Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.Der Begriff der staatlichen Organisation. erklärt sich als die verbindliche Norm, die es sein will, nur insofernund soweit, als sich einsehen läßt, daß es die unter den gegebenen Umständen gerechte und vernünftige Ordnung ist oder war1. Eine vergangene Ordnung im Rahmen der damaligen tatsächlichen Umstände als eine gerechte, vernünftige Regelung zu begreifen, soweit sie sich begreifen läßt, ist die wahre und eigentliche Aufgabe des Rechtshistorikers. b) Durch diese rechtssatzmäßige Natur unterscheidet sich die Worin unterscheidet sich aber der Staat von diesen Orga- Dadurch, daß er der oberste ist2. Das will nicht bloß sagen, daß er diesen engeren Verbänden 1 Es sei denn, sie lasse sich aus einer anderen, schon geltenden Norm ableiten, wie das Gesetz aus der Zuständigkeitsnorm der Verfassung. Wir sprechen hier nicht von dieser abgeleiteten Geltung, sondern von der pri- mären. 2 Das ist der qualitative Unterschied, den Kelsen, Allgemeine Staats-
lehre 117 ff., vermißt. Es ist kein bloß relativer Unterschied, wie er in "Problem der Souveränität" S. 40 meint. Diese Eigenschaft ist bekanntlich von vielen als eine wesentliche Eigenschaft des Staates erkannt worden. Vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. A., 486, im Gegensatz zu Jellinek selbst, Laband und die von ihm angeführten Schriftsteller I 64; Carre de Malberg I 88, 172; Hatscheck, Deutsches und Preußisches Staatsrecht I (1922) 4. Der Begriff der staatlichen Organisation. erklärt sich als die verbindliche Norm, die es sein will, nur insofernund soweit, als sich einsehen läßt, daß es die unter den gegebenen Umständen gerechte und vernünftige Ordnung ist oder war1. Eine vergangene Ordnung im Rahmen der damaligen tatsächlichen Umstände als eine gerechte, vernünftige Regelung zu begreifen, soweit sie sich begreifen läßt, ist die wahre und eigentliche Aufgabe des Rechtshistorikers. b) Durch diese rechtssatzmäßige Natur unterscheidet sich die Worin unterscheidet sich aber der Staat von diesen Orga- Dadurch, daß er der oberste ist2. Das will nicht bloß sagen, daß er diesen engeren Verbänden 1 Es sei denn, sie lasse sich aus einer anderen, schon geltenden Norm ableiten, wie das Gesetz aus der Zuständigkeitsnorm der Verfassung. Wir sprechen hier nicht von dieser abgeleiteten Geltung, sondern von der pri- mären. 2 Das ist der qualitative Unterschied, den Kelsen, Allgemeine Staats-
lehre 117 ff., vermißt. Es ist kein bloß relativer Unterschied, wie er in „Problem der Souveränität“ S. 40 meint. Diese Eigenschaft ist bekanntlich von vielen als eine wesentliche Eigenschaft des Staates erkannt worden. Vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. A., 486, im Gegensatz zu Jellinek selbst, Laband und die von ihm angeführten Schriftsteller I 64; Carré de Malberg I 88, 172; Hatscheck, Deutsches und Preußisches Staatsrecht I (1922) 4. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0162" n="147"/><fw place="top" type="header">Der Begriff der staatlichen Organisation.</fw><lb/> erklärt sich als die verbindliche Norm, die es sein will, nur insofern<lb/> und soweit, als sich einsehen läßt, daß es die unter den gegebenen<lb/> Umständen gerechte und vernünftige Ordnung ist oder war<note place="foot" n="1">Es sei denn, sie lasse sich aus einer anderen, schon geltenden Norm<lb/> ableiten, wie das Gesetz aus der Zuständigkeitsnorm der Verfassung. Wir<lb/> sprechen hier nicht von dieser abgeleiteten Geltung, sondern von der pri-<lb/> mären.</note>.<lb/> Eine vergangene Ordnung im Rahmen der damaligen tatsächlichen<lb/> Umstände als eine gerechte, vernünftige Regelung zu begreifen,<lb/> soweit sie sich begreifen läßt, ist die wahre und eigentliche Aufgabe<lb/> des Rechtshistorikers.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">b)</hi> Durch diese rechtssatzmäßige Natur unterscheidet sich die<lb/> staatliche Organisation von derjenigen einer gewillkürten Gemein-<lb/> schaft, wie sie ein Verein, eine Handelsgesellschaft, eine privat-<lb/> rechtliche Anstalt darstellen. Dadurch gleicht sie aber den öffent-<lb/> lich-rechtlichen Organisationen, wie den Anstalten des öffentlichen<lb/> Rechts, den Gemeinden, Provinzen und anderen Körperschaften,<lb/> die, wie er, nicht durch den Zufall einer rechtsgeschäftlichen Ent-<lb/> schließung von Privatpersonen entstehen, sondern durch den<lb/> Willen des objektiven Rechts, der Rechtsordnung selbst: als Be-<lb/> standteile des Planes, welcher die Zuständigkeitsordnung, die Ver-<lb/> fassung des Landes ausmacht.</p><lb/> <p>Worin unterscheidet sich aber der Staat von diesen Orga-<lb/> nismen?</p><lb/> <p>Dadurch, daß er der <hi rendition="#b">oberste</hi> ist<note place="foot" n="2">Das ist der qualitative Unterschied, den <hi rendition="#g">Kelsen,</hi> Allgemeine Staats-<lb/> lehre 117 ff., vermißt. Es ist kein bloß relativer Unterschied, wie er in<lb/> „Problem der Souveränität“ S. 40 meint. Diese Eigenschaft ist bekanntlich<lb/> von vielen als eine wesentliche Eigenschaft des Staates erkannt worden.<lb/> Vgl. G. <hi rendition="#g">Jellinek,</hi> Allgemeine Staatslehre, 3. A., 486, im Gegensatz zu<lb/><hi rendition="#g">Jellinek</hi> selbst, <hi rendition="#g">Laband</hi> und die von ihm angeführten Schriftsteller I 64;<lb/><hi rendition="#g">Carré de Malberg</hi> I 88, 172; <hi rendition="#g">Hatscheck,</hi> Deutsches und Preußisches<lb/> Staatsrecht I (1922) 4.</note>.</p><lb/> <p>Das will nicht bloß sagen, daß er diesen engeren Verbänden<lb/> gegenüber der weitere, umfassendere ist; denn das wäre ja nur<lb/> ein relativer Unterschied der schließlich zur Annahme führen<lb/> könnte, daß die Völkerrechts-Gemeinschaft, weil die allumfassendste,<lb/> der eigentliche Staat, die civitas maxima, wäre. Es will vielmehr<lb/> sagen, daß die staatliche Organisation schlechthin die höchste ist,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [147/0162]
Der Begriff der staatlichen Organisation.
erklärt sich als die verbindliche Norm, die es sein will, nur insofern
und soweit, als sich einsehen läßt, daß es die unter den gegebenen
Umständen gerechte und vernünftige Ordnung ist oder war 1.
Eine vergangene Ordnung im Rahmen der damaligen tatsächlichen
Umstände als eine gerechte, vernünftige Regelung zu begreifen,
soweit sie sich begreifen läßt, ist die wahre und eigentliche Aufgabe
des Rechtshistorikers.
b) Durch diese rechtssatzmäßige Natur unterscheidet sich die
staatliche Organisation von derjenigen einer gewillkürten Gemein-
schaft, wie sie ein Verein, eine Handelsgesellschaft, eine privat-
rechtliche Anstalt darstellen. Dadurch gleicht sie aber den öffent-
lich-rechtlichen Organisationen, wie den Anstalten des öffentlichen
Rechts, den Gemeinden, Provinzen und anderen Körperschaften,
die, wie er, nicht durch den Zufall einer rechtsgeschäftlichen Ent-
schließung von Privatpersonen entstehen, sondern durch den
Willen des objektiven Rechts, der Rechtsordnung selbst: als Be-
standteile des Planes, welcher die Zuständigkeitsordnung, die Ver-
fassung des Landes ausmacht.
Worin unterscheidet sich aber der Staat von diesen Orga-
nismen?
Dadurch, daß er der oberste ist 2.
Das will nicht bloß sagen, daß er diesen engeren Verbänden
gegenüber der weitere, umfassendere ist; denn das wäre ja nur
ein relativer Unterschied der schließlich zur Annahme führen
könnte, daß die Völkerrechts-Gemeinschaft, weil die allumfassendste,
der eigentliche Staat, die civitas maxima, wäre. Es will vielmehr
sagen, daß die staatliche Organisation schlechthin die höchste ist,
1 Es sei denn, sie lasse sich aus einer anderen, schon geltenden Norm
ableiten, wie das Gesetz aus der Zuständigkeitsnorm der Verfassung. Wir
sprechen hier nicht von dieser abgeleiteten Geltung, sondern von der pri-
mären.
2 Das ist der qualitative Unterschied, den Kelsen, Allgemeine Staats-
lehre 117 ff., vermißt. Es ist kein bloß relativer Unterschied, wie er in
„Problem der Souveränität“ S. 40 meint. Diese Eigenschaft ist bekanntlich
von vielen als eine wesentliche Eigenschaft des Staates erkannt worden.
Vgl. G. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, 3. A., 486, im Gegensatz zu
Jellinek selbst, Laband und die von ihm angeführten Schriftsteller I 64;
Carré de Malberg I 88, 172; Hatscheck, Deutsches und Preußisches
Staatsrecht I (1922) 4.
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