Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.denkbar, das Nämliche mit vorsätzlichem und zugleich mit denkbar, das Nämliche mit vorſätzlichem und zugleich mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0049" n="45"/> denkbar, das Nämliche mit vorſätzlichem und zugleich mit<lb/> fahrläſſigem Willen zu wollen. Aber wenn das Gewollte<lb/> ſich in einem weiteren, nicht gewollten, Umfang verwirklicht,<lb/> ſo iſt es nicht mehr das Nämliche. Es liegen vielmehr in<lb/> dieſem Falle zwei Objecte für den Willen und ſomit auch<lb/> zwei verſchiedene Willensbeſtimmungen vor — eine vor-<lb/> ſätzliche, welche ſo weit reicht, als das Geſchehene wirklich<lb/> gewollt war, und eine fahrläſſige, welche das über dieſes<lb/> Gewollte hinausreichende Mehr umfaßt. Hat dieſes Mehr<lb/> freilich keine ſelbſtſtändige rechtliche Bedeutung, ſo kann es<lb/> auch nicht als Concurrenzfall zum Gegenſtand einer beſonderen<lb/> Beſtrafung werden. Das iſt der Fall, wenn noch ein zweites<lb/> Gebäude abbrennt, obwohl nur eins hatte zerſtört werden<lb/> ſollen. Jmmerhin aber beibt die mehrfache in der Handlung<lb/> enthaltene Willensbeſtimmung — die vorſätzliche und die<lb/> culpoſe — beſtehen. Und ſie würde ſofort zur rechtlichen<lb/> Geltung kommen, wenn das Geſetz, was ja nicht unmöglich<lb/> wäre, ſeine Beſtrafung der Brandſtiftung nach der Größe<lb/> des angerichteten Schadens abgeſtuft hätte. Nach dem Heſſi-<lb/> ſchen Strafgeſetzbuch bildete der Betrag des Diebſtahls von<lb/> 15 Gulden die Grenze zwiſchen dem kleinen und einfachen<lb/> Diebſtahl, welcher letztere mit anderen, ſchwereren, Strafen<lb/> bedroht war, als der erſtere. Sollte nun Derjenige, welcher<lb/> aus Jrrthum über 15 Gulden wegnimmt, während er unter<lb/> 15 Gulden ſtehlen wollte, mit den ſchwereren Strafen des<lb/> einfachen Diebſtahls beſtraft werden? Jn dem Beiſpiele<lb/> Hälſchners erſcheint der Dolus des Diebes ausdrücklich auch<lb/> auf das Mehr gerichtet. Entwendet aber ein ſonſt treues<lb/> Dienſtmädchen, deſſen Aeltern auf 10 Gulden gepfändet ſind,<lb/> um denſelben aus dringendſter Noth zu helfen, eine Geldrolle,<lb/> in welcher es gerade 10 Gulden in Sechskreuzerſtücken ver-<lb/> muthet, bei näherem Nachſehen finde es aber, daß es ſich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0049]
denkbar, das Nämliche mit vorſätzlichem und zugleich mit
fahrläſſigem Willen zu wollen. Aber wenn das Gewollte
ſich in einem weiteren, nicht gewollten, Umfang verwirklicht,
ſo iſt es nicht mehr das Nämliche. Es liegen vielmehr in
dieſem Falle zwei Objecte für den Willen und ſomit auch
zwei verſchiedene Willensbeſtimmungen vor — eine vor-
ſätzliche, welche ſo weit reicht, als das Geſchehene wirklich
gewollt war, und eine fahrläſſige, welche das über dieſes
Gewollte hinausreichende Mehr umfaßt. Hat dieſes Mehr
freilich keine ſelbſtſtändige rechtliche Bedeutung, ſo kann es
auch nicht als Concurrenzfall zum Gegenſtand einer beſonderen
Beſtrafung werden. Das iſt der Fall, wenn noch ein zweites
Gebäude abbrennt, obwohl nur eins hatte zerſtört werden
ſollen. Jmmerhin aber beibt die mehrfache in der Handlung
enthaltene Willensbeſtimmung — die vorſätzliche und die
culpoſe — beſtehen. Und ſie würde ſofort zur rechtlichen
Geltung kommen, wenn das Geſetz, was ja nicht unmöglich
wäre, ſeine Beſtrafung der Brandſtiftung nach der Größe
des angerichteten Schadens abgeſtuft hätte. Nach dem Heſſi-
ſchen Strafgeſetzbuch bildete der Betrag des Diebſtahls von
15 Gulden die Grenze zwiſchen dem kleinen und einfachen
Diebſtahl, welcher letztere mit anderen, ſchwereren, Strafen
bedroht war, als der erſtere. Sollte nun Derjenige, welcher
aus Jrrthum über 15 Gulden wegnimmt, während er unter
15 Gulden ſtehlen wollte, mit den ſchwereren Strafen des
einfachen Diebſtahls beſtraft werden? Jn dem Beiſpiele
Hälſchners erſcheint der Dolus des Diebes ausdrücklich auch
auf das Mehr gerichtet. Entwendet aber ein ſonſt treues
Dienſtmädchen, deſſen Aeltern auf 10 Gulden gepfändet ſind,
um denſelben aus dringendſter Noth zu helfen, eine Geldrolle,
in welcher es gerade 10 Gulden in Sechskreuzerſtücken ver-
muthet, bei näherem Nachſehen finde es aber, daß es ſich
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