auf einem Triumphwagen vor, über ihm die leuchtende5. Abschnitt. Kugel der Dreifaltigkeit, in seiner Linken das Kreuz, in seiner Rechten die beiden Testamente; tiefer hinab die Jung- frau Maria; vor dem Wagen Patriarchen, Propheten, Apostel und Prediger; zu beiden Seiten die Märtyrer und die Doctoren mit den aufgeschlagenen Büchern; hinter ihm alles Volk der Bekehrten; in weiterer Entfernung die un- zähligen Haufen der Feinde, Kaiser, Mächtige, Philosophen, Ketzer, alle besiegt, ihre Götzenbilder zerstört, ihre Bücher verbrannt. (Eine als Holzschnitt bekannte große Compo- sition Tizian's kommt dieser Schilderung ziemlich nahe.) Von Sabellico's (S. 63, f.) dreizehn Elegien auf die Mutter Gottes enthalten die neunte und die zehnte einen umständ- lichen Triumphzug derselben, reich mit Allegorien ausge- stattet, und hauptsächlich interessant durch denselben anti- visionären, räumlich wirklichen Character, den die realistische Malerei des XV. Jahrhunderts solchen Scenen mittheilt.
Weit häufiger aber als diese geistlichen Trionfi warenDer weltliche Trionfo. jedenfalls die weltlichen, nach dem unmittelbaren Vorbild eines römischen Imperatorenzuges, wie man es aus antiken Reliefs kannte und aus den Schriftstellern ergänzte. Die Geschichtsanschauung der damaligen Italiener, womit dieß zu- sammenhing, ist oben (S. 142, 175, f.) geschildert worden.
Zunächst gab es hie und da wirkliche Einzüge siegreicher Eroberer, welche man möglichst jenem Vorbilde zu nähern suchte, auch gegen den Geschmack des Triumphators selbst. Francesco Sforza hatte (1450) die Kraft, bei seinem Ein- zug in Mailand den bereit gehaltenen Triumphwagen aus- zuschlagen, indem dergleichen ein Aberglaube der KönigeAlfonso's Ein- zug in Neapel. sei 1). Alfonso der Große, bei seinem Einzug 2) in Neapel
1)Corio, fol. 401: dicendo, tali cose essere superstitioni de' Re. -- Vgl. Cagnola, Arch. stor. III, p. 127.
2) S. oben S. 221. -- Vgl. S. 9, Anm. -- Triumphus Alphonsi, als Beilage zu den Dicta et Facta, von Panormita. -- Eine
Cultur der Renaissance. 27
auf einem Triumphwagen vor, über ihm die leuchtende5. Abſchnitt. Kugel der Dreifaltigkeit, in ſeiner Linken das Kreuz, in ſeiner Rechten die beiden Teſtamente; tiefer hinab die Jung- frau Maria; vor dem Wagen Patriarchen, Propheten, Apoſtel und Prediger; zu beiden Seiten die Märtyrer und die Doctoren mit den aufgeſchlagenen Büchern; hinter ihm alles Volk der Bekehrten; in weiterer Entfernung die un- zähligen Haufen der Feinde, Kaiſer, Mächtige, Philoſophen, Ketzer, alle beſiegt, ihre Götzenbilder zerſtört, ihre Bücher verbrannt. (Eine als Holzſchnitt bekannte große Compo- ſition Tizian's kommt dieſer Schilderung ziemlich nahe.) Von Sabellico's (S. 63, f.) dreizehn Elegien auf die Mutter Gottes enthalten die neunte und die zehnte einen umſtänd- lichen Triumphzug derſelben, reich mit Allegorien ausge- ſtattet, und hauptſächlich intereſſant durch denſelben anti- viſionären, räumlich wirklichen Character, den die realiſtiſche Malerei des XV. Jahrhunderts ſolchen Scenen mittheilt.
Weit häufiger aber als dieſe geiſtlichen Trionfi warenDer weltliche Trionfo. jedenfalls die weltlichen, nach dem unmittelbaren Vorbild eines römiſchen Imperatorenzuges, wie man es aus antiken Reliefs kannte und aus den Schriftſtellern ergänzte. Die Geſchichtsanſchauung der damaligen Italiener, womit dieß zu- ſammenhing, iſt oben (S. 142, 175, f.) geſchildert worden.
Zunächſt gab es hie und da wirkliche Einzüge ſiegreicher Eroberer, welche man möglichſt jenem Vorbilde zu nähern ſuchte, auch gegen den Geſchmack des Triumphators ſelbſt. Francesco Sforza hatte (1450) die Kraft, bei ſeinem Ein- zug in Mailand den bereit gehaltenen Triumphwagen aus- zuſchlagen, indem dergleichen ein Aberglaube der KönigeAlfonſo's Ein- zug in Neapel. ſei 1). Alfonſo der Große, bei ſeinem Einzug 2) in Neapel
1)Corio, fol. 401: dicendo, tali cose essere superstitioni de' Re. — Vgl. Cagnola, Arch. stor. III, p. 127.
2) S. oben S. 221. — Vgl. S. 9, Anm. — Triumphus Alphonsi, als Beilage zu den Dicta et Facta, von Panormita. — Eine
Cultur der Renaiſſance. 27
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ſeiner Rechten die beiden Teſtamente; tiefer hinab die Jung-
frau Maria; vor dem Wagen Patriarchen, Propheten,
Apoſtel und Prediger; zu beiden Seiten die Märtyrer und
die Doctoren mit den aufgeſchlagenen Büchern; hinter ihm
alles Volk der Bekehrten; in weiterer Entfernung die un-
zähligen Haufen der Feinde, Kaiſer, Mächtige, Philoſophen,
Ketzer, alle beſiegt, ihre Götzenbilder zerſtört, ihre Bücher
verbrannt. (Eine als Holzſchnitt bekannte große Compo-
ſition Tizian's kommt dieſer Schilderung ziemlich nahe.)
Von Sabellico's (S. 63, f.) dreizehn Elegien auf die Mutter
Gottes enthalten die neunte und die zehnte einen umſtänd-
lichen Triumphzug derſelben, reich mit Allegorien ausge-
ſtattet, und hauptſächlich intereſſant durch denſelben anti-
viſionären, räumlich wirklichen Character, den die realiſtiſche
Malerei des XV. Jahrhunderts ſolchen Scenen mittheilt.
5. Abſchnitt.
Weit häufiger aber als dieſe geiſtlichen Trionfi waren
jedenfalls die weltlichen, nach dem unmittelbaren Vorbild
eines römiſchen Imperatorenzuges, wie man es aus antiken
Reliefs kannte und aus den Schriftſtellern ergänzte. Die
Geſchichtsanſchauung der damaligen Italiener, womit dieß zu-
ſammenhing, iſt oben (S. 142, 175, f.) geſchildert worden.
Der weltliche
Trionfo.
Zunächſt gab es hie und da wirkliche Einzüge ſiegreicher
Eroberer, welche man möglichſt jenem Vorbilde zu nähern
ſuchte, auch gegen den Geſchmack des Triumphators ſelbſt.
Francesco Sforza hatte (1450) die Kraft, bei ſeinem Ein-
zug in Mailand den bereit gehaltenen Triumphwagen aus-
zuſchlagen, indem dergleichen ein Aberglaube der Könige
ſei 1). Alfonſo der Große, bei ſeinem Einzug 2) in Neapel
Alfonſo's Ein-
zug in Neapel.
1) Corio, fol. 401: dicendo, tali cose essere superstitioni de'
Re. — Vgl. Cagnola, Arch. stor. III, p. 127.
2) S. oben S. 221. — Vgl. S. 9, Anm. — Triumphus Alphonsi,
als Beilage zu den Dicta et Facta, von Panormita. — Eine
Cultur der Renaiſſance. 27
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/427>, abgerufen am 25.11.2024.
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