Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Malerei des XV. Jahrhunderts. Oberitalien.
aältern Piazza, Albertino und Martino, in den Kirchen von Lodi
und der Umgegend darbieten.

Pierfrancesco Sacchi aus Pavia arbeitete hauptsächlich in
Genua. Mit seinem einfachen, hie und da peruginischen Gemüthsaus-
druck, seiner flandrisch reichen Ausführung bis in das kleinste De-
tail hinein, und mit den prächtigen landschaftlichen Hintergründen
macht er einen Eindruck, der ausser Verhältniss zu seiner eigentli-
bchen Begabung steht. S. Maria di Castello, 3. Alt. rechts, drei Hei-
clige in einer Landschaft; -- S. Teodoro, im Chor links, dito; -- in
dS. Pancrazio, zu beiden Seiten des Eingangs ein segnender Salvator
zwischen zwei Heiligen, "in Sacchi's Manier" (d. h. wohl von ihm), und:
S. Petrus und Paulus, von Teramo Piaggia, der hier völlig als Sac-
chi's Nachahmer erscheint (anderswo dagegen sich der römischen
Schule nähert). -- Von einem andern Genuesen um 1500, Lodovico
eBrea, mehr unter niederländischem Einfluss: die Bilder der 3. Cap.
links und des 5. Alt. rechts in S. Maria di Castello. -- Bei dem ältern
Semino (Antonio) mischen sich Eindrücke von Sacchi, Brea und
fPerin del Vaga. Sein Hauptbild, die Marter des heil. Andreas in
S. Ambrogio (4. Alt. links) ist befangen, ungeschickt, sehr fleissig und
nicht ohne einzelne schöne Züge.


In Modena ist mir von Coreggio's Lehrer Francesco Bianchi-
Ferrari zu meinem Bedauern nichts vorgekommen. -- Von den alten
gLocalmalern in der herzogl. Galerie ist Bartol. Bonasia (todter
Christus, im Sarg stehend, mit Maria und Johannes, 1485) durch seine
kräftige Färbung, Marco Meloni (thronende Madonna mit zwei
Heiligen, 1504) durch den Ausdruck in der Art des Francia interes-
sant. Auch Bernardino Losco von Carpi (thronende Mad. mit
zwei Heil., 1515) ist einer der bessern alten Lombarden; der sogen.
"Gherardo di Harlem" dagegen (grosse, figurenreiche Kreuzigung)
einer der harten alten (westlombardischen?) Meister.

In Parma hatte Coreggio leichtes Spiel gegen Vorgänger wie
Jacobus de Lusciniis, Cristofano Caselli, gen. Temperello,
hLodovico da Parma und Alessandro Araldi. Bilder dersel-
ben in der dortigen Galerie; von letzterm auch kleine Scenen al

Malerei des XV. Jahrhunderts. Oberitalien.
aältern Piazza, Albertino und Martino, in den Kirchen von Lodi
und der Umgegend darbieten.

Pierfrancesco Sacchi aus Pavia arbeitete hauptsächlich in
Genua. Mit seinem einfachen, hie und da peruginischen Gemüthsaus-
druck, seiner flandrisch reichen Ausführung bis in das kleinste De-
tail hinein, und mit den prächtigen landschaftlichen Hintergründen
macht er einen Eindruck, der ausser Verhältniss zu seiner eigentli-
bchen Begabung steht. S. Maria di Castello, 3. Alt. rechts, drei Hei-
clige in einer Landschaft; — S. Teodoro, im Chor links, dito; — in
dS. Pancrazio, zu beiden Seiten des Eingangs ein segnender Salvator
zwischen zwei Heiligen, „in Sacchi’s Manier“ (d. h. wohl von ihm), und:
S. Petrus und Paulus, von Teramo Piaggia, der hier völlig als Sac-
chi’s Nachahmer erscheint (anderswo dagegen sich der römischen
Schule nähert). — Von einem andern Genuesen um 1500, Lodovico
eBrea, mehr unter niederländischem Einfluss: die Bilder der 3. Cap.
links und des 5. Alt. rechts in S. Maria di Castello. — Bei dem ältern
Semino (Antonio) mischen sich Eindrücke von Sacchi, Brea und
fPerin del Vaga. Sein Hauptbild, die Marter des heil. Andreas in
S. Ambrogio (4. Alt. links) ist befangen, ungeschickt, sehr fleissig und
nicht ohne einzelne schöne Züge.


In Modena ist mir von Coreggio’s Lehrer Francesco Bianchi-
Ferrari zu meinem Bedauern nichts vorgekommen. — Von den alten
gLocalmalern in der herzogl. Galerie ist Bartol. Bonasia (todter
Christus, im Sarg stehend, mit Maria und Johannes, 1485) durch seine
kräftige Färbung, Marco Meloni (thronende Madonna mit zwei
Heiligen, 1504) durch den Ausdruck in der Art des Francia interes-
sant. Auch Bernardino Losco von Carpi (thronende Mad. mit
zwei Heil., 1515) ist einer der bessern alten Lombarden; der sogen.
„Gherardo di Harlem“ dagegen (grosse, figurenreiche Kreuzigung)
einer der harten alten (westlombardischen?) Meister.

In Parma hatte Coreggio leichtes Spiel gegen Vorgänger wie
Jacobus de Lusciniis, Cristofano Caselli, gen. Temperello,
hLodovico da Parma und Alessandro Araldi. Bilder dersel-
ben in der dortigen Galerie; von letzterm auch kleine Scenen al

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0842" n="820"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Malerei des XV. Jahrhunderts. Oberitalien.</hi></fw><lb/><note place="left">a</note>ältern <hi rendition="#g">Piazza, Albertino</hi> und <hi rendition="#g">Martino</hi>, in den Kirchen von Lodi<lb/>
und der Umgegend darbieten.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Pierfrancesco Sacchi</hi> aus Pavia arbeitete hauptsächlich in<lb/>
Genua. Mit seinem einfachen, hie und da peruginischen Gemüthsaus-<lb/>
druck, seiner flandrisch reichen Ausführung bis in das kleinste De-<lb/>
tail hinein, und mit den prächtigen landschaftlichen Hintergründen<lb/>
macht er einen Eindruck, der ausser Verhältniss zu seiner eigentli-<lb/><note place="left">b</note>chen Begabung steht. S. Maria di Castello, 3. Alt. rechts, drei Hei-<lb/><note place="left">c</note>lige in einer Landschaft; &#x2014; S. Teodoro, im Chor links, dito; &#x2014; in<lb/><note place="left">d</note>S. Pancrazio, zu beiden Seiten des Eingangs ein segnender Salvator<lb/>
zwischen zwei Heiligen, &#x201E;in Sacchi&#x2019;s Manier&#x201C; (d. h. wohl von ihm), und:<lb/>
S. Petrus und Paulus, von <hi rendition="#g">Teramo Piaggia</hi>, der hier völlig als Sac-<lb/>
chi&#x2019;s Nachahmer erscheint (anderswo dagegen sich der römischen<lb/>
Schule nähert). &#x2014; Von einem andern Genuesen um 1500, <hi rendition="#g">Lodovico</hi><lb/><note place="left">e</note><hi rendition="#g">Brea</hi>, mehr unter niederländischem Einfluss: die Bilder der 3. Cap.<lb/>
links und des 5. Alt. rechts in S. Maria di Castello. &#x2014; Bei dem ältern<lb/><hi rendition="#g">Semino (Antonio)</hi> mischen sich Eindrücke von Sacchi, Brea und<lb/><note place="left">f</note>Perin del Vaga. Sein Hauptbild, die Marter des heil. Andreas in<lb/>
S. Ambrogio (4. Alt. links) ist befangen, ungeschickt, sehr fleissig und<lb/>
nicht ohne einzelne schöne Züge.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>In <hi rendition="#g">Modena</hi> ist mir von Coreggio&#x2019;s Lehrer Francesco Bianchi-<lb/>
Ferrari zu meinem Bedauern nichts vorgekommen. &#x2014; Von den alten<lb/><note place="left">g</note>Localmalern in der herzogl. Galerie ist <hi rendition="#g">Bartol. Bonasia</hi> (todter<lb/>
Christus, im Sarg stehend, mit Maria und Johannes, 1485) durch seine<lb/>
kräftige Färbung, <hi rendition="#g">Marco Meloni</hi> (thronende Madonna mit zwei<lb/>
Heiligen, 1504) durch den Ausdruck in der Art des Francia interes-<lb/>
sant. Auch <hi rendition="#g">Bernardino Losco</hi> von Carpi (thronende Mad. mit<lb/>
zwei Heil., 1515) ist einer der bessern alten Lombarden; der sogen.<lb/>
&#x201E;Gherardo di Harlem&#x201C; dagegen (grosse, figurenreiche Kreuzigung)<lb/>
einer der harten alten (westlombardischen?) Meister.</p><lb/>
        <p>In <hi rendition="#g">Parma</hi> hatte Coreggio leichtes Spiel gegen Vorgänger wie<lb/><hi rendition="#g">Jacobus de Lusciniis, Cristofano Caselli</hi>, gen. Temperello,<lb/><note place="left">h</note><hi rendition="#g">Lodovico da Parma</hi> und <hi rendition="#g">Alessandro Araldi</hi>. Bilder dersel-<lb/>
ben in der dortigen Galerie; von letzterm auch kleine Scenen al<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[820/0842] Malerei des XV. Jahrhunderts. Oberitalien. ältern Piazza, Albertino und Martino, in den Kirchen von Lodi und der Umgegend darbieten. a Pierfrancesco Sacchi aus Pavia arbeitete hauptsächlich in Genua. Mit seinem einfachen, hie und da peruginischen Gemüthsaus- druck, seiner flandrisch reichen Ausführung bis in das kleinste De- tail hinein, und mit den prächtigen landschaftlichen Hintergründen macht er einen Eindruck, der ausser Verhältniss zu seiner eigentli- chen Begabung steht. S. Maria di Castello, 3. Alt. rechts, drei Hei- lige in einer Landschaft; — S. Teodoro, im Chor links, dito; — in S. Pancrazio, zu beiden Seiten des Eingangs ein segnender Salvator zwischen zwei Heiligen, „in Sacchi’s Manier“ (d. h. wohl von ihm), und: S. Petrus und Paulus, von Teramo Piaggia, der hier völlig als Sac- chi’s Nachahmer erscheint (anderswo dagegen sich der römischen Schule nähert). — Von einem andern Genuesen um 1500, Lodovico Brea, mehr unter niederländischem Einfluss: die Bilder der 3. Cap. links und des 5. Alt. rechts in S. Maria di Castello. — Bei dem ältern Semino (Antonio) mischen sich Eindrücke von Sacchi, Brea und Perin del Vaga. Sein Hauptbild, die Marter des heil. Andreas in S. Ambrogio (4. Alt. links) ist befangen, ungeschickt, sehr fleissig und nicht ohne einzelne schöne Züge. b c d e f In Modena ist mir von Coreggio’s Lehrer Francesco Bianchi- Ferrari zu meinem Bedauern nichts vorgekommen. — Von den alten Localmalern in der herzogl. Galerie ist Bartol. Bonasia (todter Christus, im Sarg stehend, mit Maria und Johannes, 1485) durch seine kräftige Färbung, Marco Meloni (thronende Madonna mit zwei Heiligen, 1504) durch den Ausdruck in der Art des Francia interes- sant. Auch Bernardino Losco von Carpi (thronende Mad. mit zwei Heil., 1515) ist einer der bessern alten Lombarden; der sogen. „Gherardo di Harlem“ dagegen (grosse, figurenreiche Kreuzigung) einer der harten alten (westlombardischen?) Meister. g In Parma hatte Coreggio leichtes Spiel gegen Vorgänger wie Jacobus de Lusciniis, Cristofano Caselli, gen. Temperello, Lodovico da Parma und Alessandro Araldi. Bilder dersel- ben in der dortigen Galerie; von letzterm auch kleine Scenen al h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/842
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 820. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/842>, abgerufen am 18.12.2024.