eines eventuellen Wollens lasse sich gar nicht erbringen. Aber man muß ja auch im Falle des Eintritts des schwereren Erfolgs beweisen, daß es nicht lediglich auf den geringeren abgesehen gewesen sei. -- Es ist auch, wenn die Gleichgültig- keit nicht als culpa betrachtet wird, nicht richtig, daß man mit dem d. c. dahin komme, die culpose Begehung solcher Verbrechen zu bestrafen, bei welchen der Gesetzgeber Dolus verlange. -- Ebenso ist die Einwendung unbegründet, daß die für den geringeren Erfolg getroffenen Vorbereitungen nicht zugleich auch für den schwereren Erfolg getroffen würden, weil letzterer von größeren Voraussetzungen abhänge. Denn der Handelnde kann sehr wohl überzeugt sein, daß seine für den geringeren Erfolg getroffenen Vorbereitungen zugleich vollständig, wie in dem oben angeführten Beispiel, auch zur Herbeiführung des schwereren ausreichen. -- Ganz unnöthige Schwierigkeiten sucht v. B. in der Beurtheilung des Falls, wenn derjenige, welcher sich eine fremde Sache rechtswidrig zueignen will, thatsächlich nicht weiß, ob der Eigenthümer dieselbe verloren, oder sie absichtlich nur einstweilen aus der Hand gelegt habe, er sich also nur eines Funddiebstahls oder eines wirklichen Diebstahls schuldig machen werde. Hier liegt allerdings ein eventueller Dolus nicht vor. Aber nur darum nicht, weil der Handelnde weiß, daß ihn seine, aus der lediglich auf Funddiebstahl gerichteten Absicht entspringende, Handlung sicher zum Ziele führen werde, und er darum -- anders wie in obigem Beispiel der Wilddieb -- gar keine Veranlassung hat, seine Absicht eventuell auf den schwereren Erfolg zu richten. So verhält es sich auch in Betreff der Bigamie, wenn der Handelnde zweifelhaft ist, ob die erste Ehe aufgelöst sei oder nicht. Es kann darum die Bigamie nur zur Fahrlässigkeit zugerechnet werden, insofern der Handelnde nicht wirklich wußte, daß die erste Ehe noch bestehe, als er die zweite
eines eventuellen Wollens laſſe ſich gar nicht erbringen. Aber man muß ja auch im Falle des Eintritts des ſchwereren Erfolgs beweiſen, daß es nicht lediglich auf den geringeren abgeſehen geweſen ſei. — Es iſt auch, wenn die Gleichgültig- keit nicht als culpa betrachtet wird, nicht richtig, daß man mit dem d. c. dahin komme, die culpoſe Begehung ſolcher Verbrechen zu beſtrafen, bei welchen der Geſetzgeber Dolus verlange. — Ebenſo iſt die Einwendung unbegründet, daß die für den geringeren Erfolg getroffenen Vorbereitungen nicht zugleich auch für den ſchwereren Erfolg getroffen würden, weil letzterer von größeren Vorausſetzungen abhänge. Denn der Handelnde kann ſehr wohl überzeugt ſein, daß ſeine für den geringeren Erfolg getroffenen Vorbereitungen zugleich vollſtändig, wie in dem oben angeführten Beiſpiel, auch zur Herbeiführung des ſchwereren ausreichen. — Ganz unnöthige Schwierigkeiten ſucht v. B. in der Beurtheilung des Falls, wenn derjenige, welcher ſich eine fremde Sache rechtswidrig zueignen will, thatſächlich nicht weiß, ob der Eigenthümer dieſelbe verloren, oder ſie abſichtlich nur einſtweilen aus der Hand gelegt habe, er ſich alſo nur eines Funddiebſtahls oder eines wirklichen Diebſtahls ſchuldig machen werde. Hier liegt allerdings ein eventueller Dolus nicht vor. Aber nur darum nicht, weil der Handelnde weiß, daß ihn ſeine, aus der lediglich auf Funddiebſtahl gerichteten Abſicht entſpringende, Handlung ſicher zum Ziele führen werde, und er darum — anders wie in obigem Beiſpiel der Wilddieb — gar keine Veranlaſſung hat, ſeine Abſicht eventuell auf den ſchwereren Erfolg zu richten. So verhält es ſich auch in Betreff der Bigamie, wenn der Handelnde zweifelhaft iſt, ob die erſte Ehe aufgelöſt ſei oder nicht. Es kann darum die Bigamie nur zur Fahrläſſigkeit zugerechnet werden, inſofern der Handelnde nicht wirklich wußte, daß die erſte Ehe noch beſtehe, als er die zweite
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eines eventuellen Wollens laſſe ſich gar nicht erbringen.
Aber man muß ja auch im Falle des Eintritts des ſchwereren
Erfolgs beweiſen, daß es nicht lediglich auf den geringeren
abgeſehen geweſen ſei. — Es iſt auch, wenn die Gleichgültig-
keit nicht als culpa betrachtet wird, nicht richtig, daß
man mit dem d. c. dahin komme, die culpoſe Begehung
ſolcher Verbrechen zu beſtrafen, bei welchen der Geſetzgeber
Dolus verlange. — Ebenſo iſt die Einwendung unbegründet,
daß die für den geringeren Erfolg getroffenen Vorbereitungen
nicht zugleich auch für den ſchwereren Erfolg getroffen würden,
weil letzterer von größeren Vorausſetzungen abhänge. Denn
der Handelnde kann ſehr wohl überzeugt ſein, daß ſeine für
den geringeren Erfolg getroffenen Vorbereitungen zugleich
vollſtändig, wie in dem oben angeführten Beiſpiel, auch zur
Herbeiführung des ſchwereren ausreichen. — Ganz unnöthige
Schwierigkeiten ſucht v. B. in der Beurtheilung des Falls,
wenn derjenige, welcher ſich eine fremde Sache rechtswidrig
zueignen will, thatſächlich nicht weiß, ob der Eigenthümer
dieſelbe verloren, oder ſie abſichtlich nur einſtweilen aus der
Hand gelegt habe, er ſich alſo nur eines Funddiebſtahls oder
eines wirklichen Diebſtahls ſchuldig machen werde. Hier liegt
allerdings ein eventueller Dolus nicht vor. Aber nur darum
nicht, weil der Handelnde weiß, daß ihn ſeine, aus der lediglich
auf Funddiebſtahl gerichteten Abſicht entſpringende, Handlung
ſicher zum Ziele führen werde, und er darum — anders wie in
obigem Beiſpiel der Wilddieb — gar keine Veranlaſſung hat,
ſeine Abſicht eventuell auf den ſchwereren Erfolg zu richten.
So verhält es ſich auch in Betreff der Bigamie, wenn der
Handelnde zweifelhaft iſt, ob die erſte Ehe aufgelöſt ſei oder
nicht. Es kann darum die Bigamie nur zur Fahrläſſigkeit
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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/44>, abgerufen am 16.02.2025.
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