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Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800.

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Kritik der Heilkunst.
Menschen, und mit ihnen die äußern Bestimmungen seines
Wesens sich mehren, oder in welchem er in der rein mensch-
lichen und bürgerlichen Cultur fortschreitet. Es erhellt also
hieraus auch in genetischer Rücksicht, daß die Krank-
heiten unausbleiblich sind **).

*) Stahl Diss. de frequentia morborum in corpore humano
prae brutis. Halae
705. 4.
**) Bose Progr. de morbis necessariis. Lips. 784. 4.
§ 32.

Ueberlegen wir endlich, daß Krankheiten und Schmerzen
zu der Summe von Uebeln gehören, welche theils den
Genuß der entgegengesetzten Güter erst vollkommen würzen,
und uns dieselben zweckmäßig benutzen lehren, theils der
Einförmigkeit des Genusses und der so leicht entstehenden
Uebersättigung vorbeugen, theils die Entwickelung eines
höhern Sinnes und die Erweckung von Tugenden veranlas-
sen: so ahnden wir auch die Nothwendigkeit der Krankheiten
in teleologischer Rücksicht.

§ 33.

Aus diesem allen (§ 30, 31, 32) erhellt, daß, wenn
es eine Kunst giebt, Krankheiten zu heilen, sie keinesweges
dem Gefolge der Ueppigkeit und des Sittenverderbnisses bey-
gezählt werden kann *), sondern daß sie ein Bedürfniß der
Menschheit ist **), und zwar ein um desto dringenderes und
weiter umfassendes, je weiter der Mensch in der Cultur vor-
gerückt ist, daß also auch die Staaten derselben besonders be-
dürfen ***).

*) Gegen Rousseau, z. B. im Emil.
**) Stahl Diss. de necessitate artis medicae. Halae 712. 4.
***) De Oberkamp Diss. de medicinae necessitate in re-
publica. Heidelberg
789. 4.



Zweytes

Kritik der Heilkunſt.
Menſchen, und mit ihnen die aͤußern Beſtimmungen ſeines
Weſens ſich mehren, oder in welchem er in der rein menſch-
lichen und buͤrgerlichen Cultur fortſchreitet. Es erhellt alſo
hieraus auch in genetiſcher Ruͤckſicht, daß die Krank-
heiten unausbleiblich ſind **).

*) Stahl Diſſ. de frequentia morborum in corpore humano
prae brutis. Halae
705. 4.
**) Boſe Progr. de morbis neceſſariis. Lipſ. 784. 4.
§ 32.

Ueberlegen wir endlich, daß Krankheiten und Schmerzen
zu der Summe von Uebeln gehoͤren, welche theils den
Genuß der entgegengeſetzten Guͤter erſt vollkommen wuͤrzen,
und uns dieſelben zweckmaͤßig benutzen lehren, theils der
Einfoͤrmigkeit des Genuſſes und der ſo leicht entſtehenden
Ueberſaͤttigung vorbeugen, theils die Entwickelung eines
hoͤhern Sinnes und die Erweckung von Tugenden veranlaſ-
ſen: ſo ahnden wir auch die Nothwendigkeit der Krankheiten
in teleologiſcher Ruͤckſicht.

§ 33.

Aus dieſem allen (§ 30, 31, 32) erhellt, daß, wenn
es eine Kunſt giebt, Krankheiten zu heilen, ſie keinesweges
dem Gefolge der Ueppigkeit und des Sittenverderbniſſes bey-
gezaͤhlt werden kann *), ſondern daß ſie ein Beduͤrfniß der
Menſchheit iſt **), und zwar ein um deſto dringenderes und
weiter umfaſſendes, je weiter der Menſch in der Cultur vor-
geruͤckt iſt, daß alſo auch die Staaten derſelben beſonders be-
duͤrfen ***).

*) Gegen Rouſſeau, z. B. im Emil.
**) Stahl Diſſ. de neceſſitate artis medicae. Halae 712. 4.
***) De Oberkamp Diſſ. de medicinae neceſſitate in re-
publica. Heidelberg
789. 4.



Zweytes
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[13/0031] Kritik der Heilkunſt. Menſchen, und mit ihnen die aͤußern Beſtimmungen ſeines Weſens ſich mehren, oder in welchem er in der rein menſch- lichen und buͤrgerlichen Cultur fortſchreitet. Es erhellt alſo hieraus auch in genetiſcher Ruͤckſicht, daß die Krank- heiten unausbleiblich ſind **). *⁾ Stahl Diſſ. de frequentia morborum in corpore humano prae brutis. Halae 705. 4. **⁾ Boſe Progr. de morbis neceſſariis. Lipſ. 784. 4. § 32. Ueberlegen wir endlich, daß Krankheiten und Schmerzen zu der Summe von Uebeln gehoͤren, welche theils den Genuß der entgegengeſetzten Guͤter erſt vollkommen wuͤrzen, und uns dieſelben zweckmaͤßig benutzen lehren, theils der Einfoͤrmigkeit des Genuſſes und der ſo leicht entſtehenden Ueberſaͤttigung vorbeugen, theils die Entwickelung eines hoͤhern Sinnes und die Erweckung von Tugenden veranlaſ- ſen: ſo ahnden wir auch die Nothwendigkeit der Krankheiten in teleologiſcher Ruͤckſicht. § 33. Aus dieſem allen (§ 30, 31, 32) erhellt, daß, wenn es eine Kunſt giebt, Krankheiten zu heilen, ſie keinesweges dem Gefolge der Ueppigkeit und des Sittenverderbniſſes bey- gezaͤhlt werden kann *), ſondern daß ſie ein Beduͤrfniß der Menſchheit iſt **), und zwar ein um deſto dringenderes und weiter umfaſſendes, je weiter der Menſch in der Cultur vor- geruͤckt iſt, daß alſo auch die Staaten derſelben beſonders be- duͤrfen ***). *⁾ Gegen Rouſſeau, z. B. im Emil. **⁾ Stahl Diſſ. de neceſſitate artis medicae. Halae 712. 4. ***⁾ De Oberkamp Diſſ. de medicinae neceſſitate in re- publica. Heidelberg 789. 4. Zweytes

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Zitationshilfe: Burdach, Karl Friedrich: Propädeutik zum Studium der gesammten Heilkunst. Leipzig, 1800, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burdach_propaedeutik_1800/31>, abgerufen am 23.11.2024.