genwolken und die Sonne erglänzte -- "so günstig war6. Abschnitt. das Glück der Volksmeinung", fügt der große Philologe bei 1). Zunächst wurde die Leiche in ungeweihter Erde verscharrt, des folgenden Tages aber wiederum ausgegraben und nach einer entsetzlichen Procession durch die Stadt in den Arno versenkt.
Solche und ähnliche Züge sind wesentlich populär und können im X. Jahrhundert so gut vorgekommen sein als im XVI. Nun mischt sich aber auch hier das literarische Alterthum ein. Von den Humanisten wird ausdrücklich versichert, daß sie den Prodigien und Augurien ganz be-Aberglaube der Humanisten. sonders zugänglich gewesen und Beispiele davon (S. 506) wurden bereits erwähnt. Wenn es aber irgend eines Be- leges bedürfte, so würde ihn schon der eine Poggio gewähren. Derselbe radicale Denker, welcher den Adel und die Un- gleichheit der Menschen negirt (S. 357), glaubt nicht nur an allen mittelalterlichen Geister- und Teufelsspuk (fol. 167, 179), sondern auch an Prodigien antiker Art, z. B. an diejenigen, welche beim letzten Besuch Eugen's IV. in Flo- renz berichtet wurden 2). "Da sah man in der Nähe von Como des Abends 4000 Hunde, die den Weg nach Deutsch- land nahmen; auf diese folgte eine große Schaar Rinder, dann ein Heer von Bewaffneten zu Fuß und zu Roß, theils ohne Kopf, theils mit kaum sichtbaren Köpfen, zuletzt ein riesiger Reiter, dem wieder eine Heerde von Rindern nachzog." Auch an eine Schlacht von Elstern und Dohlen (fol. 180) glaubt Poggio. Ja er erzählt, vielleicht ohne
1)Coniurationis Pactianae commentarius, in den Beilagen zu Ros- coe, Leben des Lorenzo. -- Poliziano war sonst wenigstens Gegner der Astrologie.
2)Poggii facetiae, fol. 174. -- Aen. Sylvius: De Europa c. 53. 54 (Opera, p. 451. 455) erzählt wenigstens wirklich geschehene Prodigien, z. B. Thierschlachten, Wolkenerscheinungen etc. und giebt sie schon wesentlich als Curiositäten, wenn er auch die betreffenden Schicksale daneben nennt.
genwolken und die Sonne erglänzte — „ſo günſtig war6. Abſchnitt. das Glück der Volksmeinung“, fügt der große Philologe bei 1). Zunächſt wurde die Leiche in ungeweihter Erde verſcharrt, des folgenden Tages aber wiederum ausgegraben und nach einer entſetzlichen Proceſſion durch die Stadt in den Arno verſenkt.
Solche und ähnliche Züge ſind weſentlich populär und können im X. Jahrhundert ſo gut vorgekommen ſein als im XVI. Nun miſcht ſich aber auch hier das literariſche Alterthum ein. Von den Humaniſten wird ausdrücklich verſichert, daß ſie den Prodigien und Augurien ganz be-Aberglaube der Humaniſten. ſonders zugänglich geweſen und Beiſpiele davon (S. 506) wurden bereits erwähnt. Wenn es aber irgend eines Be- leges bedürfte, ſo würde ihn ſchon der eine Poggio gewähren. Derſelbe radicale Denker, welcher den Adel und die Un- gleichheit der Menſchen negirt (S. 357), glaubt nicht nur an allen mittelalterlichen Geiſter- und Teufelsſpuk (fol. 167, 179), ſondern auch an Prodigien antiker Art, z. B. an diejenigen, welche beim letzten Beſuch Eugen's IV. in Flo- renz berichtet wurden 2). „Da ſah man in der Nähe von Como des Abends 4000 Hunde, die den Weg nach Deutſch- land nahmen; auf dieſe folgte eine große Schaar Rinder, dann ein Heer von Bewaffneten zu Fuß und zu Roß, theils ohne Kopf, theils mit kaum ſichtbaren Köpfen, zuletzt ein rieſiger Reiter, dem wieder eine Heerde von Rindern nachzog.“ Auch an eine Schlacht von Elſtern und Dohlen (fol. 180) glaubt Poggio. Ja er erzählt, vielleicht ohne
1)Coniurationis Pactianæ commentarius, in den Beilagen zu Ros- coe, Leben des Lorenzo. — Poliziano war ſonſt wenigſtens Gegner der Aſtrologie.
2)Poggii facetiæ, fol. 174. — Aen. Sylvius: De Europa c. 53. 54 (Opera, p. 451. 455) erzählt wenigſtens wirklich geſchehene Prodigien, z. B. Thierſchlachten, Wolkenerſcheinungen ꝛc. und giebt ſie ſchon weſentlich als Curioſitäten, wenn er auch die betreffenden Schickſale daneben nennt.
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genwolken und die Sonne erglänzte — „ſo günſtig war
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verſcharrt, des folgenden Tages aber wiederum ausgegraben
und nach einer entſetzlichen Proceſſion durch die Stadt in
den Arno verſenkt.
6. Abſchnitt.
Solche und ähnliche Züge ſind weſentlich populär und
können im X. Jahrhundert ſo gut vorgekommen ſein als
im XVI. Nun miſcht ſich aber auch hier das literariſche
Alterthum ein. Von den Humaniſten wird ausdrücklich
verſichert, daß ſie den Prodigien und Augurien ganz be-
ſonders zugänglich geweſen und Beiſpiele davon (S. 506)
wurden bereits erwähnt. Wenn es aber irgend eines Be-
leges bedürfte, ſo würde ihn ſchon der eine Poggio gewähren.
Derſelbe radicale Denker, welcher den Adel und die Un-
gleichheit der Menſchen negirt (S. 357), glaubt nicht nur
an allen mittelalterlichen Geiſter- und Teufelsſpuk (fol. 167,
179), ſondern auch an Prodigien antiker Art, z. B. an
diejenigen, welche beim letzten Beſuch Eugen's IV. in Flo-
renz berichtet wurden 2). „Da ſah man in der Nähe von
Como des Abends 4000 Hunde, die den Weg nach Deutſch-
land nahmen; auf dieſe folgte eine große Schaar Rinder,
dann ein Heer von Bewaffneten zu Fuß und zu Roß,
theils ohne Kopf, theils mit kaum ſichtbaren Köpfen, zuletzt
ein rieſiger Reiter, dem wieder eine Heerde von Rindern
nachzog.“ Auch an eine Schlacht von Elſtern und Dohlen
(fol. 180) glaubt Poggio. Ja er erzählt, vielleicht ohne
Aberglaube der
Humaniſten.
1) Coniurationis Pactianæ commentarius, in den Beilagen zu Ros-
coe, Leben des Lorenzo. — Poliziano war ſonſt wenigſtens Gegner
der Aſtrologie.
2) Poggii facetiæ, fol. 174. — Aen. Sylvius: De Europa c. 53.
54 (Opera, p. 451. 455) erzählt wenigſtens wirklich geſchehene
Prodigien, z. B. Thierſchlachten, Wolkenerſcheinungen ꝛc. und giebt
ſie ſchon weſentlich als Curioſitäten, wenn er auch die betreffenden
Schickſale daneben nennt.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/537>, abgerufen am 24.11.2024.
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