6. Abschnitt.Sanga 1) (Secretärs bei Clemens VII.) vergiftete dessen Geliebte, die in diesem Falle war; unseliger Weise starb aber auch der Sohn und eine Gesellschaft von Freunden, die von dem vergifteten Salat mit aßen.
Der Zauberer.Nun folgt, nicht als Helfer, sondern als Concurrent der Hexe, der mit den gefährlichern Aufgaben noch besser vertraute Zauberer oder Beschwörer, incantatore. Bis- weilen ist er ebensosehr oder noch mehr Astrolog als Zauberer; öfter mag er sich als Astrologen gegeben haben um nicht als Zauberer verfolgt zu werden, und etwas Astrologie zur Ermittelung der günstigen Stunden konnte der Zauberer ohnehin nicht entbehren (S. 515, 522). Da aber viele Geister gut 2) oder indifferent sind, so kann auch ihr Beschwörer bis- weilen noch eine leidliche Reputation behaupten, und noch Sixtus IV. hat 1474 in einem ausdrücklichen Breve 3) gegen einige bolognesische Carmeliter einschreiten müssen, welche auf der Kanzel sagten, es sei nichts Böses, von den Dämonen Bescheid zu begehren. An die Möglichkeit der Sache selber glaubten offenbar sehr Viele; ein mittelbarer Beweis dafür liegt schon darin, daß auch die Frömmsten ihrerseits an erbetene Visionen guter Geister glaubten. Savonarola ist von solchen Dingen erfüllt, die florentinischen Platoniker reden von einer mystischen Vereinigung mit Gott, und Marcellus Palingenius (S. 259, f.) giebt nicht undeut- lich zu verstehen, daß er mit geweihten Geistern umgehe 4). Ebenderselbe ist auch überzeugt vom Dasein einer gan- zen Hierarchie böser Dämonen, welche, vom Mond her- wärts wohnend, der Natur und dem Menschenleben auf- lauern 5), ja er erzählt von einer persönlichen Bekanntschaft
1)Varchi, stor. fior. II, p. 153.
2) Diese Reservation wurde dann ausdrücklich betont. Corn. Agrippa, de occulta philosophia, cap. 39.
3)Septimo Decretal. l. c.
4)Zodiacus vitae, XII, 363 bis 539. cf. X, 393, s.
5)Ibid. IX, 291, s.
6. Abſchnitt.Sanga 1) (Secretärs bei Clemens VII.) vergiftete deſſen Geliebte, die in dieſem Falle war; unſeliger Weiſe ſtarb aber auch der Sohn und eine Geſellſchaft von Freunden, die von dem vergifteten Salat mit aßen.
Der Zauberer.Nun folgt, nicht als Helfer, ſondern als Concurrent der Hexe, der mit den gefährlichern Aufgaben noch beſſer vertraute Zauberer oder Beſchwörer, incantatore. Bis- weilen iſt er ebenſoſehr oder noch mehr Aſtrolog als Zauberer; öfter mag er ſich als Aſtrologen gegeben haben um nicht als Zauberer verfolgt zu werden, und etwas Aſtrologie zur Ermittelung der günſtigen Stunden konnte der Zauberer ohnehin nicht entbehren (S. 515, 522). Da aber viele Geiſter gut 2) oder indifferent ſind, ſo kann auch ihr Beſchwörer bis- weilen noch eine leidliche Reputation behaupten, und noch Sixtus IV. hat 1474 in einem ausdrücklichen Breve 3) gegen einige bologneſiſche Carmeliter einſchreiten müſſen, welche auf der Kanzel ſagten, es ſei nichts Böſes, von den Dämonen Beſcheid zu begehren. An die Möglichkeit der Sache ſelber glaubten offenbar ſehr Viele; ein mittelbarer Beweis dafür liegt ſchon darin, daß auch die Frömmſten ihrerſeits an erbetene Viſionen guter Geiſter glaubten. Savonarola iſt von ſolchen Dingen erfüllt, die florentiniſchen Platoniker reden von einer myſtiſchen Vereinigung mit Gott, und Marcellus Palingenius (S. 259, f.) giebt nicht undeut- lich zu verſtehen, daß er mit geweihten Geiſtern umgehe 4). Ebenderſelbe iſt auch überzeugt vom Daſein einer gan- zen Hierarchie böſer Dämonen, welche, vom Mond her- wärts wohnend, der Natur und dem Menſchenleben auf- lauern 5), ja er erzählt von einer perſönlichen Bekanntſchaft
1)Varchi, stor. fior. II, p. 153.
2) Dieſe Reſervation wurde dann ausdrücklich betont. Corn. Agrippa, de occulta philosophia, cap. 39.
3)Septimo Decretal. l. c.
4)Zodiacus vitæ, XII, 363 bis 539. cf. X, 393, s.
5)Ibid. IX, 291, s.
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die von dem vergifteten Salat mit aßen.
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Nun folgt, nicht als Helfer, ſondern als Concurrent
der Hexe, der mit den gefährlichern Aufgaben noch beſſer
vertraute Zauberer oder Beſchwörer, incantatore. Bis-
weilen iſt er ebenſoſehr oder noch mehr Aſtrolog als Zauberer;
öfter mag er ſich als Aſtrologen gegeben haben um nicht
als Zauberer verfolgt zu werden, und etwas Aſtrologie zur
Ermittelung der günſtigen Stunden konnte der Zauberer
ohnehin nicht entbehren (S. 515, 522). Da aber viele Geiſter
gut 2) oder indifferent ſind, ſo kann auch ihr Beſchwörer bis-
weilen noch eine leidliche Reputation behaupten, und noch
Sixtus IV. hat 1474 in einem ausdrücklichen Breve 3)
gegen einige bologneſiſche Carmeliter einſchreiten müſſen,
welche auf der Kanzel ſagten, es ſei nichts Böſes, von den
Dämonen Beſcheid zu begehren. An die Möglichkeit der
Sache ſelber glaubten offenbar ſehr Viele; ein mittelbarer
Beweis dafür liegt ſchon darin, daß auch die Frömmſten
ihrerſeits an erbetene Viſionen guter Geiſter glaubten.
Savonarola iſt von ſolchen Dingen erfüllt, die florentiniſchen
Platoniker reden von einer myſtiſchen Vereinigung mit Gott,
und Marcellus Palingenius (S. 259, f.) giebt nicht undeut-
lich zu verſtehen, daß er mit geweihten Geiſtern umgehe 4).
Ebenderſelbe iſt auch überzeugt vom Daſein einer gan-
zen Hierarchie böſer Dämonen, welche, vom Mond her-
wärts wohnend, der Natur und dem Menſchenleben auf-
lauern 5), ja er erzählt von einer perſönlichen Bekanntſchaft
Der Zauberer.
1) Varchi, stor. fior. II, p. 153.
2) Dieſe Reſervation wurde dann ausdrücklich betont. Corn. Agrippa,
de occulta philosophia, cap. 39.
3) Septimo Decretal. l. c.
4) Zodiacus vitæ, XII, 363 bis 539. cf. X, 393, s.
5) Ibid. IX, 291, s.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/548>, abgerufen am 22.11.2024.
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