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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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durch eine bestimmte Art von Aufzügen, welche auch in der5. Abschnitt.
Literatur ihr Denkmal hinterlassen hat 1). Zwischen einem
Schwarme von Masken zu Fuß und zu Roß erscheint ein
gewaltiger Wagen in irgend einer Phantasieform, und auf
diesem entweder eine herrschende allegorische Gestalt oder
Gruppe sammt den ihr zukommenden Gefährten, z. B. die
Eifersucht mit vier bebrillten Gesichtern an Einem Kopfe,
die vier Temperamente (S. 304) mit den ihnen zukommen-
den Planeten, die drei Parzen, die Klugheit thronend über
Hoffnung und Furcht, die gefesselt vor ihr liegen, die vier
Elemente, Lebensalter, Winde, Jahreszeiten u. s. w.; auch
der berühmte Wagen des Todes mit den Särgen, die sich
dann öffneten. Oder es fuhr einher eine prächtige mytho-
logische Scene, Bacchus und Ariadne, Paris und Helena etc.
Oder endlich ein Chor von Leuten, welche zusammen einen
Stand, eine Kategorie ausmachten, z. B. die Bettler, die
Jäger mit Nymphen, die armen Seelen, welche im Leben
unbarmherzige Weiber gewesen, die Eremiten, die Land-
streicher, die Astrologen, die Teufel, die Verkäufer bestimm-
ter Waaren, ja sogar einmal il popolo, die Leute als
solche, die sich dann in ihrem Gesang als schlechte Sorte
überhaupt anklagen müssen. Die Gesänge nämlich, welche
gesammelt und erhalten sind, geben bald in pathetischer,
bald in launiger, bald in höchst unzüchtiger Weise die Er-
klärung des Zuges. Auch dem Lorenzo magnifico werden
einige der schlimmsten zugeschrieben, wahrscheinlich weil sich
der wahre Autor nicht zu nennen wagte, gewiß aber ist
von ihm der sehr schöne Gesang zur Scene mit Bacchus
und Ariadne, dessen Refrain aus dem XV. Jahrhundert

1) Tutti i trionfi, carri, mascherate, o canti carnascialeschi,
Cosmopoli 1750. -- Macchiavelli, opere minori, p. 505. --
Vasari, VII, p. 115, s., vita di Piero di Cosimo,
welchem letz-
tern ein Hauptantheil an der Ausbildung dieser Züge zugeschrieben
wird.

durch eine beſtimmte Art von Aufzügen, welche auch in der5. Abſchnitt.
Literatur ihr Denkmal hinterlaſſen hat 1). Zwiſchen einem
Schwarme von Masken zu Fuß und zu Roß erſcheint ein
gewaltiger Wagen in irgend einer Phantaſieform, und auf
dieſem entweder eine herrſchende allegoriſche Geſtalt oder
Gruppe ſammt den ihr zukommenden Gefährten, z. B. die
Eiferſucht mit vier bebrillten Geſichtern an Einem Kopfe,
die vier Temperamente (S. 304) mit den ihnen zukommen-
den Planeten, die drei Parzen, die Klugheit thronend über
Hoffnung und Furcht, die gefeſſelt vor ihr liegen, die vier
Elemente, Lebensalter, Winde, Jahreszeiten u. ſ. w.; auch
der berühmte Wagen des Todes mit den Särgen, die ſich
dann öffneten. Oder es fuhr einher eine prächtige mytho-
logiſche Scene, Bacchus und Ariadne, Paris und Helena ꝛc.
Oder endlich ein Chor von Leuten, welche zuſammen einen
Stand, eine Kategorie ausmachten, z. B. die Bettler, die
Jäger mit Nymphen, die armen Seelen, welche im Leben
unbarmherzige Weiber geweſen, die Eremiten, die Land-
ſtreicher, die Aſtrologen, die Teufel, die Verkäufer beſtimm-
ter Waaren, ja ſogar einmal il popolo, die Leute als
ſolche, die ſich dann in ihrem Geſang als ſchlechte Sorte
überhaupt anklagen müſſen. Die Geſänge nämlich, welche
geſammelt und erhalten ſind, geben bald in pathetiſcher,
bald in launiger, bald in höchſt unzüchtiger Weiſe die Er-
klärung des Zuges. Auch dem Lorenzo magnifico werden
einige der ſchlimmſten zugeſchrieben, wahrſcheinlich weil ſich
der wahre Autor nicht zu nennen wagte, gewiß aber iſt
von ihm der ſehr ſchöne Geſang zur Scene mit Bacchus
und Ariadne, deſſen Refrain aus dem XV. Jahrhundert

1) Tutti i trionfi, carri, mascherate, o canti carnascialeschi,
Cosmopoli 1750. — Macchiavelli, opere minori, p. 505. —
Vasari, VII, p. 115, s., vita di Piero di Cosimo,
welchem letz-
tern ein Hauptantheil an der Ausbildung dieſer Züge zugeſchrieben
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[425/0435] durch eine beſtimmte Art von Aufzügen, welche auch in der Literatur ihr Denkmal hinterlaſſen hat 1). Zwiſchen einem Schwarme von Masken zu Fuß und zu Roß erſcheint ein gewaltiger Wagen in irgend einer Phantaſieform, und auf dieſem entweder eine herrſchende allegoriſche Geſtalt oder Gruppe ſammt den ihr zukommenden Gefährten, z. B. die Eiferſucht mit vier bebrillten Geſichtern an Einem Kopfe, die vier Temperamente (S. 304) mit den ihnen zukommen- den Planeten, die drei Parzen, die Klugheit thronend über Hoffnung und Furcht, die gefeſſelt vor ihr liegen, die vier Elemente, Lebensalter, Winde, Jahreszeiten u. ſ. w.; auch der berühmte Wagen des Todes mit den Särgen, die ſich dann öffneten. Oder es fuhr einher eine prächtige mytho- logiſche Scene, Bacchus und Ariadne, Paris und Helena ꝛc. Oder endlich ein Chor von Leuten, welche zuſammen einen Stand, eine Kategorie ausmachten, z. B. die Bettler, die Jäger mit Nymphen, die armen Seelen, welche im Leben unbarmherzige Weiber geweſen, die Eremiten, die Land- ſtreicher, die Aſtrologen, die Teufel, die Verkäufer beſtimm- ter Waaren, ja ſogar einmal il popolo, die Leute als ſolche, die ſich dann in ihrem Geſang als ſchlechte Sorte überhaupt anklagen müſſen. Die Geſänge nämlich, welche geſammelt und erhalten ſind, geben bald in pathetiſcher, bald in launiger, bald in höchſt unzüchtiger Weiſe die Er- klärung des Zuges. Auch dem Lorenzo magnifico werden einige der ſchlimmſten zugeſchrieben, wahrſcheinlich weil ſich der wahre Autor nicht zu nennen wagte, gewiß aber iſt von ihm der ſehr ſchöne Geſang zur Scene mit Bacchus und Ariadne, deſſen Refrain aus dem XV. Jahrhundert 5. Abſchnitt. 1) Tutti i trionfi, carri, mascherate, o canti carnascialeschi, Cosmopoli 1750. — Macchiavelli, opere minori, p. 505. — Vasari, VII, p. 115, s., vita di Piero di Cosimo, welchem letz- tern ein Hauptantheil an der Ausbildung dieſer Züge zugeſchrieben wird.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/435>, abgerufen am 25.11.2024.