Burdel, Édouard: Die Trunksucht. (Übers. Heinrich Gauss). Weimar, 1855.die Phalangen, die wir mit dem Namen moralische Einwirkungen bezeichnet haben, schaaren müssen; - daß diese Letzteren selbst aber nicht anders in Kraft treten können, als wenn sich jeder Wohldenkende mit an's Werk macht und, gleich den Bienen in ihrem Stocke, seinen Theil Arbeit übernimmt, je nach den Mitteln und Kräften, wie sie ihm eben verliehen sind. Indem wir das Vorurtheil, welches in der Trunksucht eine Leidenschaft, wogegen kein Mittel anschlage, sieht, keinesweges theilen, behaupten wir vielmehr: daß, mit Ausnahme derjenigen, welche wir in die Kategorie der Trunkenbolde des dritten Grades reihen, bei denen sich nichts Menschliches mehr vorfindet und die auch wir als wirklich unheilbar betrachten, es keinen Säufer, so eingefleischt er auch sei, gebe, in dessen Herzen sich nicht eine Fiber fände, welche für gute Eindrücke noch irgend empfänglich wäre, falls man es nur versteht, die Tonleiter der Leidenschaften, welche das menschliche Herz besaiten, prüfend zu durchlaufen. Bleibt die Saite der kindlichen Liebe stumm, so wird vielleicht die der Gatten- oder der Vaterliebe ansprechen; und sollte weder die eine noch die andere dieser Saiten nach Wunsch erklingen, so wird man vielleicht noch durch die Eigenliebe, durch die Religion, durch den Eigennutz etc. etc., ja vielleicht selbst durch jene andere Eigenliebe, welche den Namen Egoismus führt, und wovon die Seele des Menschen oft nur zu voll ist, zum Ziele gelangen. Ist es übrigens noch nöthig, zu sagen, daß alle diese Mittel, deren wir vorhin erwähnt haben, leicht auszuführen sind? - noch nöthig, daß wir auf die Nützlichkeit und Wichtigkeit der öffentlichen Institute, als da sind Sparcassen, Lebensversicherungs-Banken, Pensionscassen etc. etc., hinweisen? Braucht auch noch erst angeführt zu werden, daß die Vereine zur gegenseitigen Unterstützung, welche sich bis in alle volkreiche und Fabrik-Städte verbreiten, dazu bestimmt seien, eine wohlthätige, sittlichkeitfördernde Wirkung von außerordentlicher die Phalangen, die wir mit dem Namen moralische Einwirkungen bezeichnet haben, schaaren müssen; – daß diese Letzteren selbst aber nicht anders in Kraft treten können, als wenn sich jeder Wohldenkende mit an’s Werk macht und, gleich den Bienen in ihrem Stocke, seinen Theil Arbeit übernimmt, je nach den Mitteln und Kräften, wie sie ihm eben verliehen sind. Indem wir das Vorurtheil, welches in der Trunksucht eine Leidenschaft, wogegen kein Mittel anschlage, sieht, keinesweges theilen, behaupten wir vielmehr: daß, mit Ausnahme derjenigen, welche wir in die Kategorie der Trunkenbolde des dritten Grades reihen, bei denen sich nichts Menschliches mehr vorfindet und die auch wir als wirklich unheilbar betrachten, es keinen Säufer, so eingefleischt er auch sei, gebe, in dessen Herzen sich nicht eine Fiber fände, welche für gute Eindrücke noch irgend empfänglich wäre, falls man es nur versteht, die Tonleiter der Leidenschaften, welche das menschliche Herz besaiten, prüfend zu durchlaufen. Bleibt die Saite der kindlichen Liebe stumm, so wird vielleicht die der Gatten- oder der Vaterliebe ansprechen; und sollte weder die eine noch die andere dieser Saiten nach Wunsch erklingen, so wird man vielleicht noch durch die Eigenliebe, durch die Religion, durch den Eigennutz etc. etc., ja vielleicht selbst durch jene andere Eigenliebe, welche den Namen Egoismus führt, und wovon die Seele des Menschen oft nur zu voll ist, zum Ziele gelangen. Ist es übrigens noch nöthig, zu sagen, daß alle diese Mittel, deren wir vorhin erwähnt haben, leicht auszuführen sind? – noch nöthig, daß wir auf die Nützlichkeit und Wichtigkeit der öffentlichen Institute, als da sind Sparcassen, Lebensversicherungs-Banken, Pensionscassen etc. etc., hinweisen? Braucht auch noch erst angeführt zu werden, daß die Vereine zur gegenseitigen Unterstützung, welche sich bis in alle volkreiche und Fabrik-Städte verbreiten, dazu bestimmt seien, eine wohlthätige, sittlichkeitfördernde Wirkung von außerordentlicher <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0103" n="93"/> die Phalangen, die wir mit dem Namen moralische Einwirkungen bezeichnet haben, schaaren müssen; – daß diese Letzteren selbst aber nicht anders in Kraft treten können, als wenn sich jeder Wohldenkende mit an’s Werk macht und, gleich den Bienen in ihrem Stocke, seinen Theil Arbeit übernimmt, je nach den Mitteln und Kräften, wie sie ihm eben verliehen sind.</p> <p>Indem wir das Vorurtheil, welches in der Trunksucht eine Leidenschaft, wogegen kein Mittel anschlage, sieht, keinesweges theilen, behaupten wir vielmehr: daß, mit Ausnahme derjenigen, welche wir in die Kategorie der Trunkenbolde des dritten Grades reihen, bei denen sich nichts Menschliches mehr vorfindet und die auch wir als wirklich unheilbar betrachten, es keinen Säufer, so eingefleischt er auch sei, gebe, in dessen Herzen sich nicht eine Fiber fände, welche für gute Eindrücke noch irgend empfänglich wäre, falls man es nur versteht, die Tonleiter der Leidenschaften, welche das menschliche Herz besaiten, prüfend zu durchlaufen. Bleibt die Saite der kindlichen Liebe stumm, so wird vielleicht die der Gatten- oder der Vaterliebe ansprechen; und sollte weder die eine noch die andere dieser Saiten nach Wunsch erklingen, so wird man vielleicht noch durch die Eigenliebe, durch die Religion, durch den Eigennutz etc. etc., ja vielleicht selbst durch jene andere Eigenliebe, welche den Namen Egoismus führt, und wovon die Seele des Menschen oft nur zu voll ist, zum Ziele gelangen.</p> <p>Ist es übrigens noch nöthig, zu sagen, daß alle diese Mittel, deren wir vorhin erwähnt haben, leicht auszuführen sind? – noch nöthig, daß wir auf die Nützlichkeit und Wichtigkeit der öffentlichen Institute, als da sind Sparcassen, Lebensversicherungs-Banken, Pensionscassen etc. etc., hinweisen? Braucht auch noch erst angeführt zu werden, daß die Vereine zur gegenseitigen Unterstützung, welche sich bis in alle volkreiche und Fabrik-Städte verbreiten, dazu bestimmt seien, eine wohlthätige, sittlichkeitfördernde Wirkung von außerordentlicher </p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
die Phalangen, die wir mit dem Namen moralische Einwirkungen bezeichnet haben, schaaren müssen; – daß diese Letzteren selbst aber nicht anders in Kraft treten können, als wenn sich jeder Wohldenkende mit an’s Werk macht und, gleich den Bienen in ihrem Stocke, seinen Theil Arbeit übernimmt, je nach den Mitteln und Kräften, wie sie ihm eben verliehen sind.
Indem wir das Vorurtheil, welches in der Trunksucht eine Leidenschaft, wogegen kein Mittel anschlage, sieht, keinesweges theilen, behaupten wir vielmehr: daß, mit Ausnahme derjenigen, welche wir in die Kategorie der Trunkenbolde des dritten Grades reihen, bei denen sich nichts Menschliches mehr vorfindet und die auch wir als wirklich unheilbar betrachten, es keinen Säufer, so eingefleischt er auch sei, gebe, in dessen Herzen sich nicht eine Fiber fände, welche für gute Eindrücke noch irgend empfänglich wäre, falls man es nur versteht, die Tonleiter der Leidenschaften, welche das menschliche Herz besaiten, prüfend zu durchlaufen. Bleibt die Saite der kindlichen Liebe stumm, so wird vielleicht die der Gatten- oder der Vaterliebe ansprechen; und sollte weder die eine noch die andere dieser Saiten nach Wunsch erklingen, so wird man vielleicht noch durch die Eigenliebe, durch die Religion, durch den Eigennutz etc. etc., ja vielleicht selbst durch jene andere Eigenliebe, welche den Namen Egoismus führt, und wovon die Seele des Menschen oft nur zu voll ist, zum Ziele gelangen.
Ist es übrigens noch nöthig, zu sagen, daß alle diese Mittel, deren wir vorhin erwähnt haben, leicht auszuführen sind? – noch nöthig, daß wir auf die Nützlichkeit und Wichtigkeit der öffentlichen Institute, als da sind Sparcassen, Lebensversicherungs-Banken, Pensionscassen etc. etc., hinweisen? Braucht auch noch erst angeführt zu werden, daß die Vereine zur gegenseitigen Unterstützung, welche sich bis in alle volkreiche und Fabrik-Städte verbreiten, dazu bestimmt seien, eine wohlthätige, sittlichkeitfördernde Wirkung von außerordentlicher
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-11-01T10:28:26Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Benjamin Fiechter, Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-11-01T10:28:26Z)
Bayerische Staatsbibliothek München: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-11-01T10:28:26Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription: Die Transkription erfolgte nach den unter http://de.wikisource.org/wiki/Wikisource:Editionsrichtlinien formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |