einen Mörder nach, weil der unglückliche Metoposcop ihm,6. Abschnitt. noch dazu wider Willen, prophezeit hatte, er werde als Verbannter in einer Schlacht umkommen. Der Mörder höhnte, wie es scheint, noch in Gegenwart des Sterbenden: Dieser habe ihm ja selber geweissagt, er würde nächstens einen schmählichen Mord begehen! -- Ein ganz ähnliches jammervolles Ende nahm der Neugründer der Chiromantie, Antioco Tiberto von Cesena 1), durch Pandolfo Malatesta von Rimini, dem er das Widerwärtigste prophezeit hatte, was ein Tyrann sich denken mag: den Tod in Verbannung und äußerster Armuth. Tiberto war ein geistreicher Mann, dem man zutraute, daß er weniger nach einer chiromanti- schen Methode als nach einer durchdringenden Menschen- kenntniß seinen Bescheid gebe; auch achteten ihn seiner hohen Bildung wegen selbst diejenigen Gelehrten, welche auf seine Divination nichts hielten 2).
Die Alchymie endlich, welche im Alterthum erst ganzAlchymie. spät, unter Diocletian erwähnt wird, spielt zur Zeit der Blüthe der Renaissance nur eine untergeordnete Rolle 3). Auch diese Krankheit hatte Italien früher durchgemacht, im XIV. Jahrhundert, als Petrarca in seiner Polemik dage- gen es zugestand: Das Goldkochen sei eine weitverbreitete Sitte 4). Seitdem war in Italien diejenige besondere Sorte von Glauben, Hingebung und Isolirung, welche der Betrieb der Alchymie verlangt, immer seltener geworden, während italienische und andere Adepten im Norden die großen Herrn erst recht auszubeuten anfingen 5). Unter
1)Paul. Jov. l. c., s. v. Tibertus.
2) Das Nothwendigste über diese Nebengattungen der Mantik giebt Corn. Agrippa, de occulta philosophia, cap. 52. 57.
3)Libri, hist. des sciences mathem. II, p. 122.
4)Novi nihil narro, mos est publicus. (Remed. utriusque for- tunae, p. 93, eine der sehr lebendig und ab irato geschriebenen Partien dieses Buches.)
5) Hauptstelle bei Trithem. Ann. Hirsaug. II, p. 286, s.
einen Mörder nach, weil der unglückliche Metopoſcop ihm,6. Abſchnitt. noch dazu wider Willen, prophezeit hatte, er werde als Verbannter in einer Schlacht umkommen. Der Mörder höhnte, wie es ſcheint, noch in Gegenwart des Sterbenden: Dieſer habe ihm ja ſelber geweiſſagt, er würde nächſtens einen ſchmählichen Mord begehen! — Ein ganz ähnliches jammervolles Ende nahm der Neugründer der Chiromantie, Antioco Tiberto von Ceſena 1), durch Pandolfo Malateſta von Rimini, dem er das Widerwärtigſte prophezeit hatte, was ein Tyrann ſich denken mag: den Tod in Verbannung und äußerſter Armuth. Tiberto war ein geiſtreicher Mann, dem man zutraute, daß er weniger nach einer chiromanti- ſchen Methode als nach einer durchdringenden Menſchen- kenntniß ſeinen Beſcheid gebe; auch achteten ihn ſeiner hohen Bildung wegen ſelbſt diejenigen Gelehrten, welche auf ſeine Divination nichts hielten 2).
Die Alchymie endlich, welche im Alterthum erſt ganzAlchymie. ſpät, unter Diocletian erwähnt wird, ſpielt zur Zeit der Blüthe der Renaiſſance nur eine untergeordnete Rolle 3). Auch dieſe Krankheit hatte Italien früher durchgemacht, im XIV. Jahrhundert, als Petrarca in ſeiner Polemik dage- gen es zugeſtand: Das Goldkochen ſei eine weitverbreitete Sitte 4). Seitdem war in Italien diejenige beſondere Sorte von Glauben, Hingebung und Iſolirung, welche der Betrieb der Alchymie verlangt, immer ſeltener geworden, während italieniſche und andere Adepten im Norden die großen Herrn erſt recht auszubeuten anfingen 5). Unter
1)Paul. Jov. l. c., s. v. Tibertus.
2) Das Nothwendigſte über dieſe Nebengattungen der Mantik giebt Corn. Agrippa, de occulta philosophia, cap. 52. 57.
3)Libri, hist. des sciences mathém. II, p. 122.
4)Novi nihil narro, mos est publicus. (Remed. utriusque for- tunæ, p. 93, eine der ſehr lebendig und ab irato geſchriebenen Partien dieſes Buches.)
5) Hauptſtelle bei Trithem. Ann. Hirsaug. II, p. 286, s.
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einen Mörder nach, weil der unglückliche Metopoſcop ihm,
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Dieſer habe ihm ja ſelber geweiſſagt, er würde nächſtens
einen ſchmählichen Mord begehen! — Ein ganz ähnliches
jammervolles Ende nahm der Neugründer der Chiromantie,
Antioco Tiberto von Ceſena 1), durch Pandolfo Malateſta
von Rimini, dem er das Widerwärtigſte prophezeit hatte,
was ein Tyrann ſich denken mag: den Tod in Verbannung
und äußerſter Armuth. Tiberto war ein geiſtreicher Mann,
dem man zutraute, daß er weniger nach einer chiromanti-
ſchen Methode als nach einer durchdringenden Menſchen-
kenntniß ſeinen Beſcheid gebe; auch achteten ihn ſeiner hohen
Bildung wegen ſelbſt diejenigen Gelehrten, welche auf ſeine
Divination nichts hielten 2).
6. Abſchnitt.
Die Alchymie endlich, welche im Alterthum erſt ganz
ſpät, unter Diocletian erwähnt wird, ſpielt zur Zeit der
Blüthe der Renaiſſance nur eine untergeordnete Rolle 3).
Auch dieſe Krankheit hatte Italien früher durchgemacht, im
XIV. Jahrhundert, als Petrarca in ſeiner Polemik dage-
gen es zugeſtand: Das Goldkochen ſei eine weitverbreitete
Sitte 4). Seitdem war in Italien diejenige beſondere
Sorte von Glauben, Hingebung und Iſolirung, welche der
Betrieb der Alchymie verlangt, immer ſeltener geworden,
während italieniſche und andere Adepten im Norden die
großen Herrn erſt recht auszubeuten anfingen 5). Unter
Alchymie.
1) Paul. Jov. l. c., s. v. Tibertus.
2) Das Nothwendigſte über dieſe Nebengattungen der Mantik giebt
Corn. Agrippa, de occulta philosophia, cap. 52. 57.
3) Libri, hist. des sciences mathém. II, p. 122.
4) Novi nihil narro, mos est publicus. (Remed. utriusque for-
tunæ, p. 93, eine der ſehr lebendig und ab irato geſchriebenen
Partien dieſes Buches.)
5) Hauptſtelle bei Trithem. Ann. Hirsaug. II, p. 286, s.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/559>, abgerufen am 24.11.2024.
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