3. Abschnitt.Petrarca begeisterte. Letzterer besaß und verehrte bekannt- lich einen griechischen Homer ohne ihn lesen zu können; die erste lateinische Uebersetzung der Ilias und Odyssee hat Boccaccio mit Hülfe eines calabresischen Griechen so gut es ging zu Stande gebracht. Erst mit dem XV. Jahr- hundert beginnt die große Reihe neuer Entdeckungen, die systematische Anlage von Bibliotheken durch Copiren, und der eifrigste Betrieb des Uebersetzens aus dem Griechischen 1).
Dieselben im XV. Jahrh.Ohne die Begeisterung einiger damaligen Sammler, welche sich bis zur äußersten Entbehrung anstrengten, be- säßen wir ganz gewiß nur einen kleinen Theil zumal der griechischen Autoren, welche auf unsere Zeit gekommen sind. Papst Nicolaus V. hat sich schon als Mönch in Schulden gestürzt um Codices zu kaufen oder copiren zu lassen; schon damals bekannte er sich offen zu den beiden großen Passionen der Renaissance: Bücher und Bauten 2). Als Papst hielt er Wort; Copisten schrieben und Späher suchten für ihn in der halben Welt, Perotto erhielt für die lateinische Uebersetzung des Polybius 500 Ducaten, Guarino für die des Strabo 1000 Goldgulden und sollte noch weitere 500 erhalten, als der Papst zu früh starb. Mit 5000 oder je nachdem man rechnete 9000 Bänden 3) hinterließ er die-
1) Bekanntlich wurde, um die Begier nach dem Alterthum zu täuschen oder zu brandschatzen, auch einiges Unechte geschmiedet. Man sehe in den literar-geschichtlichen Werken statt alles Uebrigen die Artikel über Annius von Viterbo.
2)Vespas. Fior. p. 31. Tommaso da Serezana usava dire, che dua cosa farebbe, s'egli potesse mai spendere, ch'era in libri e murare. E l'una e l'altra fece nel suo pontificato. -- Seine Uebersetzer s. bei Aen. Sylvius, de Europa, cap. 58, p. 459, und bei Papencordt, Gesch. der Stadt Rom, p. 502.
3)Vespas. Fior. p. 48 und 658. 665. Vgl. J. Mannetti, vita Ni- colai V. bei Murat. III, II, Col. 925, s. -- Ob und wie Calixt III. die Sammlung wieder theilweise verzettelte, s. Vespas. Fior., p 284, s. mit Mai's Anmerkung.
3. Abſchnitt.Petrarca begeiſterte. Letzterer beſaß und verehrte bekannt- lich einen griechiſchen Homer ohne ihn leſen zu können; die erſte lateiniſche Ueberſetzung der Ilias und Odyſſee hat Boccaccio mit Hülfe eines calabreſiſchen Griechen ſo gut es ging zu Stande gebracht. Erſt mit dem XV. Jahr- hundert beginnt die große Reihe neuer Entdeckungen, die ſyſtematiſche Anlage von Bibliotheken durch Copiren, und der eifrigſte Betrieb des Ueberſetzens aus dem Griechiſchen 1).
Dieſelben im XV. Jahrh.Ohne die Begeiſterung einiger damaligen Sammler, welche ſich bis zur äußerſten Entbehrung anſtrengten, be- ſäßen wir ganz gewiß nur einen kleinen Theil zumal der griechiſchen Autoren, welche auf unſere Zeit gekommen ſind. Papſt Nicolaus V. hat ſich ſchon als Mönch in Schulden geſtürzt um Codices zu kaufen oder copiren zu laſſen; ſchon damals bekannte er ſich offen zu den beiden großen Paſſionen der Renaiſſance: Bücher und Bauten 2). Als Papſt hielt er Wort; Copiſten ſchrieben und Späher ſuchten für ihn in der halben Welt, Perotto erhielt für die lateiniſche Ueberſetzung des Polybius 500 Ducaten, Guarino für die des Strabo 1000 Goldgulden und ſollte noch weitere 500 erhalten, als der Papſt zu früh ſtarb. Mit 5000 oder je nachdem man rechnete 9000 Bänden 3) hinterließ er die-
1) Bekanntlich wurde, um die Begier nach dem Alterthum zu täuſchen oder zu brandſchatzen, auch einiges Unechte geſchmiedet. Man ſehe in den literar-geſchichtlichen Werken ſtatt alles Uebrigen die Artikel über Annius von Viterbo.
2)Vespas. Fior. p. 31. Tommaso da Serezana usava dire, che dua cosa farebbe, s'egli potesse mai spendere, ch'era in libri e murare. E l'una e l'altra fece nel suo pontificato. — Seine Ueberſetzer ſ. bei Aen. Sylvius, de Europa, cap. 58, p. 459, und bei Papencordt, Geſch. der Stadt Rom, p. 502.
3)Vespas. Fior. p. 48 und 658. 665. Vgl. J. Mannetti, vita Ni- colai V. bei Murat. III, II, Col. 925, s. — Ob und wie Calixt III. die Sammlung wieder theilweiſe verzettelte, ſ. Vespas. Fior., p 284, s. mit Mai's Anmerkung.
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Boccaccio mit Hülfe eines calabreſiſchen Griechen ſo gut
es ging zu Stande gebracht. Erſt mit dem XV. Jahr-
hundert beginnt die große Reihe neuer Entdeckungen, die
ſyſtematiſche Anlage von Bibliotheken durch Copiren, und
der eifrigſte Betrieb des Ueberſetzens aus dem Griechiſchen 1).
3. Abſchnitt.
Ohne die Begeiſterung einiger damaligen Sammler,
welche ſich bis zur äußerſten Entbehrung anſtrengten, be-
ſäßen wir ganz gewiß nur einen kleinen Theil zumal der
griechiſchen Autoren, welche auf unſere Zeit gekommen ſind.
Papſt Nicolaus V. hat ſich ſchon als Mönch in Schulden
geſtürzt um Codices zu kaufen oder copiren zu laſſen; ſchon
damals bekannte er ſich offen zu den beiden großen Paſſionen
der Renaiſſance: Bücher und Bauten 2). Als Papſt hielt
er Wort; Copiſten ſchrieben und Späher ſuchten für ihn
in der halben Welt, Perotto erhielt für die lateiniſche
Ueberſetzung des Polybius 500 Ducaten, Guarino für die
des Strabo 1000 Goldgulden und ſollte noch weitere 500
erhalten, als der Papſt zu früh ſtarb. Mit 5000 oder
je nachdem man rechnete 9000 Bänden 3) hinterließ er die-
Dieſelben im
XV. Jahrh.
1) Bekanntlich wurde, um die Begier nach dem Alterthum zu täuſchen
oder zu brandſchatzen, auch einiges Unechte geſchmiedet. Man ſehe
in den literar-geſchichtlichen Werken ſtatt alles Uebrigen die Artikel
über Annius von Viterbo.
2) Vespas. Fior. p. 31. Tommaso da Serezana usava dire, che
dua cosa farebbe, s'egli potesse mai spendere, ch'era in libri
e murare. E l'una e l'altra fece nel suo pontificato. — Seine
Ueberſetzer ſ. bei Aen. Sylvius, de Europa, cap. 58, p. 459,
und bei Papencordt, Geſch. der Stadt Rom, p. 502.
3) Vespas. Fior. p. 48 und 658. 665. Vgl. J. Mannetti, vita Ni-
colai V. bei Murat. III, II, Col. 925, s. — Ob und wie
Calixt III. die Sammlung wieder theilweiſe verzettelte, ſ. Vespas.
Fior., p 284, s. mit Mai's Anmerkung.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/198>, abgerufen am 16.02.2025.
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