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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Die privaten Verbände.
beinahe jede Verfügung über ein aktives Recht auch eine Ver-
pflichtung. Wenn also die Gesamtheit über ihre Rechte, z. B. über
ihr Eigentum, wie andere Berechtigte, andere Eigentümer, soll
verfügen können, muß sie sich auch verpflichten können. Sonst
ist sie beinahe zur Unbeweglichkeit verurteilt1.

Deshalb hat es keinen rechten Sinn, einem Personenverband
die Fähigkeit zu gewähren, Rechte zu haben (und damit darauf zu
verzichten), nicht aber die Fähigkeit, Pflichten einzugehen, oder
die Fähigkeit, Rechte zu begründen (zu erwerben), nicht aber die
Fähigkeit, Pflichten zu erfüllen. Denn mit dem Verzicht auf ein
Recht wird ebensoviel verloren wie mit der Eingehung einer
Pflicht, und mit der Erfüllung einer (bestehenden) Pflicht wird
ebensoviel gewonnen wie mit dem Erwerb eines neuen Rechts2.
Subjektive Rechte hat man nur dadurch, daß man darauf verzich-
ten kann.

Vor allem aber: wozu sollte die Fähigkeit der Juristischen
Person, Eigentum und andere aktive Rechte zu haben, dienen,
wenn nicht als Gegenstand der Haftung für eingegangene Ver-
pflichtungen? Wenn bei der Juristischen Person die Form gemein-
samer Vertretung in den Dienst eines besonderen Zweckes gestellt
wird, wie wir angenommen haben, kann der Besitz aktiver Rechte
nicht Selbstzweck sein, sondern nur Mittel zu einem außer ihnen
gesetzten Zwecke. Diesem Zwecke können aber aktive Rechte im
Verkehr mit Dritten nur dadurch dienstbar gemacht werden, daß
die Juristische Person darüber zur Erfüllung der Verbindlichkeiten
verfügt; daß sie sie zum Gegenstand rechtsgeschäftlicher Ab-
machungen macht (z. B. durch Verkauf von Eigentum) oder zur

1 Abgesehen von der geringen Brauchbarkeit solcher Rechte, über die
man nicht anders als durch nackten Verzicht verfügen kann; in seiner
Wirkung ist der Verzicht auf ein Recht nicht viel anderes als die Über-
nahme einer Pflicht. Wer auf eine Forderung von 1000 Fr. verzichtet, tut,
der Wirkung nach, nicht viel anderes als derjenige, der eine Schuld von
1000 Fr. eingeht; er macht sich beidemal um 1000 Fr. ärmer. Der Gesetz-
geber wird daher nicht oft Veranlassung haben, das eine zu gestatten und
das andere zu verbieten, da für ihn die Wirkung, nicht die begriffliche
Unterscheidung maßgebend ist.
2 Ob ich eine Schuld von 1000 Fr. bezahle oder, indem ich den Betrag
einem Dritten als Darlehen gebe, eine Forderung von 1000 Fr. erwerbe,
ist im wirtschaftlichen Ergebnis nicht sehr verschieden.

Die privaten Verbände.
beinahe jede Verfügung über ein aktives Recht auch eine Ver-
pflichtung. Wenn also die Gesamtheit über ihre Rechte, z. B. über
ihr Eigentum, wie andere Berechtigte, andere Eigentümer, soll
verfügen können, muß sie sich auch verpflichten können. Sonst
ist sie beinahe zur Unbeweglichkeit verurteilt1.

Deshalb hat es keinen rechten Sinn, einem Personenverband
die Fähigkeit zu gewähren, Rechte zu haben (und damit darauf zu
verzichten), nicht aber die Fähigkeit, Pflichten einzugehen, oder
die Fähigkeit, Rechte zu begründen (zu erwerben), nicht aber die
Fähigkeit, Pflichten zu erfüllen. Denn mit dem Verzicht auf ein
Recht wird ebensoviel verloren wie mit der Eingehung einer
Pflicht, und mit der Erfüllung einer (bestehenden) Pflicht wird
ebensoviel gewonnen wie mit dem Erwerb eines neuen Rechts2.
Subjektive Rechte hat man nur dadurch, daß man darauf verzich-
ten kann.

Vor allem aber: wozu sollte die Fähigkeit der Juristischen
Person, Eigentum und andere aktive Rechte zu haben, dienen,
wenn nicht als Gegenstand der Haftung für eingegangene Ver-
pflichtungen? Wenn bei der Juristischen Person die Form gemein-
samer Vertretung in den Dienst eines besonderen Zweckes gestellt
wird, wie wir angenommen haben, kann der Besitz aktiver Rechte
nicht Selbstzweck sein, sondern nur Mittel zu einem außer ihnen
gesetzten Zwecke. Diesem Zwecke können aber aktive Rechte im
Verkehr mit Dritten nur dadurch dienstbar gemacht werden, daß
die Juristische Person darüber zur Erfüllung der Verbindlichkeiten
verfügt; daß sie sie zum Gegenstand rechtsgeschäftlicher Ab-
machungen macht (z. B. durch Verkauf von Eigentum) oder zur

1 Abgesehen von der geringen Brauchbarkeit solcher Rechte, über die
man nicht anders als durch nackten Verzicht verfügen kann; in seiner
Wirkung ist der Verzicht auf ein Recht nicht viel anderes als die Über-
nahme einer Pflicht. Wer auf eine Forderung von 1000 Fr. verzichtet, tut,
der Wirkung nach, nicht viel anderes als derjenige, der eine Schuld von
1000 Fr. eingeht; er macht sich beidemal um 1000 Fr. ärmer. Der Gesetz-
geber wird daher nicht oft Veranlassung haben, das eine zu gestatten und
das andere zu verbieten, da für ihn die Wirkung, nicht die begriffliche
Unterscheidung maßgebend ist.
2 Ob ich eine Schuld von 1000 Fr. bezahle oder, indem ich den Betrag
einem Dritten als Darlehen gebe, eine Forderung von 1000 Fr. erwerbe,
ist im wirtschaftlichen Ergebnis nicht sehr verschieden.
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[333/0348] Die privaten Verbände. beinahe jede Verfügung über ein aktives Recht auch eine Ver- pflichtung. Wenn also die Gesamtheit über ihre Rechte, z. B. über ihr Eigentum, wie andere Berechtigte, andere Eigentümer, soll verfügen können, muß sie sich auch verpflichten können. Sonst ist sie beinahe zur Unbeweglichkeit verurteilt 1. Deshalb hat es keinen rechten Sinn, einem Personenverband die Fähigkeit zu gewähren, Rechte zu haben (und damit darauf zu verzichten), nicht aber die Fähigkeit, Pflichten einzugehen, oder die Fähigkeit, Rechte zu begründen (zu erwerben), nicht aber die Fähigkeit, Pflichten zu erfüllen. Denn mit dem Verzicht auf ein Recht wird ebensoviel verloren wie mit der Eingehung einer Pflicht, und mit der Erfüllung einer (bestehenden) Pflicht wird ebensoviel gewonnen wie mit dem Erwerb eines neuen Rechts 2. Subjektive Rechte hat man nur dadurch, daß man darauf verzich- ten kann. Vor allem aber: wozu sollte die Fähigkeit der Juristischen Person, Eigentum und andere aktive Rechte zu haben, dienen, wenn nicht als Gegenstand der Haftung für eingegangene Ver- pflichtungen? Wenn bei der Juristischen Person die Form gemein- samer Vertretung in den Dienst eines besonderen Zweckes gestellt wird, wie wir angenommen haben, kann der Besitz aktiver Rechte nicht Selbstzweck sein, sondern nur Mittel zu einem außer ihnen gesetzten Zwecke. Diesem Zwecke können aber aktive Rechte im Verkehr mit Dritten nur dadurch dienstbar gemacht werden, daß die Juristische Person darüber zur Erfüllung der Verbindlichkeiten verfügt; daß sie sie zum Gegenstand rechtsgeschäftlicher Ab- machungen macht (z. B. durch Verkauf von Eigentum) oder zur 1 Abgesehen von der geringen Brauchbarkeit solcher Rechte, über die man nicht anders als durch nackten Verzicht verfügen kann; in seiner Wirkung ist der Verzicht auf ein Recht nicht viel anderes als die Über- nahme einer Pflicht. Wer auf eine Forderung von 1000 Fr. verzichtet, tut, der Wirkung nach, nicht viel anderes als derjenige, der eine Schuld von 1000 Fr. eingeht; er macht sich beidemal um 1000 Fr. ärmer. Der Gesetz- geber wird daher nicht oft Veranlassung haben, das eine zu gestatten und das andere zu verbieten, da für ihn die Wirkung, nicht die begriffliche Unterscheidung maßgebend ist. 2 Ob ich eine Schuld von 1000 Fr. bezahle oder, indem ich den Betrag einem Dritten als Darlehen gebe, eine Forderung von 1000 Fr. erwerbe, ist im wirtschaftlichen Ergebnis nicht sehr verschieden.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/348>, abgerufen am 25.11.2024.