Dämonen; Brunnen mit Wein und Orchester von Engeln;5. Abschnitt. ein Grab des Herrn mit der ganzen Scene der Auferstehung; endlich auf dem Domplatz das Grab der Maria, welches sich nach dem Hochamt und dem Segen eröffnete; von Engeln getragen schwebte die Mutter Gottes singend nach dem Paradies, wo Christus sie krönte und dem ewigen Vater zuführte.
In der Reihe jener Scenen an der Hauptstraße stichtKanonade. diejenige des Cardinal Vicekanzlers Roderigo Borgia -- des spätern Alexander VI. -- besonders hervor durch Pomp und dunkle Allegorie 1). Außerdem tritt dabei die damals beginnende Vorliebe für festlichen Kanonendonner 2) zu Tage, welche dem Haus Borgia noch ganz besonders eigen war.
Kürzer geht Pius II. hinweg über die in demselben Jahr zu Rom abgehaltene Procession mit dem aus Grie- chenland erworbenen Schädel des h. Andreas. Auch dabei zeichnete sich Roderigo Borgia durch besondere Pracht aus, sonst aber hatte das Fest etwas Profanes, indem sich außer den nie fehlenden Musikengeln auch noch andere Masken zeigten, auch "starke Männer", d. h. Herculesse, welche allerlei Turnkünste mögen vorgebracht haben.
Die rein oder überwiegend weltlichen AufführungenWeltliche Auf- führungen. waren besonders an den größern Fürstenhöfen ganz wesent- lich auf die geschmackvolle Pracht des Anblicks berechnet,
1) Fünf Könige mit Bewaffneten, ein Waldmensch, der mit einem (ge- zähmten?) Löwen kämpfte, letzteres vielleicht mit Bezug auf den Namen des Papstes, Sylvius.
2) Beispiele unter Sixtus IV, Jac. Volaterran., bei Murat. XXIII, Col. 134. 139. Auch beim Amtsantritt Alexanders VI. wurde furchtbar kanonirt. -- Das Feuerwerk, eine schönere Erfindung des italienischen Festwesens, gehört sammt der festlichen Decoration eher in die Kunstgeschichte als hieher. -- Ebenso die prächtige Beleuch- tung (vgl. S. 317), welche bei manchen Festen gerühmt wird, und selbst die Tischaufsätze und Jagdtrophäen.
Dämonen; Brunnen mit Wein und Orcheſter von Engeln;5. Abſchnitt. ein Grab des Herrn mit der ganzen Scene der Auferſtehung; endlich auf dem Domplatz das Grab der Maria, welches ſich nach dem Hochamt und dem Segen eröffnete; von Engeln getragen ſchwebte die Mutter Gottes ſingend nach dem Paradies, wo Chriſtus ſie krönte und dem ewigen Vater zuführte.
In der Reihe jener Scenen an der Hauptſtraße ſtichtKanonade. diejenige des Cardinal Vicekanzlers Roderigo Borgia — des ſpätern Alexander VI. — beſonders hervor durch Pomp und dunkle Allegorie 1). Außerdem tritt dabei die damals beginnende Vorliebe für feſtlichen Kanonendonner 2) zu Tage, welche dem Haus Borgia noch ganz beſonders eigen war.
Kürzer geht Pius II. hinweg über die in demſelben Jahr zu Rom abgehaltene Proceſſion mit dem aus Grie- chenland erworbenen Schädel des h. Andreas. Auch dabei zeichnete ſich Roderigo Borgia durch beſondere Pracht aus, ſonſt aber hatte das Feſt etwas Profanes, indem ſich außer den nie fehlenden Muſikengeln auch noch andere Masken zeigten, auch „ſtarke Männer“, d. h. Herculeſſe, welche allerlei Turnkünſte mögen vorgebracht haben.
Die rein oder überwiegend weltlichen AufführungenWeltliche Auf- führungen. waren beſonders an den größern Fürſtenhöfen ganz weſent- lich auf die geſchmackvolle Pracht des Anblicks berechnet,
1) Fünf Könige mit Bewaffneten, ein Waldmenſch, der mit einem (ge- zähmten?) Löwen kämpfte, letzteres vielleicht mit Bezug auf den Namen des Papſtes, Sylvius.
2) Beiſpiele unter Sixtus IV, Jac. Volaterran., bei Murat. XXIII, Col. 134. 139. Auch beim Amtsantritt Alexanders VI. wurde furchtbar kanonirt. — Das Feuerwerk, eine ſchönere Erfindung des italieniſchen Feſtweſens, gehört ſammt der feſtlichen Decoration eher in die Kunſtgeſchichte als hieher. — Ebenſo die prächtige Beleuch- tung (vgl. S. 317), welche bei manchen Feſten gerühmt wird, und ſelbſt die Tiſchaufſätze und Jagdtrophäen.
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Dämonen; Brunnen mit Wein und Orcheſter von Engeln;
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ſich nach dem Hochamt und dem Segen eröffnete; von
Engeln getragen ſchwebte die Mutter Gottes ſingend nach
dem Paradies, wo Chriſtus ſie krönte und dem ewigen
Vater zuführte.
5. Abſchnitt.
In der Reihe jener Scenen an der Hauptſtraße ſticht
diejenige des Cardinal Vicekanzlers Roderigo Borgia —
des ſpätern Alexander VI. — beſonders hervor durch Pomp
und dunkle Allegorie 1). Außerdem tritt dabei die damals
beginnende Vorliebe für feſtlichen Kanonendonner 2) zu Tage,
welche dem Haus Borgia noch ganz beſonders eigen war.
Kanonade.
Kürzer geht Pius II. hinweg über die in demſelben
Jahr zu Rom abgehaltene Proceſſion mit dem aus Grie-
chenland erworbenen Schädel des h. Andreas. Auch dabei
zeichnete ſich Roderigo Borgia durch beſondere Pracht aus,
ſonſt aber hatte das Feſt etwas Profanes, indem ſich außer
den nie fehlenden Muſikengeln auch noch andere Masken
zeigten, auch „ſtarke Männer“, d. h. Herculeſſe, welche
allerlei Turnkünſte mögen vorgebracht haben.
Die rein oder überwiegend weltlichen Aufführungen
waren beſonders an den größern Fürſtenhöfen ganz weſent-
lich auf die geſchmackvolle Pracht des Anblicks berechnet,
Weltliche Auf-
führungen.
1) Fünf Könige mit Bewaffneten, ein Waldmenſch, der mit einem (ge-
zähmten?) Löwen kämpfte, letzteres vielleicht mit Bezug auf den
Namen des Papſtes, Sylvius.
2) Beiſpiele unter Sixtus IV, Jac. Volaterran., bei Murat. XXIII,
Col. 134. 139. Auch beim Amtsantritt Alexanders VI. wurde
furchtbar kanonirt. — Das Feuerwerk, eine ſchönere Erfindung des
italieniſchen Feſtweſens, gehört ſammt der feſtlichen Decoration eher
in die Kunſtgeſchichte als hieher. — Ebenſo die prächtige Beleuch-
tung (vgl. S. 317), welche bei manchen Feſten gerühmt wird, und
ſelbſt die Tiſchaufſätze und Jagdtrophäen.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/421>, abgerufen am 16.02.2025.
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