daß der Inhalt der Worte ein furchtbares eigenes Schick-5. Abschnitt. sal des Sängers schilderte 1).
Offenbar ist dieser Dilettantismus, sowohl der vor- nehmern als der mittlern Stände, in Italien verbreiteter und zugleich der eigentlichen Kunst näher verwandt gewesen als in irgend einem andern Lande. Wo irgend Geselligkeit geschildert wird, ist auch immer und mit Nachdruck Gesang und Saitenspiel erwähnt; hunderte von Porträts stellen die Leute, oft Mehrere zusammen, musicirend oder doch mit der Laute etc. im Arm dar, und selbst in Kirchenbildern zeigen die Engelconcerte, wie vertraut die Maler mit der lebendigen Erscheinung der Musicirenden waren. Bereits erfährt man z. B. von einem Lautenspieler Antonio Rota in Padua (st. 1549), der vom Stundengeben reich wurde und auch eine Lautenschule drucken ließ 2).
In einer Zeit da noch keine Oper den musicalischen Genius zu concentriren und zu monopolisiren angefangen hatte, darf man sich wohl dieses Treiben geistreich, vielartig und wunderbar eigenthümlich vorstellen. Eine andere Frage ist, wie weit wir noch an jener Tonwelt Theil hätten, wenn unser Ohr sie wieder vernähme.
Zum Verständniß der höhern Geselligkeit der Renais-Das Weib dem Manne gleich, sance ist endlich wesentlich zu wissen, daß das Weib dem Manne gleich geachtet wurde. Man darf sich ja nicht irre machen lassen durch die spitzfindigen und zum Theil bos- haften Untersuchungen über die vermuthliche Inferiorität
1)Bandello, Parte I, Nov. 26. Der Gesang des Antonio Bologna im Hause der Ippolita Bentivoglia. Vgl. III, 26. In unserer zimperlichen Zeit würde man dieß eine Profanation der heiligsten Gefühle nennen. -- Die Recitation zur Laute oder Viola ist in den Aussagen nicht leicht vom eigentlichen Gesang zu scheiden.
2)Scardeonius, a. a. O.
daß der Inhalt der Worte ein furchtbares eigenes Schick-5. Abſchnitt. ſal des Sängers ſchilderte 1).
Offenbar iſt dieſer Dilettantismus, ſowohl der vor- nehmern als der mittlern Stände, in Italien verbreiteter und zugleich der eigentlichen Kunſt näher verwandt geweſen als in irgend einem andern Lande. Wo irgend Geſelligkeit geſchildert wird, iſt auch immer und mit Nachdruck Geſang und Saitenſpiel erwähnt; hunderte von Porträts ſtellen die Leute, oft Mehrere zuſammen, muſicirend oder doch mit der Laute ꝛc. im Arm dar, und ſelbſt in Kirchenbildern zeigen die Engelconcerte, wie vertraut die Maler mit der lebendigen Erſcheinung der Muſicirenden waren. Bereits erfährt man z. B. von einem Lautenſpieler Antonio Rota in Padua (ſt. 1549), der vom Stundengeben reich wurde und auch eine Lautenſchule drucken ließ 2).
In einer Zeit da noch keine Oper den muſicaliſchen Genius zu concentriren und zu monopoliſiren angefangen hatte, darf man ſich wohl dieſes Treiben geiſtreich, vielartig und wunderbar eigenthümlich vorſtellen. Eine andere Frage iſt, wie weit wir noch an jener Tonwelt Theil hätten, wenn unſer Ohr ſie wieder vernähme.
Zum Verſtändniß der höhern Geſelligkeit der Renaiſ-Das Weib dem Manne gleich, ſance iſt endlich weſentlich zu wiſſen, daß das Weib dem Manne gleich geachtet wurde. Man darf ſich ja nicht irre machen laſſen durch die ſpitzfindigen und zum Theil bos- haften Unterſuchungen über die vermuthliche Inferiorität
1)Bandello, Parte I, Nov. 26. Der Geſang des Antonio Bologna im Hauſe der Ippolita Bentivoglia. Vgl. III, 26. In unſerer zimperlichen Zeit würde man dieß eine Profanation der heiligſten Gefühle nennen. — Die Recitation zur Laute oder Viola iſt in den Ausſagen nicht leicht vom eigentlichen Geſang zu ſcheiden.
2)Scardeonius, a. a. O.
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daß der Inhalt der Worte ein furchtbares eigenes Schick-
ſal des Sängers ſchilderte 1).
5. Abſchnitt.
Offenbar iſt dieſer Dilettantismus, ſowohl der vor-
nehmern als der mittlern Stände, in Italien verbreiteter
und zugleich der eigentlichen Kunſt näher verwandt geweſen
als in irgend einem andern Lande. Wo irgend Geſelligkeit
geſchildert wird, iſt auch immer und mit Nachdruck Geſang
und Saitenſpiel erwähnt; hunderte von Porträts ſtellen
die Leute, oft Mehrere zuſammen, muſicirend oder doch mit
der Laute ꝛc. im Arm dar, und ſelbſt in Kirchenbildern
zeigen die Engelconcerte, wie vertraut die Maler mit der
lebendigen Erſcheinung der Muſicirenden waren. Bereits
erfährt man z. B. von einem Lautenſpieler Antonio Rota
in Padua (ſt. 1549), der vom Stundengeben reich wurde
und auch eine Lautenſchule drucken ließ 2).
In einer Zeit da noch keine Oper den muſicaliſchen
Genius zu concentriren und zu monopoliſiren angefangen
hatte, darf man ſich wohl dieſes Treiben geiſtreich, vielartig
und wunderbar eigenthümlich vorſtellen. Eine andere Frage
iſt, wie weit wir noch an jener Tonwelt Theil hätten,
wenn unſer Ohr ſie wieder vernähme.
Zum Verſtändniß der höhern Geſelligkeit der Renaiſ-
ſance iſt endlich weſentlich zu wiſſen, daß das Weib dem
Manne gleich geachtet wurde. Man darf ſich ja nicht irre
machen laſſen durch die ſpitzfindigen und zum Theil bos-
haften Unterſuchungen über die vermuthliche Inferiorität
Das Weib dem
Manne gleich,
1) Bandello, Parte I, Nov. 26. Der Geſang des Antonio Bologna
im Hauſe der Ippolita Bentivoglia. Vgl. III, 26. In unſerer
zimperlichen Zeit würde man dieß eine Profanation der heiligſten
Gefühle nennen. — Die Recitation zur Laute oder Viola iſt in den
Ausſagen nicht leicht vom eigentlichen Geſang zu ſcheiden.
2) Scardeonius, a. a. O.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/401>, abgerufen am 09.11.2024.
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