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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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6. Abschnitt.sie für aufrichtig halten, da es durch Vertheidigung der
Astrologie leichter gewesen wäre sich bei den Mächtigen zu
empfehlen als durch Anfeindung derselben.

In der Umgebung des Lorenzo magnifico, unter seinen
namhaftesten Platonikern, herrschte hierüber Zwiespalt.
Marsilio Ficino vertheidigte die Astrologie und stellte den
Kindern vom Hause das Horoscop, wie er denn auch dem
kleinen Giovanni geweissagt haben soll, er würde ein Papst
Pico's Wioer-
legung.
-- Leo X. -- werden 1). Dagegen macht Pico della Mi-
randola wahrhaft Epoche in dieser Frage durch seine be-
rühmte Widerlegung 2). Er weist im Sternglauben eine
Wurzel aller Gottlosigkeit und Unsittlichkeit nach; wenn der
Astrologe an irgend Etwas glauben wolle, so müsse er am
ehesten die Planeten als Götter verehren, indem ja von
ihnen alles Glück und Unheil hergeleitet werde; auch aller
übrige Aberglaube finde hier ein bereitwilliges Organ, in-
dem Geomantie, Chiromantie und Zauber jeder Art für
die Wahl der Stunde sich zunächst an die Astrologie wen-
deten. In Betreff der Sitten sagt er: eine größere För-
derung für das Böse gebe es gar nicht als wenn der Himmel
selbst als Urheber desselben erscheine, dann müsse auch der
Glaube an ewige Seligkeit und Verdammniß völlig schwin-
den. Pico hat sich sogar die Mühe genommen, auf em-
pirischem Wege die Astrologen zu controliren; von ihren
Wetterprophezeiungen für die Tage eines Monats fand er
drei Viertheile falsch. Die Hauptsache aber war, daß er
(im IV. Buche) eine positive christliche Theorie über Welt-
regierung und Willensfreiheit vortrug, welche auf die Ge-
bildeten der ganzen Nation einen größern Eindruck gemacht

weil sie die damaligen Meinungen über die neun bekannten, und
hier mit Namen genannten Cometen enthält. -- Vgl. Gio. Vil-
lani, XI,
67.
1) Paul. Jov. vita Leonis X. L. III, wo dann bei Leo selbst wenig-
stens ein Glaube an Vorbedeutungen etc. zum Vorschein kommt.
2) Jo. Pici Mirand. adversus astrologos libri XII.

6. Abſchnitt.ſie für aufrichtig halten, da es durch Vertheidigung der
Aſtrologie leichter geweſen wäre ſich bei den Mächtigen zu
empfehlen als durch Anfeindung derſelben.

In der Umgebung des Lorenzo magnifico, unter ſeinen
namhafteſten Platonikern, herrſchte hierüber Zwieſpalt.
Marſilio Ficino vertheidigte die Aſtrologie und ſtellte den
Kindern vom Hauſe das Horoscop, wie er denn auch dem
kleinen Giovanni geweiſſagt haben ſoll, er würde ein Papſt
Pico's Wioer-
legung.
— Leo X. — werden 1). Dagegen macht Pico della Mi-
randola wahrhaft Epoche in dieſer Frage durch ſeine be-
rühmte Widerlegung 2). Er weist im Sternglauben eine
Wurzel aller Gottloſigkeit und Unſittlichkeit nach; wenn der
Aſtrologe an irgend Etwas glauben wolle, ſo müſſe er am
eheſten die Planeten als Götter verehren, indem ja von
ihnen alles Glück und Unheil hergeleitet werde; auch aller
übrige Aberglaube finde hier ein bereitwilliges Organ, in-
dem Geomantie, Chiromantie und Zauber jeder Art für
die Wahl der Stunde ſich zunächſt an die Aſtrologie wen-
deten. In Betreff der Sitten ſagt er: eine größere För-
derung für das Böſe gebe es gar nicht als wenn der Himmel
ſelbſt als Urheber deſſelben erſcheine, dann müſſe auch der
Glaube an ewige Seligkeit und Verdammniß völlig ſchwin-
den. Pico hat ſich ſogar die Mühe genommen, auf em-
piriſchem Wege die Aſtrologen zu controliren; von ihren
Wetterprophezeiungen für die Tage eines Monats fand er
drei Viertheile falſch. Die Hauptſache aber war, daß er
(im IV. Buche) eine poſitive chriſtliche Theorie über Welt-
regierung und Willensfreiheit vortrug, welche auf die Ge-
bildeten der ganzen Nation einen größern Eindruck gemacht

weil ſie die damaligen Meinungen über die neun bekannten, und
hier mit Namen genannten Cometen enthält. — Vgl. Gio. Vil-
lani, XI,
67.
1) Paul. Jov. vita Leonis X. L. III, wo dann bei Leo ſelbſt wenig-
ſtens ein Glaube an Vorbedeutungen ꝛc. zum Vorſchein kommt.
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[522/0532] ſie für aufrichtig halten, da es durch Vertheidigung der Aſtrologie leichter geweſen wäre ſich bei den Mächtigen zu empfehlen als durch Anfeindung derſelben. 6. Abſchnitt. In der Umgebung des Lorenzo magnifico, unter ſeinen namhafteſten Platonikern, herrſchte hierüber Zwieſpalt. Marſilio Ficino vertheidigte die Aſtrologie und ſtellte den Kindern vom Hauſe das Horoscop, wie er denn auch dem kleinen Giovanni geweiſſagt haben ſoll, er würde ein Papſt — Leo X. — werden 1). Dagegen macht Pico della Mi- randola wahrhaft Epoche in dieſer Frage durch ſeine be- rühmte Widerlegung 2). Er weist im Sternglauben eine Wurzel aller Gottloſigkeit und Unſittlichkeit nach; wenn der Aſtrologe an irgend Etwas glauben wolle, ſo müſſe er am eheſten die Planeten als Götter verehren, indem ja von ihnen alles Glück und Unheil hergeleitet werde; auch aller übrige Aberglaube finde hier ein bereitwilliges Organ, in- dem Geomantie, Chiromantie und Zauber jeder Art für die Wahl der Stunde ſich zunächſt an die Aſtrologie wen- deten. In Betreff der Sitten ſagt er: eine größere För- derung für das Böſe gebe es gar nicht als wenn der Himmel ſelbſt als Urheber deſſelben erſcheine, dann müſſe auch der Glaube an ewige Seligkeit und Verdammniß völlig ſchwin- den. Pico hat ſich ſogar die Mühe genommen, auf em- piriſchem Wege die Aſtrologen zu controliren; von ihren Wetterprophezeiungen für die Tage eines Monats fand er drei Viertheile falſch. Die Hauptſache aber war, daß er (im IV. Buche) eine poſitive chriſtliche Theorie über Welt- regierung und Willensfreiheit vortrug, welche auf die Ge- bildeten der ganzen Nation einen größern Eindruck gemacht 5) Pico's Wioer- legung. 1) Paul. Jov. vita Leonis X. L. III, wo dann bei Leo ſelbſt wenig- ſtens ein Glaube an Vorbedeutungen ꝛc. zum Vorſchein kommt. 2) Jo. Pici Mirand. adversus astrologos libri XII. 5) weil ſie die damaligen Meinungen über die neun bekannten, und hier mit Namen genannten Cometen enthält. — Vgl. Gio. Vil- lani, XI, 67.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/532>, abgerufen am 24.11.2024.