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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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5. Abschnitt.Die Executanten selbst sind außer den eigentlichen
Dilettanten.Virtuosen entweder einzelne Liebhaber oder ganze Orchester
von solchen, etwa als "Academie" corporationsmäßig zu-
sammengesellt 1). Sehr viele bildende Künstler waren auch
in der Musik bewandert und oft Meister. -- Leuten von
Stande wurden die Blasinstrumente abgerathen aus den-
selben Gründen 2), welche einst den Alcibiades und selbst
Pallas Athene davon abgeschreckt haben sollen; die vor-
nehme Geselligkeit liebte den Gesang entweder allein oder
mit Begleitung der Geige; auch das Streichquartett 3) und
um der Vielseitigkeit willen das Clavier; aber nicht den
mehrstimmigen Gesang, "denn Eine Stimme höre, genieße
"und beurtheile man weit besser". Mit andern Worten, da
der Gesang trotz aller conventionellen Bescheidenheit (S. 390)
eine Exhibition des einzelnen Gesellschaftsmenschen bleibt,
so ist es besser, man höre (und sehe) Jeden besonders.
Wird ja doch die Weckung der süßesten Gefühle in den
Zuhörerinnen vorausgesetzt und deßhalb den alten Leuten
eine ausdrückliche Abmahnung ertheilt, auch wenn sie noch
so schön spielten und sängen. Es kam sehr darauf an,
daß der Einzelne einen aus Ton und Gestalt harmonisch
gemischten Eindruck hervorbringe. Von einer Anerkennung
der Composition als eines für sich bestehenden Kunstwerkes
ist in diesen Kreisen keine Rede. Dagegen kommt es vor,

1) Die Accademia de' filarmonici zu Verona erwähnt schon Vasari
XI, 133 im Leben des Sanmichele. -- Um Lorenzo magnifico hatte
sich bereits 1480 eine "Harmonieschule" von 15 Mitgliedern gesam-
melt, darunter der berühmte Organist Squarcialupi. Vgl. De-
lecluze, Florence et ses vicissitudes, Vol. II, p.
256. Von
Lorenzo scheint sein Sohn Leo X. die Musikbegeisterung geerbt zu
haben. Auch sein ältester Sohn Pietro war sehr musicalisch.
2) Il cortigiano, fol. 56. vgl. fol. 41.
3) Quattro viole da arco, gewiß ein hoher und damals im Ausland
sehr seltener Grad von Dilettantenbildung.

5. Abſchnitt.Die Executanten ſelbſt ſind außer den eigentlichen
Dilettanten.Virtuoſen entweder einzelne Liebhaber oder ganze Orcheſter
von ſolchen, etwa als „Academie“ corporationsmäßig zu-
ſammengeſellt 1). Sehr viele bildende Künſtler waren auch
in der Muſik bewandert und oft Meiſter. — Leuten von
Stande wurden die Blasinſtrumente abgerathen aus den-
ſelben Gründen 2), welche einſt den Alcibiades und ſelbſt
Pallas Athene davon abgeſchreckt haben ſollen; die vor-
nehme Geſelligkeit liebte den Geſang entweder allein oder
mit Begleitung der Geige; auch das Streichquartett 3) und
um der Vielſeitigkeit willen das Clavier; aber nicht den
mehrſtimmigen Geſang, „denn Eine Stimme höre, genieße
„und beurtheile man weit beſſer“. Mit andern Worten, da
der Geſang trotz aller conventionellen Beſcheidenheit (S. 390)
eine Exhibition des einzelnen Geſellſchaftsmenſchen bleibt,
ſo iſt es beſſer, man höre (und ſehe) Jeden beſonders.
Wird ja doch die Weckung der ſüßeſten Gefühle in den
Zuhörerinnen vorausgeſetzt und deßhalb den alten Leuten
eine ausdrückliche Abmahnung ertheilt, auch wenn ſie noch
ſo ſchön ſpielten und ſängen. Es kam ſehr darauf an,
daß der Einzelne einen aus Ton und Geſtalt harmoniſch
gemiſchten Eindruck hervorbringe. Von einer Anerkennung
der Compoſition als eines für ſich beſtehenden Kunſtwerkes
iſt in dieſen Kreiſen keine Rede. Dagegen kommt es vor,

1) Die Accademia de' filarmonici zu Verona erwähnt ſchon Vaſari
XI, 133 im Leben des Sanmichele. — Um Lorenzo magnifico hatte
ſich bereits 1480 eine „Harmonieſchule“ von 15 Mitgliedern geſam-
melt, darunter der berühmte Organiſt Squarcialupi. Vgl. De-
lécluze, Florence et ses vicissitudes, Vol. II, p.
256. Von
Lorenzo ſcheint ſein Sohn Leo X. die Muſikbegeiſterung geerbt zu
haben. Auch ſein älteſter Sohn Pietro war ſehr muſicaliſch.
2) Il cortigiano, fol. 56. vgl. fol. 41.
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ſehr ſeltener Grad von Dilettantenbildung.
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[390/0400] Die Executanten ſelbſt ſind außer den eigentlichen Virtuoſen entweder einzelne Liebhaber oder ganze Orcheſter von ſolchen, etwa als „Academie“ corporationsmäßig zu- ſammengeſellt 1). Sehr viele bildende Künſtler waren auch in der Muſik bewandert und oft Meiſter. — Leuten von Stande wurden die Blasinſtrumente abgerathen aus den- ſelben Gründen 2), welche einſt den Alcibiades und ſelbſt Pallas Athene davon abgeſchreckt haben ſollen; die vor- nehme Geſelligkeit liebte den Geſang entweder allein oder mit Begleitung der Geige; auch das Streichquartett 3) und um der Vielſeitigkeit willen das Clavier; aber nicht den mehrſtimmigen Geſang, „denn Eine Stimme höre, genieße „und beurtheile man weit beſſer“. Mit andern Worten, da der Geſang trotz aller conventionellen Beſcheidenheit (S. 390) eine Exhibition des einzelnen Geſellſchaftsmenſchen bleibt, ſo iſt es beſſer, man höre (und ſehe) Jeden beſonders. Wird ja doch die Weckung der ſüßeſten Gefühle in den Zuhörerinnen vorausgeſetzt und deßhalb den alten Leuten eine ausdrückliche Abmahnung ertheilt, auch wenn ſie noch ſo ſchön ſpielten und ſängen. Es kam ſehr darauf an, daß der Einzelne einen aus Ton und Geſtalt harmoniſch gemiſchten Eindruck hervorbringe. Von einer Anerkennung der Compoſition als eines für ſich beſtehenden Kunſtwerkes iſt in dieſen Kreiſen keine Rede. Dagegen kommt es vor, 5. Abſchnitt. Dilettanten. 1) Die Accademia de' filarmonici zu Verona erwähnt ſchon Vaſari XI, 133 im Leben des Sanmichele. — Um Lorenzo magnifico hatte ſich bereits 1480 eine „Harmonieſchule“ von 15 Mitgliedern geſam- melt, darunter der berühmte Organiſt Squarcialupi. Vgl. De- lécluze, Florence et ses vicissitudes, Vol. II, p. 256. Von Lorenzo ſcheint ſein Sohn Leo X. die Muſikbegeiſterung geerbt zu haben. Auch ſein älteſter Sohn Pietro war ſehr muſicaliſch. 2) Il cortigiano, fol. 56. vgl. fol. 41. 3) Quattro viole da arco, gewiß ein hoher und damals im Ausland ſehr ſeltener Grad von Dilettantenbildung.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/400>, abgerufen am 22.11.2024.