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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Die privaten Verbände.
Deshalb müssen die auf zahlreiche Teilnehmerschaft berechneten
Vereine, Genossenschaften und Aktiengesellschaften auch im Ver-
hältnis der Mitglieder untereinander ihre einheitliche Organisation
haben, nämlich Organe, welche einheitlich und unter Ausschluß
der Einzelnen die Pflichten der Einzelnen gegenüber der Gemein-
schaft geltend machen und für die Pflichten der Gemeinschaft
gegenüber den Mitgliedern einstehen1.

Es ist aber auch umgekehrt denkbar, daß diese organmäßige
Vertretungsordnung, die wir Juristische Person genannt haben,
nur im Verhältnis der Mitglieder untereinander gelte, nicht aber
im Verhältnis zu Dritten. Es kann sein, daß der Vorstand eines
Vereines oder einer Genossenschaft ausschließlich die Pflichten
der Einzelnen gegen die Gesamtheit geltend machen könne und
für die Befriedigung der Ansprüche der Einzelnen an die Gesamt-
heit einzustehen habe, z. B. die Pflicht der Mitglieder, an die Unter-
haltung der gemeinschaftlichen Anstalten beizutragen, und das
Recht jedes Mitgliedes, sie nach der gemeinschaftlichen Ordnung
zu benutzen. Eben dadurch, daß der Vorstand allein befugt ist,
die Beiträge von den Einzelnen einzufordern, und verpflichtet ist,
ihnen den Mitgenuß der gemeinschaftlichen Anstalten zu ver-
schaffen, wird jene Beitragspflicht der Mitglieder zu einer Pflicht
gegenüber der Genossenschaft und dieses Benutzungsrecht zu
einem Recht gegenüber der Genossenschaft, oder umgekehrt: die
Genossenschaft ist berechtigt, die Beiträge zu fordern, und ver-
pflichtet, die Mitbenutzung zu gestatten. Daß der Vorstand die
Gesamtheit der Mitglieder, die Genossenschaft, auch nach außen
vertrete, ist damit nicht begriffsnotwendig gegeben2.

1 Gerade dadurch werden diese Pflichten der Einzelnen zu Pflichten
gegenüber der Gesamtheit und die Ansprüche der Einzelnen zu Ansprüchen
gegenüber der Gesamtheit.
Nach SchwZGB existiert ein Verein i. S. Art. 60 erst, wenn eine auch
nach innen wirksame Organisation bestellt worden ist; nach Art. 695 OR
muß jede Genossenschaft einen Vorstand haben, der auch "der Genossen-
schaft gegenüber", d. h. den einzelnen Genossenschaftern gegenüber, die
Gesamtheit vertreten kann; Art. 699.
2 Darauf ging wohl sachlich die Kontroverse, ob nichteingetragene
Vereine als solche anerkannt und rechtlich geschützt werden könnten, wo
die "juristische Persönlichkeit" nach Gesetz nur durch die Eintragung er-
langt wird. Wenn das Gesetz unter "juristischer Persönlichkeit" nur die

Die privaten Verbände.
Deshalb müssen die auf zahlreiche Teilnehmerschaft berechneten
Vereine, Genossenschaften und Aktiengesellschaften auch im Ver-
hältnis der Mitglieder untereinander ihre einheitliche Organisation
haben, nämlich Organe, welche einheitlich und unter Ausschluß
der Einzelnen die Pflichten der Einzelnen gegenüber der Gemein-
schaft geltend machen und für die Pflichten der Gemeinschaft
gegenüber den Mitgliedern einstehen1.

Es ist aber auch umgekehrt denkbar, daß diese organmäßige
Vertretungsordnung, die wir Juristische Person genannt haben,
nur im Verhältnis der Mitglieder untereinander gelte, nicht aber
im Verhältnis zu Dritten. Es kann sein, daß der Vorstand eines
Vereines oder einer Genossenschaft ausschließlich die Pflichten
der Einzelnen gegen die Gesamtheit geltend machen könne und
für die Befriedigung der Ansprüche der Einzelnen an die Gesamt-
heit einzustehen habe, z. B. die Pflicht der Mitglieder, an die Unter-
haltung der gemeinschaftlichen Anstalten beizutragen, und das
Recht jedes Mitgliedes, sie nach der gemeinschaftlichen Ordnung
zu benutzen. Eben dadurch, daß der Vorstand allein befugt ist,
die Beiträge von den Einzelnen einzufordern, und verpflichtet ist,
ihnen den Mitgenuß der gemeinschaftlichen Anstalten zu ver-
schaffen, wird jene Beitragspflicht der Mitglieder zu einer Pflicht
gegenüber der Genossenschaft und dieses Benutzungsrecht zu
einem Recht gegenüber der Genossenschaft, oder umgekehrt: die
Genossenschaft ist berechtigt, die Beiträge zu fordern, und ver-
pflichtet, die Mitbenutzung zu gestatten. Daß der Vorstand die
Gesamtheit der Mitglieder, die Genossenschaft, auch nach außen
vertrete, ist damit nicht begriffsnotwendig gegeben2.

1 Gerade dadurch werden diese Pflichten der Einzelnen zu Pflichten
gegenüber der Gesamtheit und die Ansprüche der Einzelnen zu Ansprüchen
gegenüber der Gesamtheit.
Nach SchwZGB existiert ein Verein i. S. Art. 60 erst, wenn eine auch
nach innen wirksame Organisation bestellt worden ist; nach Art. 695 OR
muß jede Genossenschaft einen Vorstand haben, der auch „der Genossen-
schaft gegenüber“, d. h. den einzelnen Genossenschaftern gegenüber, die
Gesamtheit vertreten kann; Art. 699.
2 Darauf ging wohl sachlich die Kontroverse, ob nichteingetragene
Vereine als solche anerkannt und rechtlich geschützt werden könnten, wo
die „juristische Persönlichkeit“ nach Gesetz nur durch die Eintragung er-
langt wird. Wenn das Gesetz unter „juristischer Persönlichkeit“ nur die
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[325/0340] Die privaten Verbände. Deshalb müssen die auf zahlreiche Teilnehmerschaft berechneten Vereine, Genossenschaften und Aktiengesellschaften auch im Ver- hältnis der Mitglieder untereinander ihre einheitliche Organisation haben, nämlich Organe, welche einheitlich und unter Ausschluß der Einzelnen die Pflichten der Einzelnen gegenüber der Gemein- schaft geltend machen und für die Pflichten der Gemeinschaft gegenüber den Mitgliedern einstehen 1. Es ist aber auch umgekehrt denkbar, daß diese organmäßige Vertretungsordnung, die wir Juristische Person genannt haben, nur im Verhältnis der Mitglieder untereinander gelte, nicht aber im Verhältnis zu Dritten. Es kann sein, daß der Vorstand eines Vereines oder einer Genossenschaft ausschließlich die Pflichten der Einzelnen gegen die Gesamtheit geltend machen könne und für die Befriedigung der Ansprüche der Einzelnen an die Gesamt- heit einzustehen habe, z. B. die Pflicht der Mitglieder, an die Unter- haltung der gemeinschaftlichen Anstalten beizutragen, und das Recht jedes Mitgliedes, sie nach der gemeinschaftlichen Ordnung zu benutzen. Eben dadurch, daß der Vorstand allein befugt ist, die Beiträge von den Einzelnen einzufordern, und verpflichtet ist, ihnen den Mitgenuß der gemeinschaftlichen Anstalten zu ver- schaffen, wird jene Beitragspflicht der Mitglieder zu einer Pflicht gegenüber der Genossenschaft und dieses Benutzungsrecht zu einem Recht gegenüber der Genossenschaft, oder umgekehrt: die Genossenschaft ist berechtigt, die Beiträge zu fordern, und ver- pflichtet, die Mitbenutzung zu gestatten. Daß der Vorstand die Gesamtheit der Mitglieder, die Genossenschaft, auch nach außen vertrete, ist damit nicht begriffsnotwendig gegeben 2. 1 Gerade dadurch werden diese Pflichten der Einzelnen zu Pflichten gegenüber der Gesamtheit und die Ansprüche der Einzelnen zu Ansprüchen gegenüber der Gesamtheit. Nach SchwZGB existiert ein Verein i. S. Art. 60 erst, wenn eine auch nach innen wirksame Organisation bestellt worden ist; nach Art. 695 OR muß jede Genossenschaft einen Vorstand haben, der auch „der Genossen- schaft gegenüber“, d. h. den einzelnen Genossenschaftern gegenüber, die Gesamtheit vertreten kann; Art. 699. 2 Darauf ging wohl sachlich die Kontroverse, ob nichteingetragene Vereine als solche anerkannt und rechtlich geschützt werden könnten, wo die „juristische Persönlichkeit“ nach Gesetz nur durch die Eintragung er- langt wird. Wenn das Gesetz unter „juristischer Persönlichkeit“ nur die

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/340>, abgerufen am 25.11.2024.