1. Abschnitt.medanischen Weise gesorgt, die Friedrich II. angewandt hatte: mit Korn und Oel handelte nur die Regierung; den Handel überhaupt hatte Ferrante in den Händen eines Ober- und Großkaufmanns, Francesco Coppola, centralisirt, welcher mit ihm den Nutzen theilte und alle Rheder in seinen Dienst nahm; Zwangsanleihen, Hinrichtungen und Confiscationen, grelle Simonie und Brandschatzung der geistlichen Corporationen beschufen das Uebrige. Nun über- ließ sich Ferrante außer der Jagd, die er rücksichtslos übte, zweierlei Vergnügungen: seine Gegner entweder lebend in wohlverwahrten Kerkern oder todt und einbalsamirt, in der Tracht die sie bei Lebzeiten trugen, 1) in seiner Nähe zu haben. Er kicherte, wenn er mit seinen Vertrauten von den Gefangenen sprach; aus der Mumiencollection wurde nicht einmal ein Geheimniß gemacht. Seine Opfer waren fast lauter Männer, deren er sich durch Verrath, ja an seiner königlichen Tafel bemächtigt. Völlig infernal war das Verfahren gegen den in Dienst grau und krank gewor- denen Premierminister Antonello Petrucci, von dessen wach- sender Todesangst Ferrante immerfort Geschenke annahm, bis endlich ein Anschein von Theilnahme an der letzten Baronenverschwörung den Vorwand gab zu seiner Verhaf- tung und Hinrichtung, zugleich mit Coppola. Die Art wie dieß Alles bei Caracciolo und Porzio dargestellt ist, Alfonso von Calabrien.macht die Haare sträuben. -- Von den Söhnen des Königs genoß der ältere, Alfonso Herzog von Calabrien, in den spätern Zeiten eine Art Mitregierung; ein wilder, grau- samer Wüstling, der vor dem Vater die größere Offenheit voraus hatte, und sich auch nicht scheute, seine Verachtung gegen die Religion und ihre Bräuche an den Tag zu legen. Die bessern, lebendigen Züge des damaligen Tyrannenthums muß man bei diesen Fürsten nicht suchen; was sie von der
1)Paul. Jovius, Histor. I, p. 14, in der Rede eines mailändischen Gesandten; Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 294.
1. Abſchnitt.medaniſchen Weiſe geſorgt, die Friedrich II. angewandt hatte: mit Korn und Oel handelte nur die Regierung; den Handel überhaupt hatte Ferrante in den Händen eines Ober- und Großkaufmanns, Francesco Coppola, centraliſirt, welcher mit ihm den Nutzen theilte und alle Rheder in ſeinen Dienſt nahm; Zwangsanleihen, Hinrichtungen und Confiscationen, grelle Simonie und Brandſchatzung der geiſtlichen Corporationen beſchufen das Uebrige. Nun über- ließ ſich Ferrante außer der Jagd, die er rückſichtslos übte, zweierlei Vergnügungen: ſeine Gegner entweder lebend in wohlverwahrten Kerkern oder todt und einbalſamirt, in der Tracht die ſie bei Lebzeiten trugen, 1) in ſeiner Nähe zu haben. Er kicherte, wenn er mit ſeinen Vertrauten von den Gefangenen ſprach; aus der Mumiencollection wurde nicht einmal ein Geheimniß gemacht. Seine Opfer waren faſt lauter Männer, deren er ſich durch Verrath, ja an ſeiner königlichen Tafel bemächtigt. Völlig infernal war das Verfahren gegen den in Dienſt grau und krank gewor- denen Premierminiſter Antonello Petrucci, von deſſen wach- ſender Todesangſt Ferrante immerfort Geſchenke annahm, bis endlich ein Anſchein von Theilnahme an der letzten Baronenverſchwörung den Vorwand gab zu ſeiner Verhaf- tung und Hinrichtung, zugleich mit Coppola. Die Art wie dieß Alles bei Caracciolo und Porzio dargeſtellt iſt, Alfonſo von Calabrien.macht die Haare ſträuben. — Von den Söhnen des Königs genoß der ältere, Alfonſo Herzog von Calabrien, in den ſpätern Zeiten eine Art Mitregierung; ein wilder, grau- ſamer Wüſtling, der vor dem Vater die größere Offenheit voraus hatte, und ſich auch nicht ſcheute, ſeine Verachtung gegen die Religion und ihre Bräuche an den Tag zu legen. Die beſſern, lebendigen Züge des damaligen Tyrannenthums muß man bei dieſen Fürſten nicht ſuchen; was ſie von der
1)Paul. Jovius, Histor. I, p. 14, in der Rede eines mailändiſchen Geſandten; Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 294.
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medaniſchen Weiſe geſorgt, die Friedrich II. angewandt
hatte: mit Korn und Oel handelte nur die Regierung; den
Handel überhaupt hatte Ferrante in den Händen eines
Ober- und Großkaufmanns, Francesco Coppola, centraliſirt,
welcher mit ihm den Nutzen theilte und alle Rheder in
ſeinen Dienſt nahm; Zwangsanleihen, Hinrichtungen und
Confiscationen, grelle Simonie und Brandſchatzung der
geiſtlichen Corporationen beſchufen das Uebrige. Nun über-
ließ ſich Ferrante außer der Jagd, die er rückſichtslos übte,
zweierlei Vergnügungen: ſeine Gegner entweder lebend in
wohlverwahrten Kerkern oder todt und einbalſamirt, in der
Tracht die ſie bei Lebzeiten trugen, 1) in ſeiner Nähe zu
haben. Er kicherte, wenn er mit ſeinen Vertrauten von
den Gefangenen ſprach; aus der Mumiencollection wurde
nicht einmal ein Geheimniß gemacht. Seine Opfer waren
faſt lauter Männer, deren er ſich durch Verrath, ja an
ſeiner königlichen Tafel bemächtigt. Völlig infernal war
das Verfahren gegen den in Dienſt grau und krank gewor-
denen Premierminiſter Antonello Petrucci, von deſſen wach-
ſender Todesangſt Ferrante immerfort Geſchenke annahm,
bis endlich ein Anſchein von Theilnahme an der letzten
Baronenverſchwörung den Vorwand gab zu ſeiner Verhaf-
tung und Hinrichtung, zugleich mit Coppola. Die Art
wie dieß Alles bei Caracciolo und Porzio dargeſtellt iſt,
macht die Haare ſträuben. — Von den Söhnen des Königs
genoß der ältere, Alfonſo Herzog von Calabrien, in den
ſpätern Zeiten eine Art Mitregierung; ein wilder, grau-
ſamer Wüſtling, der vor dem Vater die größere Offenheit
voraus hatte, und ſich auch nicht ſcheute, ſeine Verachtung
gegen die Religion und ihre Bräuche an den Tag zu legen.
Die beſſern, lebendigen Züge des damaligen Tyrannenthums
muß man bei dieſen Fürſten nicht ſuchen; was ſie von der
1. Abſchnitt.
Alfonſo von
Calabrien.
1) Paul. Jovius, Histor. I, p. 14, in der Rede eines mailändiſchen
Geſandten; Diario Ferrarese, bei Murat. XXIV, Col. 294.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/46>, abgerufen am 23.11.2024.
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