Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.3. Abschnitt.dort lateinisch gedichtet wurde. Vielleicht gilt Aehnliches Quellen des 1) Freilich giebt es auch zugestandene Stylübungen, wie z. B. in den Orationes etc. des ältern Beroaldus die zwei aus Boccaccio in's Lateinische übersetzten Novellen, ja eine Canzone aus Petrarca. 2) Vgl. Petrarca's Briefe aus der Oberwelt an erlauchte Schatten. Opera, p. 704, s. Außerdem p. 372 in der Schrift de rep. op- time administranda: "sic esse doleo, sed sic est". 3) Ein burleskes Bild des fanatischen Purismus in Rom giebt Jovian.
Pontanus in seinem "Antonius". 3. Abſchnitt.dort lateiniſch gedichtet wurde. Vielleicht gilt Aehnliches Quellen des 1) Freilich giebt es auch zugeſtandene Stylübungen, wie z. B. in den Orationes etc. des ältern Beroaldus die zwei aus Boccaccio in's Lateiniſche überſetzten Novellen, ja eine Canzone aus Petrarca. 2) Vgl. Petrarca's Briefe aus der Oberwelt an erlauchte Schatten. Opera, p. 704, s. Außerdem p. 372 in der Schrift de rep. op- time administranda: „sic esse doleo, sed sic est“. 3) Ein burleskes Bild des fanatiſchen Purismus in Rom giebt Jovian.
Pontanus in ſeinem „Antonius“. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0258" n="248"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">3. Abſchnitt.</hi></hi></note>dort lateiniſch gedichtet wurde. Vielleicht gilt Aehnliches<lb/> auch von der Proſa; die Weltſtellung und der Weltruhm<lb/> der italieniſchen Bildung hing davon ab, daß gewiſſe Gegen-<lb/> ſtände lateiniſch — <hi rendition="#aq">Urbi et orbi</hi> — behandelt wurden <note place="foot" n="1)">Freilich giebt es auch zugeſtandene Stylübungen, wie z. B. in den<lb/><hi rendition="#aq">Orationes etc.</hi> des ältern Beroaldus die zwei aus Boccaccio in's<lb/> Lateiniſche überſetzten Novellen, ja eine Canzone aus Petrarca.</note>,<lb/> während die italieniſche Proſa gerade von denjenigen am<lb/> Beſten gehandhabt worden iſt, welchen es einen innern<lb/> Kampf koſtete, nicht lateiniſch zu ſchreiben.</p><lb/> <p><note place="left">Quellen des<lb/> Styles; Cicero.</note>Als reinſte Quelle der Proſa galt ſeit dem <hi rendition="#aq">XIV.</hi> Jahr-<lb/> hundert unbeſtritten Cicero. Dieß kam bei Weitem nicht<lb/> bloß von einer abſtracten Ueberzeugung zu Gunſten ſeiner<lb/> Wörter, ſeiner Satzbildung und ſeiner literariſchen Com-<lb/> poſitionsweiſe her, ſondern im italieniſchen Geiſte fand die<lb/> Liebenswürdigkeit des Briefſchreibers, der Glanz des Red-<lb/> ners, die klare beſchauliche Art des philoſophiſchen Dar-<lb/> ſtellers einen vollen Wiederklang. Schon Petrarca erkannte<lb/> vollſtändig die Schwächen des Menſchen und Staatsmannes<lb/> Cicero <note place="foot" n="2)">Vgl. Petrarca's Briefe aus der Oberwelt an erlauchte Schatten.<lb/><hi rendition="#aq">Opera, p. 704, s.</hi> Außerdem <hi rendition="#aq">p.</hi> 372 in der Schrift <hi rendition="#aq">de rep. op-<lb/> time administranda: „sic esse doleo, sed sic est“</hi>.</note>, er hatte nur zu viel Reſpect um ſich darüber<lb/> zu freuen; ſeit ihm hat ſich zunächſt die Epiſtolographie<lb/> faſt ausſchließlich nach Cicero gebildet und die andern Gat-<lb/> tungen, mit Ausnahme der erzählenden, folgten nach. Doch<lb/> der wahre Ciceronianismus, der ſich jeden Ausdruck ver-<lb/> ſagte, wenn derſelbe nicht aus der Quelle zu belegen war,<lb/> beginnt erſt zu Ende des <hi rendition="#aq">XV.</hi> Jahrhunderts, nachdem die<lb/> grammatiſchen Schriften des Lorenzo Valla ihre Wirkung<lb/> durch ganz Italien gethan, nachdem die Ausſagen der rö-<lb/> miſchen Literarhiſtoriker ſelbſt geſichtet und verglichen waren<note place="foot" n="3)">Ein burleskes Bild des <choice><sic>fanatiſches</sic><corr>fanatiſchen</corr></choice> Purismus in Rom giebt Jovian.<lb/> Pontanus in ſeinem „Antonius“.</note>.<lb/> Jetzt erſt unterſcheidet man genauer und bis auf das Ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [248/0258]
dort lateiniſch gedichtet wurde. Vielleicht gilt Aehnliches
auch von der Proſa; die Weltſtellung und der Weltruhm
der italieniſchen Bildung hing davon ab, daß gewiſſe Gegen-
ſtände lateiniſch — Urbi et orbi — behandelt wurden 1),
während die italieniſche Proſa gerade von denjenigen am
Beſten gehandhabt worden iſt, welchen es einen innern
Kampf koſtete, nicht lateiniſch zu ſchreiben.
3. Abſchnitt.
Als reinſte Quelle der Proſa galt ſeit dem XIV. Jahr-
hundert unbeſtritten Cicero. Dieß kam bei Weitem nicht
bloß von einer abſtracten Ueberzeugung zu Gunſten ſeiner
Wörter, ſeiner Satzbildung und ſeiner literariſchen Com-
poſitionsweiſe her, ſondern im italieniſchen Geiſte fand die
Liebenswürdigkeit des Briefſchreibers, der Glanz des Red-
ners, die klare beſchauliche Art des philoſophiſchen Dar-
ſtellers einen vollen Wiederklang. Schon Petrarca erkannte
vollſtändig die Schwächen des Menſchen und Staatsmannes
Cicero 2), er hatte nur zu viel Reſpect um ſich darüber
zu freuen; ſeit ihm hat ſich zunächſt die Epiſtolographie
faſt ausſchließlich nach Cicero gebildet und die andern Gat-
tungen, mit Ausnahme der erzählenden, folgten nach. Doch
der wahre Ciceronianismus, der ſich jeden Ausdruck ver-
ſagte, wenn derſelbe nicht aus der Quelle zu belegen war,
beginnt erſt zu Ende des XV. Jahrhunderts, nachdem die
grammatiſchen Schriften des Lorenzo Valla ihre Wirkung
durch ganz Italien gethan, nachdem die Ausſagen der rö-
miſchen Literarhiſtoriker ſelbſt geſichtet und verglichen waren 3).
Jetzt erſt unterſcheidet man genauer und bis auf das Ge-
Quellen des
Styles; Cicero.
1) Freilich giebt es auch zugeſtandene Stylübungen, wie z. B. in den
Orationes etc. des ältern Beroaldus die zwei aus Boccaccio in's
Lateiniſche überſetzten Novellen, ja eine Canzone aus Petrarca.
2) Vgl. Petrarca's Briefe aus der Oberwelt an erlauchte Schatten.
Opera, p. 704, s. Außerdem p. 372 in der Schrift de rep. op-
time administranda: „sic esse doleo, sed sic est“.
3) Ein burleskes Bild des fanatiſchen Purismus in Rom giebt Jovian.
Pontanus in ſeinem „Antonius“.
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