Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. Wenn der Verband zur Erreichung seines Zweckes keines Man kann auch hier begrifflich die Vertretung nach außen Vertretungsbefugnis nach außen versteht, ist die Anerkennung des Vereins
daneben sehr wohl denkbar, nämlich als Binnenorganisation; denn daß hier- für keine Eintragung nötig ist, ist sachlich ganz plausibel; versteht aber das Gesetz unter "juristischer Persönlichkeit" auch diese einheitliche Ver- tretungsordnung der Mitgliederinteressen, die Binnenorganisation, so "exi- stiert" der Verein nach diesem positiven (aber sachlich wohl nicht begrün- deten) Recht auch in dieser Beziehung erst nach der Eintragung. Im ersten Sinne ist z. B. Schweizer. OR Art. 678 zu verstehen, und bis 1912 galt das- selbe bezüglich der Vereine gemäß Art. 716. Man muß nur unterscheiden, was sich allgemeingültig entscheiden läßt von dem, was durch das positive Recht entschieden werden muß. Sachlich ist jene Trennung allerdings immer mangelhaft; der Zweck der Binnen- organisation kann vollständig nicht ohne Außenorganisation und der Zweck der Außenorganisation nicht ohne entsprechende Binnenorganisation erreicht werden. Die beiden sind praktisch bei den erwähnten Verbänden auf- einander angewiesen; aber sie sind begrifflich unterscheidbar. III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. Wenn der Verband zur Erreichung seines Zweckes keines Man kann auch hier begrifflich die Vertretung nach außen Vertretungsbefugnis nach außen versteht, ist die Anerkennung des Vereins
daneben sehr wohl denkbar, nämlich als Binnenorganisation; denn daß hier- für keine Eintragung nötig ist, ist sachlich ganz plausibel; versteht aber das Gesetz unter „juristischer Persönlichkeit“ auch diese einheitliche Ver- tretungsordnung der Mitgliederinteressen, die Binnenorganisation, so „exi- stiert“ der Verein nach diesem positiven (aber sachlich wohl nicht begrün- deten) Recht auch in dieser Beziehung erst nach der Eintragung. Im ersten Sinne ist z. B. Schweizer. OR Art. 678 zu verstehen, und bis 1912 galt das- selbe bezüglich der Vereine gemäß Art. 716. Man muß nur unterscheiden, was sich allgemeingültig entscheiden läßt von dem, was durch das positive Recht entschieden werden muß. Sachlich ist jene Trennung allerdings immer mangelhaft; der Zweck der Binnen- organisation kann vollständig nicht ohne Außenorganisation und der Zweck der Außenorganisation nicht ohne entsprechende Binnenorganisation erreicht werden. Die beiden sind praktisch bei den erwähnten Verbänden auf- einander angewiesen; aber sie sind begrifflich unterscheidbar. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0341" n="326"/> <fw place="top" type="header">III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.</fw><lb/> <p>Wenn der Verband zur Erreichung seines Zweckes keines<lb/> oder sozusagen keines Rechtsverkehrs mit Dritten bedarf, ent-<lb/> steht aus dieser Beschränkung auch keine praktische Schwierig-<lb/> keit. Aber schon wenn der Verband dingliche Rechte, z. B. Eigen-<lb/> tum, erwerben soll, zeigt sich, daß die Organisation in dieser Be-<lb/> schränkung ihrem Zweck nicht mehr genügt. Wenn die Berufs-<lb/> genossenschaft z. B. den Überschuß der Beiträge in Werttiteln<lb/> anlegen will, werden diese Titel Eigentum der Genossenschaft nur,<lb/> wenn der Vorstand auch jedem Dritten gegenüber die (ausschließ-<lb/> liche) Verfügungsgewalt hat, und er <hi rendition="#g">muß</hi> sie auch haben, wenn<lb/> der Zweck der Gemeinschaft, die Berufsinteressen der Mitglieder<lb/> mit Geldmitteln zu fördern, sicher erreicht werden soll; denn,<lb/> wenn die Titel gegenüber Dritten persönliches Eigentum der Mit-<lb/> glieder oder der einzelnen Vorstandsmitglieder (als Treuhänder)<lb/> sind, verfügt nicht derjenige darüber, der den Gemeinschafts-<lb/> zweck zu verfolgen hat, der Vorstand, und es können die Eigen-<lb/> tümer dieses Recht, ohne Rücksicht auf den Gemeinschaftszweck<lb/> (z. B. gegen einen persönlichen Vorteil) gültig preisgeben. Um so<lb/> mehr muß diese äußere Vertretungsmacht gegeben sein, wenn der<lb/> Zweck der Genossenschaft einen laufenden geschäftlichen Verkehr<lb/> mit Dritten erfordert, wie bei Ein- und Verkaufsgenossenschaften<lb/> u. a. m.</p><lb/> <p>Man kann auch hier begrifflich die Vertretung nach außen<lb/> von der Vertretung nach innen (d. h. der Gesamtheit gegenüber</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_47_2" prev="#seg2pn_47_1" place="foot" n="2"> <p>Vertretungsbefugnis nach außen versteht, ist die Anerkennung des Vereins<lb/> daneben sehr wohl denkbar, nämlich als Binnenorganisation; denn daß hier-<lb/> für keine Eintragung nötig ist, ist sachlich ganz plausibel; versteht aber das<lb/> Gesetz unter „juristischer Persönlichkeit“ auch diese einheitliche Ver-<lb/> tretungsordnung der Mitgliederinteressen, die Binnenorganisation, so „exi-<lb/> stiert“ der Verein nach diesem positiven (aber sachlich wohl nicht begrün-<lb/> deten) Recht auch in dieser Beziehung erst nach der Eintragung. Im ersten<lb/> Sinne ist z. B. Schweizer. OR Art. 678 zu verstehen, und bis 1912 galt das-<lb/> selbe bezüglich der Vereine gemäß Art. 716.</p><lb/> <p>Man muß nur unterscheiden, was sich allgemeingültig entscheiden läßt<lb/> von dem, was durch das positive Recht entschieden werden muß. Sachlich<lb/> ist jene Trennung allerdings immer mangelhaft; der Zweck der Binnen-<lb/> organisation kann vollständig nicht ohne Außenorganisation und der Zweck<lb/> der Außenorganisation nicht ohne entsprechende Binnenorganisation erreicht<lb/> werden. Die beiden sind <hi rendition="#g">praktisch</hi> bei den erwähnten Verbänden auf-<lb/> einander angewiesen; aber sie sind <hi rendition="#g">begrifflich</hi> unterscheidbar.</p> </note><lb/> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0341]
III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.
Wenn der Verband zur Erreichung seines Zweckes keines
oder sozusagen keines Rechtsverkehrs mit Dritten bedarf, ent-
steht aus dieser Beschränkung auch keine praktische Schwierig-
keit. Aber schon wenn der Verband dingliche Rechte, z. B. Eigen-
tum, erwerben soll, zeigt sich, daß die Organisation in dieser Be-
schränkung ihrem Zweck nicht mehr genügt. Wenn die Berufs-
genossenschaft z. B. den Überschuß der Beiträge in Werttiteln
anlegen will, werden diese Titel Eigentum der Genossenschaft nur,
wenn der Vorstand auch jedem Dritten gegenüber die (ausschließ-
liche) Verfügungsgewalt hat, und er muß sie auch haben, wenn
der Zweck der Gemeinschaft, die Berufsinteressen der Mitglieder
mit Geldmitteln zu fördern, sicher erreicht werden soll; denn,
wenn die Titel gegenüber Dritten persönliches Eigentum der Mit-
glieder oder der einzelnen Vorstandsmitglieder (als Treuhänder)
sind, verfügt nicht derjenige darüber, der den Gemeinschafts-
zweck zu verfolgen hat, der Vorstand, und es können die Eigen-
tümer dieses Recht, ohne Rücksicht auf den Gemeinschaftszweck
(z. B. gegen einen persönlichen Vorteil) gültig preisgeben. Um so
mehr muß diese äußere Vertretungsmacht gegeben sein, wenn der
Zweck der Genossenschaft einen laufenden geschäftlichen Verkehr
mit Dritten erfordert, wie bei Ein- und Verkaufsgenossenschaften
u. a. m.
Man kann auch hier begrifflich die Vertretung nach außen
von der Vertretung nach innen (d. h. der Gesamtheit gegenüber
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2 Vertretungsbefugnis nach außen versteht, ist die Anerkennung des Vereins
daneben sehr wohl denkbar, nämlich als Binnenorganisation; denn daß hier-
für keine Eintragung nötig ist, ist sachlich ganz plausibel; versteht aber das
Gesetz unter „juristischer Persönlichkeit“ auch diese einheitliche Ver-
tretungsordnung der Mitgliederinteressen, die Binnenorganisation, so „exi-
stiert“ der Verein nach diesem positiven (aber sachlich wohl nicht begrün-
deten) Recht auch in dieser Beziehung erst nach der Eintragung. Im ersten
Sinne ist z. B. Schweizer. OR Art. 678 zu verstehen, und bis 1912 galt das-
selbe bezüglich der Vereine gemäß Art. 716.
Man muß nur unterscheiden, was sich allgemeingültig entscheiden läßt
von dem, was durch das positive Recht entschieden werden muß. Sachlich
ist jene Trennung allerdings immer mangelhaft; der Zweck der Binnen-
organisation kann vollständig nicht ohne Außenorganisation und der Zweck
der Außenorganisation nicht ohne entsprechende Binnenorganisation erreicht
werden. Die beiden sind praktisch bei den erwähnten Verbänden auf-
einander angewiesen; aber sie sind begrifflich unterscheidbar.
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