Die Frucht eines abermaligen längern Aufenthaltes in Italien, welche ich Dir, liebster Freund, hier überreiche, gehört Dein von Rechtes wegen. Ich könnte sie Dir widmen, weil ich vier Jahre in Berlin als ein Kind deines Hauses gelebt und grosse Arbeiten von Dir anvertraut erhalten habe, oder weil ich überhaupt den besten Theil meiner Bildung Dir verdanke; am liebsten aber soll diese Widmung Dich erinnern an unsere friedlichen Spaziergänge durch den sommerlichen Flugsand wie durch die Winternässe und den Schnee eurer Umgegend. Ich weiss, dass mir nichts mehr die geistige Mittheilung ersetzen wird, deren ich damals theilhaftig wurde.
Auch in diesem Buche ist das Gute, was man finden mag, eine Frucht Deiner Anregung. Für das Übrige wünsche ich selber verantwortlich gemacht zu werden. Du siehest, wie ich mit unserer schon etwas bejahrten ästhetischen Sprache ge- kämpft habe, um ihr ein eigenthümliches Leben abzugewinnen, wie aber die Nothwendigkeit des gedrängten Aufzählens und die Gleichartigkeit der Kunstwahrnehmungen mich zu manchen
AN FRANZ KUGLER IN BERLIN.
Die Frucht eines abermaligen längern Aufenthaltes in Italien, welche ich Dir, liebster Freund, hier überreiche, gehört Dein von Rechtes wegen. Ich könnte sie Dir widmen, weil ich vier Jahre in Berlin als ein Kind deines Hauses gelebt und grosse Arbeiten von Dir anvertraut erhalten habe, oder weil ich überhaupt den besten Theil meiner Bildung Dir verdanke; am liebsten aber soll diese Widmung Dich erinnern an unsere friedlichen Spaziergänge durch den sommerlichen Flugsand wie durch die Winternässe und den Schnee eurer Umgegend. Ich weiss, dass mir nichts mehr die geistige Mittheilung ersetzen wird, deren ich damals theilhaftig wurde.
Auch in diesem Buche ist das Gute, was man finden mag, eine Frucht Deiner Anregung. Für das Übrige wünsche ich selber verantwortlich gemacht zu werden. Du siehest, wie ich mit unserer schon etwas bejahrten ästhetischen Sprache ge- kämpft habe, um ihr ein eigenthümliches Leben abzugewinnen, wie aber die Nothwendigkeit des gedrängten Aufzählens und die Gleichartigkeit der Kunstwahrnehmungen mich zu manchen
<TEI><text><front><pbfacs="#f0009"n="[III]"/><divn="1"><head><hirendition="#b">AN FRANZ KUGLER IN BERLIN.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#i"><hirendition="#in">D</hi>ie Frucht eines abermaligen längern Aufenthaltes in<lb/>
Italien, welche ich Dir, liebster Freund, hier überreiche, gehört<lb/>
Dein von Rechtes wegen. Ich könnte sie Dir widmen, weil ich<lb/>
vier Jahre in Berlin als ein Kind deines Hauses gelebt und<lb/>
grosse Arbeiten von Dir anvertraut erhalten habe, oder weil<lb/>
ich überhaupt den besten Theil meiner Bildung Dir verdanke;<lb/>
am liebsten aber soll diese Widmung Dich erinnern an unsere<lb/>
friedlichen Spaziergänge durch den sommerlichen Flugsand wie<lb/>
durch die Winternässe und den Schnee eurer Umgegend. Ich<lb/>
weiss, dass mir nichts mehr die geistige Mittheilung ersetzen<lb/>
wird, deren ich damals theilhaftig wurde.</hi></p><lb/><p><hirendition="#i">Auch in diesem Buche ist das Gute, was man finden mag,<lb/>
eine Frucht Deiner Anregung. Für das Übrige wünsche ich<lb/>
selber verantwortlich gemacht zu werden. Du siehest, wie ich<lb/>
mit unserer schon etwas bejahrten ästhetischen Sprache ge-<lb/>
kämpft habe, um ihr ein eigenthümliches Leben abzugewinnen,<lb/>
wie aber die Nothwendigkeit des gedrängten Aufzählens und<lb/>
die Gleichartigkeit der Kunstwahrnehmungen mich zu manchen<lb/></hi></p></div></front></text></TEI>
[[III]/0009]
AN FRANZ KUGLER IN BERLIN.
Die Frucht eines abermaligen längern Aufenthaltes in
Italien, welche ich Dir, liebster Freund, hier überreiche, gehört
Dein von Rechtes wegen. Ich könnte sie Dir widmen, weil ich
vier Jahre in Berlin als ein Kind deines Hauses gelebt und
grosse Arbeiten von Dir anvertraut erhalten habe, oder weil
ich überhaupt den besten Theil meiner Bildung Dir verdanke;
am liebsten aber soll diese Widmung Dich erinnern an unsere
friedlichen Spaziergänge durch den sommerlichen Flugsand wie
durch die Winternässe und den Schnee eurer Umgegend. Ich
weiss, dass mir nichts mehr die geistige Mittheilung ersetzen
wird, deren ich damals theilhaftig wurde.
Auch in diesem Buche ist das Gute, was man finden mag,
eine Frucht Deiner Anregung. Für das Übrige wünsche ich
selber verantwortlich gemacht zu werden. Du siehest, wie ich
mit unserer schon etwas bejahrten ästhetischen Sprache ge-
kämpft habe, um ihr ein eigenthümliches Leben abzugewinnen,
wie aber die Nothwendigkeit des gedrängten Aufzählens und
die Gleichartigkeit der Kunstwahrnehmungen mich zu manchen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. [III]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/9>, abgerufen am 17.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.