5. Abschnitt.dessen einzelne Elemente in einem mythologischen und alle- gorischen Zusammenhang standen, soweit ein solcher sich gerne und angenehm errathen ließ. Das Barocke fehlte nicht; riesige Thierfiguren, aus welchen plötzlich Schaaren von Masken herauskamen, wie z. B. bei einem fürstlichen Empfang (1465) zu Siena 1) aus einer goldenen Wölfinn ein ganzes Ballet von zwölf Personen hervorstieg; belebte Tafelaufsätze, wenn auch nicht in der sinnlosen Dimension wie beim Herzog von Burgund (S. 405); das Meiste aber hatte einen künstlerischen und poetischen Zug. Die Ver- mischung des Drama's mit der Pantomime am Hofe von Ferrara wurde bereits bei Anlaß der Poesie (S. 316) ge- schildert. Weltberühmt waren dann die Festlichkeiten, welche Bei Cardinal Riario.Cardinal Pietro Riario 1473 in Rom gab, bei der Durch- reise der zur Braut des Prinzen Ercole von Ferrara be- stimmten Lianora von Aragon 2). Die eigentlichen Dramen sind hier noch lauter Mysterien kirchlichen Inhalts, die Pan- tomimen dagegen mythologisch; man sah Orpheus mit den Thieren, Perseus und Andromeda, Ceres von Drachen, Bacchus und Ariadne von Panthern gezogen, dann die Er- ziehung des Achill; hierauf ein Ballet der berühmten Lie- bespaare der Urzeit und einer Schaar von Nymphen; dieses wurde unterbrochen durch einen Ueberfall räuberischer Cen- tauren, welche dann Hercules besiegte und von dannen jagte. Eine Kleinigkeit, aber für den damaligen Formen- sinn bezeichnend, ist folgende: Wenn bei allen Festen lebende Figuren als Statuen in Nischen, auf und an Pfeilern und Triumphbogen vorkamen und sich dann doch mit Gesang und Declamation als lebend erwiesen, so waren sie dazu durch natürliche Farbe und Gewandung berechtigt; in den
1)Allegretto, bei Murat. XXIII, Col. 772. -- Vgl. außerdem Col. 772, den Empfang Pius II, 1459.
2)Corio, fol. 417, s. -- Infessura, bei Eccard, scriptt. II, Col. 1896. -- Strozii poetae, p. 193, in den Aeolostichen. Vgl. S. 47, 52.
5. Abſchnitt.deſſen einzelne Elemente in einem mythologiſchen und alle- goriſchen Zuſammenhang ſtanden, ſoweit ein ſolcher ſich gerne und angenehm errathen ließ. Das Barocke fehlte nicht; rieſige Thierfiguren, aus welchen plötzlich Schaaren von Masken herauskamen, wie z. B. bei einem fürſtlichen Empfang (1465) zu Siena 1) aus einer goldenen Wölfinn ein ganzes Ballet von zwölf Perſonen hervorſtieg; belebte Tafelaufſätze, wenn auch nicht in der ſinnloſen Dimenſion wie beim Herzog von Burgund (S. 405); das Meiſte aber hatte einen künſtleriſchen und poetiſchen Zug. Die Ver- miſchung des Drama's mit der Pantomime am Hofe von Ferrara wurde bereits bei Anlaß der Poeſie (S. 316) ge- ſchildert. Weltberühmt waren dann die Feſtlichkeiten, welche Bei Cardinal Riario.Cardinal Pietro Riario 1473 in Rom gab, bei der Durch- reiſe der zur Braut des Prinzen Ercole von Ferrara be- ſtimmten Lianora von Aragon 2). Die eigentlichen Dramen ſind hier noch lauter Myſterien kirchlichen Inhalts, die Pan- tomimen dagegen mythologiſch; man ſah Orpheus mit den Thieren, Perſeus und Andromeda, Ceres von Drachen, Bacchus und Ariadne von Panthern gezogen, dann die Er- ziehung des Achill; hierauf ein Ballet der berühmten Lie- bespaare der Urzeit und einer Schaar von Nymphen; dieſes wurde unterbrochen durch einen Ueberfall räuberiſcher Cen- tauren, welche dann Hercules beſiegte und von dannen jagte. Eine Kleinigkeit, aber für den damaligen Formen- ſinn bezeichnend, iſt folgende: Wenn bei allen Feſten lebende Figuren als Statuen in Niſchen, auf und an Pfeilern und Triumphbogen vorkamen und ſich dann doch mit Geſang und Declamation als lebend erwieſen, ſo waren ſie dazu durch natürliche Farbe und Gewandung berechtigt; in den
1)Allegretto, bei Murat. XXIII, Col. 772. — Vgl. außerdem Col. 772, den Empfang Pius II, 1459.
2)Corio, fol. 417, s. — Infessura, bei Eccard, scriptt. II, Col. 1896. — Strozii poetæ, p. 193, in den Aeoloſtichen. Vgl. S. 47, 52.
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[412/0422]
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gerne und angenehm errathen ließ. Das Barocke fehlte
nicht; rieſige Thierfiguren, aus welchen plötzlich Schaaren
von Masken herauskamen, wie z. B. bei einem fürſtlichen
Empfang (1465) zu Siena 1) aus einer goldenen Wölfinn
ein ganzes Ballet von zwölf Perſonen hervorſtieg; belebte
Tafelaufſätze, wenn auch nicht in der ſinnloſen Dimenſion
wie beim Herzog von Burgund (S. 405); das Meiſte aber
hatte einen künſtleriſchen und poetiſchen Zug. Die Ver-
miſchung des Drama's mit der Pantomime am Hofe von
Ferrara wurde bereits bei Anlaß der Poeſie (S. 316) ge-
ſchildert. Weltberühmt waren dann die Feſtlichkeiten, welche
Cardinal Pietro Riario 1473 in Rom gab, bei der Durch-
reiſe der zur Braut des Prinzen Ercole von Ferrara be-
ſtimmten Lianora von Aragon 2). Die eigentlichen Dramen
ſind hier noch lauter Myſterien kirchlichen Inhalts, die Pan-
tomimen dagegen mythologiſch; man ſah Orpheus mit den
Thieren, Perſeus und Andromeda, Ceres von Drachen,
Bacchus und Ariadne von Panthern gezogen, dann die Er-
ziehung des Achill; hierauf ein Ballet der berühmten Lie-
bespaare der Urzeit und einer Schaar von Nymphen; dieſes
wurde unterbrochen durch einen Ueberfall räuberiſcher Cen-
tauren, welche dann Hercules beſiegte und von dannen
jagte. Eine Kleinigkeit, aber für den damaligen Formen-
ſinn bezeichnend, iſt folgende: Wenn bei allen Feſten lebende
Figuren als Statuen in Niſchen, auf und an Pfeilern und
Triumphbogen vorkamen und ſich dann doch mit Geſang
und Declamation als lebend erwieſen, ſo waren ſie dazu
durch natürliche Farbe und Gewandung berechtigt; in den
5. Abſchnitt.
Bei Cardinal
Riario.
1) Allegretto, bei Murat. XXIII, Col. 772. — Vgl. außerdem
Col. 772, den Empfang Pius II, 1459.
2) Corio, fol. 417, s. — Infessura, bei Eccard, scriptt. II, Col. 1896.
— Strozii poetæ, p. 193, in den Aeoloſtichen. Vgl. S. 47, 52.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/422>, abgerufen am 22.11.2024.
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