die seit 1429 bis 1465 die Feder führten 1), sind drei aus3. Abschnitt. der Unterthanenstadt Arezzo: nämlich Lionardo (Bruni), Carlo (Marzuppini) und Benedetto Accolti; Poggio war von Terra nuova, ebenfalls im florentinischen Gebiet. Hatte man doch schon lange mehrere der höchsten Stadtämter principiell mit Ausländern besetzt. Lionardo, Poggio und Giannozzo Mannetti waren auch zeitweise Geheimschreiber der Päpste und Carlo Aretino sollte es werden. Blondus von Forli und trotz allem zuletzt auch Lorenzo Valla rückten in dieselbe Würde vor. Mehr und mehr zieht der päpstliche Palast seit Nicolaus V. und Pius II.2) die bedeutendsten Kräfte in seine Kanzlei, selbst unter jenen sonst nicht lite- rarisch gesinnten letzten Päpsten des XV. Jahrhunderts. In der Papstgeschichte des Platina ist das Leben Paul's II. nichts anderes als die ergötzliche Rache des Humanisten an dem einzigen Papst, der seine Kanzlei nicht zu behandeln verstand, jenen Verein von "Dichtern und Rednern, die der "Curie eben so viel Glanz verliehen als sie von ihr empfin- "gen". Man muß diese stolzen Herrn aufbrausen sehen,Hochgefühl der päpstlichen Kanzlei. wann ein Präcedenzstreit eintritt, wenn z. B. die Advocati consistoriales gleichen Rang mit ihnen, ja den Vortritt in Anspruch nehmen 3). In einem Zuge wird appellirt an den Evangelisten Johannes, welchem die Secreta coelestia enthüllt gewesen, an den Schreiber des Porsenna, welchen M. Scävola für den König selber gehalten, an Mäcenas,
1)Fabroni, Cosmus Adnot. 117. -- Vespas. Fior. passim. -- Eine Hauptstelle über das was die Florentiner von ihren Secre- tären verlangten, bei Aeneas Sylvius, De Europa, cap. 54. (Opera, p. 454).
2) Vgl. S. 217 und Papencordt, Gesch. d. Stadt Rom, p. 512 über das neue Collegium der Abbreviatoren, welches Pius gründete.
3)Anecdota lit. I, p. 119, s. Plaidoyer des Jacobus Volaterranus im Namen der Secretäre, ohne Zweifel aus der Zeit Sixtus IV. -- Der humanistische Anspruch der Consistorialadvocaten beruhte auf ihrer Redekunst, wie der der Secretäre auf den Briefen.
Cultur der Renaissance. 15
die ſeit 1429 bis 1465 die Feder führten 1), ſind drei aus3. Abſchnitt. der Unterthanenſtadt Arezzo: nämlich Lionardo (Bruni), Carlo (Marzuppini) und Benedetto Accolti; Poggio war von Terra nuova, ebenfalls im florentiniſchen Gebiet. Hatte man doch ſchon lange mehrere der höchſten Stadtämter principiell mit Ausländern beſetzt. Lionardo, Poggio und Giannozzo Mannetti waren auch zeitweiſe Geheimſchreiber der Päpſte und Carlo Aretino ſollte es werden. Blondus von Forli und trotz allem zuletzt auch Lorenzo Valla rückten in dieſelbe Würde vor. Mehr und mehr zieht der päpſtliche Palaſt ſeit Nicolaus V. und Pius II.2) die bedeutendſten Kräfte in ſeine Kanzlei, ſelbſt unter jenen ſonſt nicht lite- rariſch geſinnten letzten Päpſten des XV. Jahrhunderts. In der Papſtgeſchichte des Platina iſt das Leben Paul's II. nichts anderes als die ergötzliche Rache des Humaniſten an dem einzigen Papſt, der ſeine Kanzlei nicht zu behandeln verſtand, jenen Verein von „Dichtern und Rednern, die der „Curie eben ſo viel Glanz verliehen als ſie von ihr empfin- „gen“. Man muß dieſe ſtolzen Herrn aufbrauſen ſehen,Hochgefühl der päpſtlichen Kanzlei. wann ein Präcedenzſtreit eintritt, wenn z. B. die Advocati conſiſtoriales gleichen Rang mit ihnen, ja den Vortritt in Anſpruch nehmen 3). In einem Zuge wird appellirt an den Evangeliſten Johannes, welchem die Secreta coeleſtia enthüllt geweſen, an den Schreiber des Porſenna, welchen M. Scävola für den König ſelber gehalten, an Mäcenas,
1)Fabroni, Cosmus Adnot. 117. — Vespas. Fior. passim. — Eine Hauptſtelle über das was die Florentiner von ihren Secre- tären verlangten, bei Aeneas Sylvius, De Europa, cap. 54. (Opera, p. 454).
2) Vgl. S. 217 und Papencordt, Geſch. d. Stadt Rom, p. 512 über das neue Collegium der Abbreviatoren, welches Pius gründete.
3)Anecdota lit. I, p. 119, s. Plaidoyer des Jacobus Volaterranus im Namen der Secretäre, ohne Zweifel aus der Zeit Sixtus IV. — Der humaniſtiſche Anſpruch der Conſiſtorialadvocaten beruhte auf ihrer Redekunſt, wie der der Secretäre auf den Briefen.
Cultur der Renaiſſance. 15
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Carlo (Marzuppini) und Benedetto Accolti; Poggio war
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man doch ſchon lange mehrere der höchſten Stadtämter
principiell mit Ausländern beſetzt. Lionardo, Poggio und
Giannozzo Mannetti waren auch zeitweiſe Geheimſchreiber
der Päpſte und Carlo Aretino ſollte es werden. Blondus
von Forli und trotz allem zuletzt auch Lorenzo Valla rückten
in dieſelbe Würde vor. Mehr und mehr zieht der päpſtliche
Palaſt ſeit Nicolaus V. und Pius II. 2) die bedeutendſten
Kräfte in ſeine Kanzlei, ſelbſt unter jenen ſonſt nicht lite-
rariſch geſinnten letzten Päpſten des XV. Jahrhunderts.
In der Papſtgeſchichte des Platina iſt das Leben Paul's II.
nichts anderes als die ergötzliche Rache des Humaniſten an
dem einzigen Papſt, der ſeine Kanzlei nicht zu behandeln
verſtand, jenen Verein von „Dichtern und Rednern, die der
„Curie eben ſo viel Glanz verliehen als ſie von ihr empfin-
„gen“. Man muß dieſe ſtolzen Herrn aufbrauſen ſehen,
wann ein Präcedenzſtreit eintritt, wenn z. B. die Advocati
conſiſtoriales gleichen Rang mit ihnen, ja den Vortritt in
Anſpruch nehmen 3). In einem Zuge wird appellirt an
den Evangeliſten Johannes, welchem die Secreta coeleſtia
enthüllt geweſen, an den Schreiber des Porſenna, welchen
M. Scävola für den König ſelber gehalten, an Mäcenas,
3. Abſchnitt.
Hochgefühl der
päpſtlichen
Kanzlei.
1) Fabroni, Cosmus Adnot. 117. — Vespas. Fior. passim. —
Eine Hauptſtelle über das was die Florentiner von ihren Secre-
tären verlangten, bei Aeneas Sylvius, De Europa, cap. 54.
(Opera, p. 454).
2) Vgl. S. 217 und Papencordt, Geſch. d. Stadt Rom, p. 512 über
das neue Collegium der Abbreviatoren, welches Pius gründete.
3) Anecdota lit. I, p. 119, s. Plaidoyer des Jacobus Volaterranus
im Namen der Secretäre, ohne Zweifel aus der Zeit Sixtus IV.
— Der humaniſtiſche Anſpruch der Conſiſtorialadvocaten beruhte auf
ihrer Redekunſt, wie der der Secretäre auf den Briefen.
Cultur der Renaiſſance. 15
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/235>, abgerufen am 17.02.2025.
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