Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Erläuterung gewürdigt worden ist. Natürlich erfährt man
auch nicht, wie der bloße Wille eines Jeden, die fremden
Thatantheile zu dem seinigen zu übernehmen, diese That-
antheile verursachen könne. Wohl aber sprtcht es O. aus,
daß sämmtliche Thatbestandsmomente von dem Willen
der Mitthäter umfaßt gewesen sein müssen, da sonst der
Einzelne nicht für das Ganze haftet. Ueber die Wirksamkeit
des Gehülfen, die zum Thatbestand nicht gehört, braucht sich
jedoch der gemeinsame Wille der Mitthäter nicht zu erstrecken.
Nun soll aber auch der Gehülfe in dieser Qualität, insofern
er den Dolus der Selbstbegehung nicht habe, eine zum
Thatbestand gehörige Handlung ausführen können. Das
stimmt jedoch nicht mit den Vordersätzen. Denn wenn ein
Theil des Thatbestandes auf den Gehülfen fällt, der in die
Gemeinsamkeit der Absicht der Mitthäter nicht eingeschlossen
ist, so würde hierdurch den Mitthätern ein Theil des That-
bestandes entzogen, und es hätte Niemand für das Ganze
einzustehen. Darum müßte man von der gemeinsamen Absicht,
mittels Zusammenwirkens Aller die Strafthat zu vollbringen,
nicht allein die Mitthäter, sondern auch die Gehülfen -- trotz
der hervorgehobenen Verschiedenheit ihrer Absicht, umfaßt
werden lassen, und es gäbe dann keine Gehülfen, weil ihre
Absicht dann auf Selbstausführung gerichtet sein würde.

Geyer hat schon in Goltdammers Archiv B. XIII
(s. auch Gerichtssaal 1866 S. 49) ausgesprochen, daß das
Bestehen eines jeden strafrechtlichen Erfolgs von jeder ein-
zelnen in demselben enthaltenen mitwirksam gewesenen Kraft
abhänge. Sodann sagt er in Holtzendorff Handbuch §. 30,
Urheber eines Erfolgs im weiteren Sinne müsse man Jeden
nennen, der zu dem Eintreten des Erfolgs irgend etwas
beigetragen habe, also auch den Helfer. Scheint aber hiernach
G. jeder mitwirksam gewesenen Kraft wegen ihrer eigenen,

Erläuterung gewürdigt worden iſt. Natürlich erfährt man
auch nicht, wie der bloße Wille eines Jeden, die fremden
Thatantheile zu dem ſeinigen zu übernehmen, dieſe That-
antheile verurſachen könne. Wohl aber ſprtcht es O. aus,
daß ſämmtliche Thatbeſtandsmomente von dem Willen
der Mitthäter umfaßt geweſen ſein müſſen, da ſonſt der
Einzelne nicht für das Ganze haftet. Ueber die Wirkſamkeit
des Gehülfen, die zum Thatbeſtand nicht gehört, braucht ſich
jedoch der gemeinſame Wille der Mitthäter nicht zu erſtrecken.
Nun ſoll aber auch der Gehülfe in dieſer Qualität, inſofern
er den Dolus der Selbſtbegehung nicht habe, eine zum
Thatbeſtand gehörige Handlung ausführen können. Das
ſtimmt jedoch nicht mit den Vorderſätzen. Denn wenn ein
Theil des Thatbeſtandes auf den Gehülfen fällt, der in die
Gemeinſamkeit der Abſicht der Mitthäter nicht eingeſchloſſen
iſt, ſo würde hierdurch den Mitthätern ein Theil des That-
beſtandes entzogen, und es hätte Niemand für das Ganze
einzuſtehen. Darum müßte man von der gemeinſamen Abſicht,
mittels Zuſammenwirkens Aller die Strafthat zu vollbringen,
nicht allein die Mitthäter, ſondern auch die Gehülfen — trotz
der hervorgehobenen Verſchiedenheit ihrer Abſicht, umfaßt
werden laſſen, und es gäbe dann keine Gehülfen, weil ihre
Abſicht dann auf Selbſtausführung gerichtet ſein würde.

Geyer hat ſchon in Goltdammers Archiv B. XIII
(ſ. auch Gerichtsſaal 1866 S. 49) ausgeſprochen, daß das
Beſtehen eines jeden ſtrafrechtlichen Erfolgs von jeder ein-
zelnen in demſelben enthaltenen mitwirkſam geweſenen Kraft
abhänge. Sodann ſagt er in Holtzendorff Handbuch §. 30,
Urheber eines Erfolgs im weiteren Sinne müſſe man Jeden
nennen, der zu dem Eintreten des Erfolgs irgend etwas
beigetragen habe, alſo auch den Helfer. Scheint aber hiernach
G. jeder mitwirkſam geweſenen Kraft wegen ihrer eigenen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="117"/>
Erläuterung gewürdigt worden i&#x017F;t. Natürlich erfährt man<lb/>
auch nicht, wie der bloße Wille eines Jeden, die fremden<lb/>
Thatantheile zu dem &#x017F;einigen zu übernehmen, die&#x017F;e That-<lb/>
antheile verur&#x017F;achen könne. Wohl aber &#x017F;prtcht es O. aus,<lb/>
daß <hi rendition="#g">&#x017F;ämmtliche Thatbe&#x017F;tandsmomente</hi> von dem Willen<lb/>
der Mitthäter umfaßt gewe&#x017F;en &#x017F;ein mü&#x017F;&#x017F;en, da &#x017F;on&#x017F;t der<lb/>
Einzelne nicht für das Ganze haftet. Ueber die Wirk&#x017F;amkeit<lb/>
des Gehülfen, die zum Thatbe&#x017F;tand nicht gehört, braucht &#x017F;ich<lb/>
jedoch der gemein&#x017F;ame Wille der Mitthäter nicht zu er&#x017F;trecken.<lb/>
Nun &#x017F;oll aber auch der Gehülfe in die&#x017F;er Qualität, in&#x017F;ofern<lb/>
er den Dolus der <hi rendition="#g">Selb&#x017F;tbegehung</hi> nicht habe, eine zum<lb/>
Thatbe&#x017F;tand gehörige Handlung ausführen können. Das<lb/>
&#x017F;timmt jedoch nicht mit den Vorder&#x017F;ätzen. Denn wenn ein<lb/>
Theil des Thatbe&#x017F;tandes auf den Gehülfen fällt, der in die<lb/>
Gemein&#x017F;amkeit der Ab&#x017F;icht der Mitthäter nicht einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o würde hierdurch den Mitthätern ein Theil des That-<lb/>
be&#x017F;tandes entzogen, und es hätte Niemand für das Ganze<lb/>
einzu&#x017F;tehen. Darum müßte man von der gemein&#x017F;amen Ab&#x017F;icht,<lb/>
mittels Zu&#x017F;ammenwirkens Aller die Strafthat zu vollbringen,<lb/>
nicht allein die Mitthäter, &#x017F;ondern auch die Gehülfen &#x2014; trotz<lb/>
der hervorgehobenen Ver&#x017F;chiedenheit ihrer Ab&#x017F;icht, umfaßt<lb/>
werden la&#x017F;&#x017F;en, und es gäbe dann keine Gehülfen, weil ihre<lb/>
Ab&#x017F;icht dann auf Selb&#x017F;tausführung gerichtet &#x017F;ein würde.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Geyer</hi> hat &#x017F;chon in Goltdammers Archiv B. <hi rendition="#aq">XIII</hi><lb/>
(&#x017F;. auch Gerichts&#x017F;aal 1866 S. 49) ausge&#x017F;prochen, daß das<lb/>
Be&#x017F;tehen eines jeden &#x017F;trafrechtlichen Erfolgs von jeder ein-<lb/>
zelnen in dem&#x017F;elben enthaltenen mitwirk&#x017F;am gewe&#x017F;enen Kraft<lb/>
abhänge. Sodann &#x017F;agt er in Holtzendorff Handbuch §. 30,<lb/>
Urheber eines Erfolgs im weiteren Sinne mü&#x017F;&#x017F;e man Jeden<lb/>
nennen, der zu dem Eintreten des Erfolgs irgend etwas<lb/>
beigetragen habe, al&#x017F;o auch den Helfer. Scheint aber hiernach<lb/>
G. jeder mitwirk&#x017F;am gewe&#x017F;enen Kraft wegen ihrer eigenen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0121] Erläuterung gewürdigt worden iſt. Natürlich erfährt man auch nicht, wie der bloße Wille eines Jeden, die fremden Thatantheile zu dem ſeinigen zu übernehmen, dieſe That- antheile verurſachen könne. Wohl aber ſprtcht es O. aus, daß ſämmtliche Thatbeſtandsmomente von dem Willen der Mitthäter umfaßt geweſen ſein müſſen, da ſonſt der Einzelne nicht für das Ganze haftet. Ueber die Wirkſamkeit des Gehülfen, die zum Thatbeſtand nicht gehört, braucht ſich jedoch der gemeinſame Wille der Mitthäter nicht zu erſtrecken. Nun ſoll aber auch der Gehülfe in dieſer Qualität, inſofern er den Dolus der Selbſtbegehung nicht habe, eine zum Thatbeſtand gehörige Handlung ausführen können. Das ſtimmt jedoch nicht mit den Vorderſätzen. Denn wenn ein Theil des Thatbeſtandes auf den Gehülfen fällt, der in die Gemeinſamkeit der Abſicht der Mitthäter nicht eingeſchloſſen iſt, ſo würde hierdurch den Mitthätern ein Theil des That- beſtandes entzogen, und es hätte Niemand für das Ganze einzuſtehen. Darum müßte man von der gemeinſamen Abſicht, mittels Zuſammenwirkens Aller die Strafthat zu vollbringen, nicht allein die Mitthäter, ſondern auch die Gehülfen — trotz der hervorgehobenen Verſchiedenheit ihrer Abſicht, umfaßt werden laſſen, und es gäbe dann keine Gehülfen, weil ihre Abſicht dann auf Selbſtausführung gerichtet ſein würde. Geyer hat ſchon in Goltdammers Archiv B. XIII (ſ. auch Gerichtsſaal 1866 S. 49) ausgeſprochen, daß das Beſtehen eines jeden ſtrafrechtlichen Erfolgs von jeder ein- zelnen in demſelben enthaltenen mitwirkſam geweſenen Kraft abhänge. Sodann ſagt er in Holtzendorff Handbuch §. 30, Urheber eines Erfolgs im weiteren Sinne müſſe man Jeden nennen, der zu dem Eintreten des Erfolgs irgend etwas beigetragen habe, alſo auch den Helfer. Scheint aber hiernach G. jeder mitwirkſam geweſenen Kraft wegen ihrer eigenen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/121
Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/121>, abgerufen am 27.11.2024.