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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Giov. Bellini's Altarbilder. Sein Christus.
eines ein Juwel!), der Galerie von Modena, der Pinac. von Vicenza,a
der Brera von Mailand (bez. 1510) u. a. a. O. Wo Heilige anwesendb
sind, wird man im Ganzen die weiblichen vorzüglicher finden.

Von der höchsten Bedeutung ist aber bei B. durchgängig die
Gestalt Christi, welche durch ihn auch bei der folgenden venez.
Generation eine so hohe Auffassung beibehalten hat. Schon sein
Christuskind ist nicht bloss wohlgebildet, sondern so erhaben und
bedeutungsvoll in der Bewegung und Stellung als diess möglich war
ohne den Ausdruck der Kindlichkeit aufzuheben. In dem Bild in S.
Giov. e Paolo gewinnt die gar nicht ideale Madonna eine überirdischec
Weihe durch ihr Sitzen und durch das ruhige Stehen des segnenden
Kindes. Auch in dem Altarblatt der Academie ist das Kind ernstd
und grandios und contrastirt sehr bedeutsam mit den Musikengeln 1).
-- Dann wagte B. den erwachsenen segnenden Christus als einzelnee
Figur vor einem landschaftlichen oder Teppichgrund hinzustellen, mit
der würdigen Männlichkeit, demjenigen Typus des Hauptes, welchen
man in einzelnen Bildnissen Giorgione's und Tizians nachklingend
findet. (Galerie von Parma.) -- Und nun folgt "Christus in Em-
maus"
(S. Salvatore zu Venedig, Cap. links vom Chor), eines derf
ersten Bilder von Italien 2); vielleicht der erhabenste Christuskopf der
modernen Kunst, nur Lionardo ausgenommen (derselbe Gegenstand,g
Gal. Manfrin, wahrscheinlich von einem Schüler). -- Endlich scheint
der Meister eine höchste Steigerung, eine Verklärung auf Tabor, im
Sinne getragen zu haben. Das Bild dieses Inhaltes im Museum vonh
Neapel, mit dem ehrlichsten Streben nach tiefer Auffassung des Ge-
genstandes gemalt, war ein vielleicht früher Versuch dieser Art (eine
Nachahmung in S. M. mater Domini zu Venedig, 1. Alt. links). Isti
nun vielleicht die Skizze eines etwas aufwärtsblickenden Christus-
kopfes, in der Academie, der Keim einer nicht zu Stande gekommenenk

1) Freilich hat B. auch die stets unleidliche Scene der Beschneidung gemalt*
(S. Zaccaria, Chorumgang, 2. Cap. 1.), und so nach ihm viele Andere.
2) Hier und bei ähnlichen Emmausbildern des Palma vecchio, Tizian u. A. ist
die Umgebung ganz irdisch und scheinbar alltäglich, aber man vergleiche
z. B. das freche Bild des Honthorst (Gal. Manfrin) um sich zu überzeugen,**
dass es zweierlei Realismus giebt.

Giov. Bellini’s Altarbilder. Sein Christus.
eines ein Juwel!), der Galerie von Modena, der Pinac. von Vicenza,a
der Brera von Mailand (bez. 1510) u. a. a. O. Wo Heilige anwesendb
sind, wird man im Ganzen die weiblichen vorzüglicher finden.

Von der höchsten Bedeutung ist aber bei B. durchgängig die
Gestalt Christi, welche durch ihn auch bei der folgenden venez.
Generation eine so hohe Auffassung beibehalten hat. Schon sein
Christuskind ist nicht bloss wohlgebildet, sondern so erhaben und
bedeutungsvoll in der Bewegung und Stellung als diess möglich war
ohne den Ausdruck der Kindlichkeit aufzuheben. In dem Bild in S.
Giov. e Paolo gewinnt die gar nicht ideale Madonna eine überirdischec
Weihe durch ihr Sitzen und durch das ruhige Stehen des segnenden
Kindes. Auch in dem Altarblatt der Academie ist das Kind ernstd
und grandios und contrastirt sehr bedeutsam mit den Musikengeln 1).
— Dann wagte B. den erwachsenen segnenden Christus als einzelnee
Figur vor einem landschaftlichen oder Teppichgrund hinzustellen, mit
der würdigen Männlichkeit, demjenigen Typus des Hauptes, welchen
man in einzelnen Bildnissen Giorgione’s und Tizians nachklingend
findet. (Galerie von Parma.) — Und nun folgt „Christus in Em-
maus“
(S. Salvatore zu Venedig, Cap. links vom Chor), eines derf
ersten Bilder von Italien 2); vielleicht der erhabenste Christuskopf der
modernen Kunst, nur Lionardo ausgenommen (derselbe Gegenstand,g
Gal. Manfrin, wahrscheinlich von einem Schüler). — Endlich scheint
der Meister eine höchste Steigerung, eine Verklärung auf Tabor, im
Sinne getragen zu haben. Das Bild dieses Inhaltes im Museum vonh
Neapel, mit dem ehrlichsten Streben nach tiefer Auffassung des Ge-
genstandes gemalt, war ein vielleicht früher Versuch dieser Art (eine
Nachahmung in S. M. mater Domini zu Venedig, 1. Alt. links). Isti
nun vielleicht die Skizze eines etwas aufwärtsblickenden Christus-
kopfes, in der Academie, der Keim einer nicht zu Stande gekommenenk

1) Freilich hat B. auch die stets unleidliche Scene der Beschneidung gemalt*
(S. Zaccaria, Chorumgang, 2. Cap. 1.), und so nach ihm viele Andere.
2) Hier und bei ähnlichen Emmausbildern des Palma vecchio, Tizian u. A. ist
die Umgebung ganz irdisch und scheinbar alltäglich, aber man vergleiche
z. B. das freche Bild des Honthorst (Gal. Manfrin) um sich zu überzeugen,**
dass es zweierlei Realismus giebt.
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[827/0849] Giov. Bellini’s Altarbilder. Sein Christus. eines ein Juwel!), der Galerie von Modena, der Pinac. von Vicenza, der Brera von Mailand (bez. 1510) u. a. a. O. Wo Heilige anwesend sind, wird man im Ganzen die weiblichen vorzüglicher finden. a b Von der höchsten Bedeutung ist aber bei B. durchgängig die Gestalt Christi, welche durch ihn auch bei der folgenden venez. Generation eine so hohe Auffassung beibehalten hat. Schon sein Christuskind ist nicht bloss wohlgebildet, sondern so erhaben und bedeutungsvoll in der Bewegung und Stellung als diess möglich war ohne den Ausdruck der Kindlichkeit aufzuheben. In dem Bild in S. Giov. e Paolo gewinnt die gar nicht ideale Madonna eine überirdische Weihe durch ihr Sitzen und durch das ruhige Stehen des segnenden Kindes. Auch in dem Altarblatt der Academie ist das Kind ernst und grandios und contrastirt sehr bedeutsam mit den Musikengeln 1). — Dann wagte B. den erwachsenen segnenden Christus als einzelne Figur vor einem landschaftlichen oder Teppichgrund hinzustellen, mit der würdigen Männlichkeit, demjenigen Typus des Hauptes, welchen man in einzelnen Bildnissen Giorgione’s und Tizians nachklingend findet. (Galerie von Parma.) — Und nun folgt „Christus in Em- maus“ (S. Salvatore zu Venedig, Cap. links vom Chor), eines der ersten Bilder von Italien 2); vielleicht der erhabenste Christuskopf der modernen Kunst, nur Lionardo ausgenommen (derselbe Gegenstand, Gal. Manfrin, wahrscheinlich von einem Schüler). — Endlich scheint der Meister eine höchste Steigerung, eine Verklärung auf Tabor, im Sinne getragen zu haben. Das Bild dieses Inhaltes im Museum von Neapel, mit dem ehrlichsten Streben nach tiefer Auffassung des Ge- genstandes gemalt, war ein vielleicht früher Versuch dieser Art (eine Nachahmung in S. M. mater Domini zu Venedig, 1. Alt. links). Ist nun vielleicht die Skizze eines etwas aufwärtsblickenden Christus- kopfes, in der Academie, der Keim einer nicht zu Stande gekommenen c d e f g h i k 1) Freilich hat B. auch die stets unleidliche Scene der Beschneidung gemalt (S. Zaccaria, Chorumgang, 2. Cap. 1.), und so nach ihm viele Andere. 2) Hier und bei ähnlichen Emmausbildern des Palma vecchio, Tizian u. A. ist die Umgebung ganz irdisch und scheinbar alltäglich, aber man vergleiche z. B. das freche Bild des Honthorst (Gal. Manfrin) um sich zu überzeugen, dass es zweierlei Realismus giebt.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 827. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/849>, abgerufen am 18.12.2024.