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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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6. Abschnitt.und ersucht den Bruder, den Ueberbringer des Briefes zu
jenem hinzuführen wenn er noch lebe. Aeneas geht hier
in der Gefälligkeit gegen einen Hochstehenden sehr weit,
aber für seine Person ist er nicht nur freier von allem
Aberglauben als seine Zeitgenossen (S. 486, 513) sondern
er hat darüber auch eine Prüfung bestanden, die noch heute
nicht jeder Gebildete aushalten würde. Als er zur Zeit
des Basler Concils zu Mailand 75 Tage lang am Fieber dar-
niederlag, konnte man ihn doch nie dazu bewegen auf die
Zauberärzte zu hören, obwohl ihm ein Mann ans Bette
gebracht wurde, der kurz vorher 2000 Soldaten im Lager
des Piccinino auf wunderbare Weise vom Fieber curirt
haben sollte. Noch leidend reiste Aeneas über das Gebirge
nach Basel und genas im Reiten 1).

Norcia im
XVI. Jahrh.
Weiter erfahren wir etwas von der Umgegend Norcia's
durch den Necromanten, welcher den trefflichen Benvenuto
Cellini in seine Gewalt zu bekommen suchte. Es handelt
sich darum 2), ein neues Zauberbuch zu weihen, und der
schicklichste Ort hiefür sind die dortigen Gebirge; zwar hat
der Meister des Zauberers einmal ein Buch geweiht in der
Nähe der Abtei Farfa, aber es ergaben sich dabei Schwie-
rigkeiten, die man bei Norcia nicht anträfe; überdieß sind
die nursinischen Bauern zuverlässige Leute, haben einige
Praxis in der Sache und können im Nothfall mächtige
Hülfe leisten. Der Ausflug unterblieb dann, sonst hätte
Benvenuto wahrscheinlich auch die Helfershelfer des Gauners
kennen gelernt. Damals war diese Gegend völlig sprich-
wörtlich. Aretino sagt irgendwo von einem verhexten
Brunnen: es wohnten dort die Schwester der Sibylle von
Norcia und die Tante der Fata Morgana. Und um die-
selbe Zeit durfte doch Trissino in seinem großen Epos 3)

1) Pii II. comment. L. I. p. 10.
2) Benv. Cellini, L. I, cap. 65.
3) L'Italia liberata da' Goti, canto XXIV. Man kann fragen, ob
Trissino selber noch an die Möglichkeit seiner Schilderung glaubt

6. Abſchnitt.und erſucht den Bruder, den Ueberbringer des Briefes zu
jenem hinzuführen wenn er noch lebe. Aeneas geht hier
in der Gefälligkeit gegen einen Hochſtehenden ſehr weit,
aber für ſeine Perſon iſt er nicht nur freier von allem
Aberglauben als ſeine Zeitgenoſſen (S. 486, 513) ſondern
er hat darüber auch eine Prüfung beſtanden, die noch heute
nicht jeder Gebildete aushalten würde. Als er zur Zeit
des Basler Concils zu Mailand 75 Tage lang am Fieber dar-
niederlag, konnte man ihn doch nie dazu bewegen auf die
Zauberärzte zu hören, obwohl ihm ein Mann ans Bette
gebracht wurde, der kurz vorher 2000 Soldaten im Lager
des Piccinino auf wunderbare Weiſe vom Fieber curirt
haben ſollte. Noch leidend reiste Aeneas über das Gebirge
nach Baſel und genas im Reiten 1).

Norcia im
XVI. Jahrh.
Weiter erfahren wir etwas von der Umgegend Norcia's
durch den Necromanten, welcher den trefflichen Benvenuto
Cellini in ſeine Gewalt zu bekommen ſuchte. Es handelt
ſich darum 2), ein neues Zauberbuch zu weihen, und der
ſchicklichſte Ort hiefür ſind die dortigen Gebirge; zwar hat
der Meiſter des Zauberers einmal ein Buch geweiht in der
Nähe der Abtei Farfa, aber es ergaben ſich dabei Schwie-
rigkeiten, die man bei Norcia nicht anträfe; überdieß ſind
die nurſiniſchen Bauern zuverläſſige Leute, haben einige
Praxis in der Sache und können im Nothfall mächtige
Hülfe leiſten. Der Ausflug unterblieb dann, ſonſt hätte
Benvenuto wahrſcheinlich auch die Helfershelfer des Gauners
kennen gelernt. Damals war dieſe Gegend völlig ſprich-
wörtlich. Aretino ſagt irgendwo von einem verhexten
Brunnen: es wohnten dort die Schweſter der Sibylle von
Norcia und die Tante der Fata Morgana. Und um die-
ſelbe Zeit durfte doch Triſſino in ſeinem großen Epos 3)

1) Pii II. comment. L. I. p. 10.
2) Benv. Cellini, L. I, cap. 65.
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[534/0544] und erſucht den Bruder, den Ueberbringer des Briefes zu jenem hinzuführen wenn er noch lebe. Aeneas geht hier in der Gefälligkeit gegen einen Hochſtehenden ſehr weit, aber für ſeine Perſon iſt er nicht nur freier von allem Aberglauben als ſeine Zeitgenoſſen (S. 486, 513) ſondern er hat darüber auch eine Prüfung beſtanden, die noch heute nicht jeder Gebildete aushalten würde. Als er zur Zeit des Basler Concils zu Mailand 75 Tage lang am Fieber dar- niederlag, konnte man ihn doch nie dazu bewegen auf die Zauberärzte zu hören, obwohl ihm ein Mann ans Bette gebracht wurde, der kurz vorher 2000 Soldaten im Lager des Piccinino auf wunderbare Weiſe vom Fieber curirt haben ſollte. Noch leidend reiste Aeneas über das Gebirge nach Baſel und genas im Reiten 1). 6. Abſchnitt. Weiter erfahren wir etwas von der Umgegend Norcia's durch den Necromanten, welcher den trefflichen Benvenuto Cellini in ſeine Gewalt zu bekommen ſuchte. Es handelt ſich darum 2), ein neues Zauberbuch zu weihen, und der ſchicklichſte Ort hiefür ſind die dortigen Gebirge; zwar hat der Meiſter des Zauberers einmal ein Buch geweiht in der Nähe der Abtei Farfa, aber es ergaben ſich dabei Schwie- rigkeiten, die man bei Norcia nicht anträfe; überdieß ſind die nurſiniſchen Bauern zuverläſſige Leute, haben einige Praxis in der Sache und können im Nothfall mächtige Hülfe leiſten. Der Ausflug unterblieb dann, ſonſt hätte Benvenuto wahrſcheinlich auch die Helfershelfer des Gauners kennen gelernt. Damals war dieſe Gegend völlig ſprich- wörtlich. Aretino ſagt irgendwo von einem verhexten Brunnen: es wohnten dort die Schweſter der Sibylle von Norcia und die Tante der Fata Morgana. Und um die- ſelbe Zeit durfte doch Triſſino in ſeinem großen Epos 3) Norcia im XVI. Jahrh. 1) Pii II. comment. L. I. p. 10. 2) Benv. Cellini, L. I, cap. 65. 3) L'Italia liberata da' Goti, canto XXIV. Man kann fragen, ob Triſſino ſelber noch an die Möglichkeit ſeiner Schilderung glaubt

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/544>, abgerufen am 23.11.2024.