Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.6. Abschnitt.übliches keine Gewissensbisse rege machte 1). Wie sehr in Der bezahlte 1) Poggio, Facetiae, fol. 164. Wer das heutige Neapel kennt, hat vielleicht eine ähnliche Farce aus einem andern Lebensgebiet erzählen hören. 2) Jovian. Pontani Antonius: nec est quod Neapoli quam ho- minis vita minoris vendatur. Freilich meint er, das sei unter den Anjou noch nicht so gewesen; sicam ab iis -- den Aragonesen -- accepimus. Den Zustand um 1534 bezeugt Benv. Cellini I, 70. 3) Einen eigentlichen Nachweis wird Niemand hierüber leisten können,
allein es wird wenig Merd erwähnt und die Phantasie der flerentin. Schriftsteller der guten Zeit ist nicht mit Verdacht dieser Art erfüllt. 6. Abſchnitt.übliches keine Gewiſſensbiſſe rege machte 1). Wie ſehr in Der bezahlte 1) Poggio, Facetiæ, fol. 164. Wer das heutige Neapel kennt, hat vielleicht eine ähnliche Farce aus einem andern Lebensgebiet erzählen hören. 2) Jovian. Pontani Antonius: nec est quod Neapoli quam ho- minis vita minoris vendatur. Freilich meint er, das ſei unter den Anjou noch nicht ſo geweſen; sicam ab iis — den Aragoneſen — accepimus. Den Zuſtand um 1534 bezeugt Benv. Cellini I, 70. 3) Einen eigentlichen Nachweis wird Niemand hierüber leiſten können,
allein es wird wenig Merd erwähnt und die Phantaſie der flerentin. Schriftſteller der guten Zeit iſt nicht mit Verdacht dieſer Art erfüllt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0460" n="450"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">6. Abſchnitt.</hi></hi></note>übliches keine Gewiſſensbiſſe rege machte <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Poggio, Facetiæ, fol.</hi> 164. Wer das heutige Neapel kennt, hat<lb/> vielleicht eine ähnliche Farce aus einem andern Lebensgebiet erzählen<lb/> hören.</note>. Wie ſehr in<lb/> Zeiten politiſcher Unruhen die Bauern auch anderswo ver-<lb/> wildern konnten, iſt bereits (S. 351) angedeutet worden.</p><lb/> <p><note place="left">Der bezahlte<lb/> Mord.</note>Ein ſchlimmeres Zeichen der damaligen Sitte als die<lb/> Räuberei iſt die Häufigkeit der bezahlten, durch dritte Hand<lb/> geübten Verbrechen. Darin ging zugeſtandener Maßen<lb/> Neapel allen andern Städten voran. „Hier iſt gar nichts<lb/> billiger zu kaufen als ein Menſchenleben“, ſagt Pontano <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Jovian. Pontani Antonius: nec est quod Neapoli quam ho-<lb/> minis vita minoris vendatur.</hi> Freilich meint er, das ſei unter<lb/> den Anjou noch nicht ſo geweſen; <hi rendition="#aq">sicam ab iis</hi> — den Aragoneſen<lb/> — <hi rendition="#aq">accepimus</hi>. Den Zuſtand um 1534 bezeugt Benv. Cellini <hi rendition="#aq">I,</hi> 70.</note>.<lb/> Aber auch andere Gegenden weiſen eine furchtbare Reihe<lb/> von Miſſethaten dieſer Art auf. Man kann dieſelben na-<lb/> türlich nur ſchwer nach den Motiven ſondern, indem poli-<lb/> tiſche Zweckmäßigkeit, Parteihaß, perſönliche Feindſchaft,<lb/> Rache und Furcht durcheinander wirkten. Es macht den<lb/> Florentinern die größte Ehre, daß damals bei ihnen, dem<lb/> höchſtentwickelten Volke von Italien, dergleichen am we-<lb/> nigſten vorkömmt <note place="foot" n="3)">Einen eigentlichen Nachweis wird Niemand hierüber leiſten können,<lb/> allein es wird wenig Merd erwähnt und die Phantaſie der flerentin.<lb/> Schriftſteller der guten Zeit iſt nicht mit Verdacht dieſer Art erfüllt.</note>, vielleicht weil es für berechtigte Be-<lb/> ſchwerden noch eine Juſtiz gab, die man anerkannte, oder<lb/> weil die höhere Cultur den Menſchen eine andere Anſicht<lb/> verlieh über das verbrecheriſche Eingreifen in das Rad des<lb/> Schickſals; wenn irgendwo ſo erwog man in Florenz wie<lb/> eine Blutſchuld unberechenbar weiter wirkt und wie wenig<lb/> der Anſtifter auch bei einem ſogenannten nützlichen Ver-<lb/> brechen eines überwiegenden und dauernden Vortheils ſicher<lb/> iſt. Nach dem Untergang der florentiniſchen Freiheit ſcheint<lb/> der Meuchelmord, hauptſächlich der gedungene, raſch zuge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [450/0460]
übliches keine Gewiſſensbiſſe rege machte 1). Wie ſehr in
Zeiten politiſcher Unruhen die Bauern auch anderswo ver-
wildern konnten, iſt bereits (S. 351) angedeutet worden.
6. Abſchnitt.
Ein ſchlimmeres Zeichen der damaligen Sitte als die
Räuberei iſt die Häufigkeit der bezahlten, durch dritte Hand
geübten Verbrechen. Darin ging zugeſtandener Maßen
Neapel allen andern Städten voran. „Hier iſt gar nichts
billiger zu kaufen als ein Menſchenleben“, ſagt Pontano 2).
Aber auch andere Gegenden weiſen eine furchtbare Reihe
von Miſſethaten dieſer Art auf. Man kann dieſelben na-
türlich nur ſchwer nach den Motiven ſondern, indem poli-
tiſche Zweckmäßigkeit, Parteihaß, perſönliche Feindſchaft,
Rache und Furcht durcheinander wirkten. Es macht den
Florentinern die größte Ehre, daß damals bei ihnen, dem
höchſtentwickelten Volke von Italien, dergleichen am we-
nigſten vorkömmt 3), vielleicht weil es für berechtigte Be-
ſchwerden noch eine Juſtiz gab, die man anerkannte, oder
weil die höhere Cultur den Menſchen eine andere Anſicht
verlieh über das verbrecheriſche Eingreifen in das Rad des
Schickſals; wenn irgendwo ſo erwog man in Florenz wie
eine Blutſchuld unberechenbar weiter wirkt und wie wenig
der Anſtifter auch bei einem ſogenannten nützlichen Ver-
brechen eines überwiegenden und dauernden Vortheils ſicher
iſt. Nach dem Untergang der florentiniſchen Freiheit ſcheint
der Meuchelmord, hauptſächlich der gedungene, raſch zuge-
Der bezahlte
Mord.
1) Poggio, Facetiæ, fol. 164. Wer das heutige Neapel kennt, hat
vielleicht eine ähnliche Farce aus einem andern Lebensgebiet erzählen
hören.
2) Jovian. Pontani Antonius: nec est quod Neapoli quam ho-
minis vita minoris vendatur. Freilich meint er, das ſei unter
den Anjou noch nicht ſo geweſen; sicam ab iis — den Aragoneſen
— accepimus. Den Zuſtand um 1534 bezeugt Benv. Cellini I, 70.
3) Einen eigentlichen Nachweis wird Niemand hierüber leiſten können,
allein es wird wenig Merd erwähnt und die Phantaſie der flerentin.
Schriftſteller der guten Zeit iſt nicht mit Verdacht dieſer Art erfüllt.
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