an der Schale meist die concentrischen Streifen der Muschel, doch auch wohl reiches Blattwerk; der obere Theil, welcher die eigentliche Urne ausmacht, bleibt frei für die Reliefs; der Rand aber zeigt einen schönen Umschlag in der Form des sogenannten Eierstabes. Die Hen- kel sind bisweilen nach oben mehrfach in elastischen Spiralen gerin- gelt (so an der sonst einfachen Colossalvase des Vorhofes von S. Ce-a cilia in Rom und an der kleinern an der Treppe des Palazzob Mattei); ihre untern Ansätze erscheinen mit Masken und andern Köpfen verziert. Bisweilen sind lebende Wesen als Träger der Ge- fässe, Tische u. s. w. rund gearbeitet; so ruht ein vaticanisches Ge- fäss (Belvedere, Raum zunächst dem Meleager) auf den verschlunge-c nen Schweifen von drei Seepferden, ein Becken ebendort (oberer Gang)d auf den Schultern dreier Satyrn mit Schläuchen u. s. w. -- Die Drei- seitigkeit der meisten Untersätze hatte wohl ihren Ursprung in der Form der Dreifüsse, für welche dergleichen Prachtpiedestale früher hauptsächlich gearbeitet wurden; allein die Kunst behielt sie später gerne auch für Candelaber, Vasen u. dgl. bei, des leichten und an- muthigen Aussehens wegen und zum Unterschiede von der Architektur.
Diese Arbeiten sind oft sehr stark nach verhältnissmässig gerin- gen Bruchstücken und nach Analogien ergänzt. Wo zwei identische Candelaber stehen, wird der eine in der Regel die Copie, ja der blosse Abguss des andern und nur der Symmetrie halber mit aufgestellt sein. Wir zählen in Kürze eine Auswahl des Besten auf.
Im Vatican, mit Ausnahme des schon Genannten: im Braccioe nuovo: die schwarze Vase mit Masken; -- in den verschiedenen Räumen des Belvedere und in der Sala degli Animali: Tischstützen (Trapezo-f phoren) mit Thieren und Thierköpfen jeder Art und Güte; -- im obern Gang: zwei kleinere und vier grössere Candelaber, letztere besondersg schön mit Genien, die in Arabesken auslaufen (ein ganz ähnlicher im Chor von S. Agnese vor Porta Pia); ein grosses Candelaberfragmenth mit flachem Akanthus; grosser, stark zusammengesetzter Candelaber mit dem Dreifussraub an der Basis; mehrere schöne Vasen, Brunnen u. s. w.; zwei vierseitige schmale Altäre, nach Art der marmornen Dreifüsse sehr reich behandelt. -- Im Museo capitolino: oberei Galerie: sehr ausgezeichnete grosse Vase, deren Pflanzenverzierung in fünfblättrigen Schoten ausgeht; -- Zimmer der Vase: nächst dem einfachk
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Marmorne Prachtgeräthe.
an der Schale meist die concentrischen Streifen der Muschel, doch auch wohl reiches Blattwerk; der obere Theil, welcher die eigentliche Urne ausmacht, bleibt frei für die Reliefs; der Rand aber zeigt einen schönen Umschlag in der Form des sogenannten Eierstabes. Die Hen- kel sind bisweilen nach oben mehrfach in elastischen Spiralen gerin- gelt (so an der sonst einfachen Colossalvase des Vorhofes von S. Ce-a cilia in Rom und an der kleinern an der Treppe des Palazzob Mattei); ihre untern Ansätze erscheinen mit Masken und andern Köpfen verziert. Bisweilen sind lebende Wesen als Träger der Ge- fässe, Tische u. s. w. rund gearbeitet; so ruht ein vaticanisches Ge- fäss (Belvedere, Raum zunächst dem Meleager) auf den verschlunge-c nen Schweifen von drei Seepferden, ein Becken ebendort (oberer Gang)d auf den Schultern dreier Satyrn mit Schläuchen u. s. w. — Die Drei- seitigkeit der meisten Untersätze hatte wohl ihren Ursprung in der Form der Dreifüsse, für welche dergleichen Prachtpiedestale früher hauptsächlich gearbeitet wurden; allein die Kunst behielt sie später gerne auch für Candelaber, Vasen u. dgl. bei, des leichten und an- muthigen Aussehens wegen und zum Unterschiede von der Architektur.
Diese Arbeiten sind oft sehr stark nach verhältnissmässig gerin- gen Bruchstücken und nach Analogien ergänzt. Wo zwei identische Candelaber stehen, wird der eine in der Regel die Copie, ja der blosse Abguss des andern und nur der Symmetrie halber mit aufgestellt sein. Wir zählen in Kürze eine Auswahl des Besten auf.
Im Vatican, mit Ausnahme des schon Genannten: im Braccioe nuovo: die schwarze Vase mit Masken; — in den verschiedenen Räumen des Belvedere und in der Sala degli Animali: Tischstützen (Trapezo-f phoren) mit Thieren und Thierköpfen jeder Art und Güte; — im obern Gang: zwei kleinere und vier grössere Candelaber, letztere besondersg schön mit Genien, die in Arabesken auslaufen (ein ganz ähnlicher im Chor von S. Agnese vor Porta Pia); ein grosses Candelaberfragmenth mit flachem Akanthus; grosser, stark zusammengesetzter Candelaber mit dem Dreifussraub an der Basis; mehrere schöne Vasen, Brunnen u. s. w.; zwei vierseitige schmale Altäre, nach Art der marmornen Dreifüsse sehr reich behandelt. — Im Museo capitolino: oberei Galerie: sehr ausgezeichnete grosse Vase, deren Pflanzenverzierung in fünfblättrigen Schoten ausgeht; — Zimmer der Vase: nächst dem einfachk
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Marmorne Prachtgeräthe.
an der Schale meist die concentrischen Streifen der Muschel, doch
auch wohl reiches Blattwerk; der obere Theil, welcher die eigentliche
Urne ausmacht, bleibt frei für die Reliefs; der Rand aber zeigt einen
schönen Umschlag in der Form des sogenannten Eierstabes. Die Hen-
kel sind bisweilen nach oben mehrfach in elastischen Spiralen gerin-
gelt (so an der sonst einfachen Colossalvase des Vorhofes von S. Ce-
cilia in Rom und an der kleinern an der Treppe des Palazzo
Mattei); ihre untern Ansätze erscheinen mit Masken und andern
Köpfen verziert. Bisweilen sind lebende Wesen als Träger der Ge-
fässe, Tische u. s. w. rund gearbeitet; so ruht ein vaticanisches Ge-
fäss (Belvedere, Raum zunächst dem Meleager) auf den verschlunge-
nen Schweifen von drei Seepferden, ein Becken ebendort (oberer Gang)
auf den Schultern dreier Satyrn mit Schläuchen u. s. w. — Die Drei-
seitigkeit der meisten Untersätze hatte wohl ihren Ursprung in der
Form der Dreifüsse, für welche dergleichen Prachtpiedestale früher
hauptsächlich gearbeitet wurden; allein die Kunst behielt sie später
gerne auch für Candelaber, Vasen u. dgl. bei, des leichten und an-
muthigen Aussehens wegen und zum Unterschiede von der Architektur.
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Diese Arbeiten sind oft sehr stark nach verhältnissmässig gerin-
gen Bruchstücken und nach Analogien ergänzt. Wo zwei identische
Candelaber stehen, wird der eine in der Regel die Copie, ja der blosse
Abguss des andern und nur der Symmetrie halber mit aufgestellt sein.
Wir zählen in Kürze eine Auswahl des Besten auf.
Im Vatican, mit Ausnahme des schon Genannten: im Braccio
nuovo: die schwarze Vase mit Masken; — in den verschiedenen Räumen
des Belvedere und in der Sala degli Animali: Tischstützen (Trapezo-
phoren) mit Thieren und Thierköpfen jeder Art und Güte; — im obern
Gang: zwei kleinere und vier grössere Candelaber, letztere besonders
schön mit Genien, die in Arabesken auslaufen (ein ganz ähnlicher im
Chor von S. Agnese vor Porta Pia); ein grosses Candelaberfragment
mit flachem Akanthus; grosser, stark zusammengesetzter Candelaber
mit dem Dreifussraub an der Basis; mehrere schöne Vasen, Brunnen
u. s. w.; zwei vierseitige schmale Altäre, nach Art der marmornen
Dreifüsse sehr reich behandelt. — Im Museo capitolino: obere
Galerie: sehr ausgezeichnete grosse Vase, deren Pflanzenverzierung in
fünfblättrigen Schoten ausgeht; — Zimmer der Vase: nächst dem einfach
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/89>, abgerufen am 05.12.2024.
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