albrecht: Gebet- und Lieder-Buch zum Privat-Gebrauch für Kinder und für junge Christen reiferen Alters. Tübingen, 1775, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burk_gebet_1775/26>, abgerufen am 16.02.2025.
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