zu Genua sind wenigstens höchst bezeichnende Beispiele für die anti- kisirende und allegorische Richtung seiner Schule, welche hier in einen angenehmen Rococo ausmündet: der Triumph der Judith; der Triumph über Jugurtha; Amor von den Nymphen gefesselt; Amor gefangen weggeführt.
Einer lebte in dieser Zeit, der in der Darstellung des perspecti- vischen Scheines der Dinge noch über Mantegna hinaus ging: Me- lozzo da Forli, Schüler vielleicht des Squarcione, jedenfalls des P. della Francesca. Man sieht in Rom über der Treppe des Quirinals einena Gottvater von Engeln umschwebt, in der Stanza capitolare der Sacri-b stei von S. Peter ein paar Bruchstücke von Engelfiguren; -- es sind arme Fragmente eines wunderherrlichen Ganzen, nämlich der in Fresco gemalten, im vorigen Jahrhundert zerstörten Halbkuppel des Chores von SS. Apostoli. Die verkürzte Untensicht, damals wohl als grosse Neuerung bestaunt, wurde seit Coreggio tausendmal von Künstlern dritten Ranges überboten und berührt uns jetzt nur historisch; Me- lozzo's viel grössere Seite ist, dass er zu einer völlig freien, edel sinn- lichen Jugendschönheit durchgedrungen war und sie mit begeisterter Leichtigkeit (vielleicht einst in hundert Gestalten!) vorgebracht hatte. -- Das Frescobild in der vaticanischen Galerie, eine Audienz Six-c tus IV, in strengerm paduanischem Styl gemalt, ist bei aller Trefflich- keit doch schwer mit jenen Resten aus SS. Apostoli zu reimen.
Die Maler von Vicenza und Verona 1450--1500 sind ebenfalls wesentlich paduanisch gebildet, wenn auch bei Einigen sich ein (mässi- ger) Einfluss des Giov. Bellini zeigt; auf Farbenpracht und Charak- teristik der Venezianer gehen sie nur wenig ein.
Für Vicenza ist der mürrische, aber ehrliche und gründliche Bartolommeo Montagna zu nennen. -- Drei Bilder in der dor-d tigen Pinacoteca; in S. Corona das Fresco links neben der Thür; --e im Dom vielleicht die Malereien der vierten Capelle links; -- ebenda,f fünfte Capelle rechts, zwei Apostel und vielleicht auch die Anbetung des Kindes. -- Grössere Altarbilder in der Acad. zu Venedig und ing
B. Cicerone. 52
Andrea Mantegna. Melozzo da Forli. Vicentiner.
zu Genua sind wenigstens höchst bezeichnende Beispiele für die anti- kisirende und allegorische Richtung seiner Schule, welche hier in einen angenehmen Rococo ausmündet: der Triumph der Judith; der Triumph über Jugurtha; Amor von den Nymphen gefesselt; Amor gefangen weggeführt.
Einer lebte in dieser Zeit, der in der Darstellung des perspecti- vischen Scheines der Dinge noch über Mantegna hinaus ging: Me- lozzo da Forli, Schüler vielleicht des Squarcione, jedenfalls des P. della Francesca. Man sieht in Rom über der Treppe des Quirinals einena Gottvater von Engeln umschwebt, in der Stanza capitolare der Sacri-b stei von S. Peter ein paar Bruchstücke von Engelfiguren; — es sind arme Fragmente eines wunderherrlichen Ganzen, nämlich der in Fresco gemalten, im vorigen Jahrhundert zerstörten Halbkuppel des Chores von SS. Apostoli. Die verkürzte Untensicht, damals wohl als grosse Neuerung bestaunt, wurde seit Coreggio tausendmal von Künstlern dritten Ranges überboten und berührt uns jetzt nur historisch; Me- lozzo’s viel grössere Seite ist, dass er zu einer völlig freien, edel sinn- lichen Jugendschönheit durchgedrungen war und sie mit begeisterter Leichtigkeit (vielleicht einst in hundert Gestalten!) vorgebracht hatte. — Das Frescobild in der vaticanischen Galerie, eine Audienz Six-c tus IV, in strengerm paduanischem Styl gemalt, ist bei aller Trefflich- keit doch schwer mit jenen Resten aus SS. Apostoli zu reimen.
Die Maler von Vicenza und Verona 1450—1500 sind ebenfalls wesentlich paduanisch gebildet, wenn auch bei Einigen sich ein (mässi- ger) Einfluss des Giov. Bellini zeigt; auf Farbenpracht und Charak- teristik der Venezianer gehen sie nur wenig ein.
Für Vicenza ist der mürrische, aber ehrliche und gründliche Bartolommeo Montagna zu nennen. — Drei Bilder in der dor-d tigen Pinacoteca; in S. Corona das Fresco links neben der Thür; —e im Dom vielleicht die Malereien der vierten Capelle links; — ebenda,f fünfte Capelle rechts, zwei Apostel und vielleicht auch die Anbetung des Kindes. — Grössere Altarbilder in der Acad. zu Venedig und ing
B. Cicerone. 52
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Andrea Mantegna. Melozzo da Forli. Vicentiner.
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kisirende und allegorische Richtung seiner Schule, welche hier in
einen angenehmen Rococo ausmündet: der Triumph der Judith; der
Triumph über Jugurtha; Amor von den Nymphen gefesselt; Amor
gefangen weggeführt.
Einer lebte in dieser Zeit, der in der Darstellung des perspecti-
vischen Scheines der Dinge noch über Mantegna hinaus ging: Me-
lozzo da Forli, Schüler vielleicht des Squarcione, jedenfalls des
P. della Francesca. Man sieht in Rom über der Treppe des Quirinals einen
Gottvater von Engeln umschwebt, in der Stanza capitolare der Sacri-
stei von S. Peter ein paar Bruchstücke von Engelfiguren; — es sind
arme Fragmente eines wunderherrlichen Ganzen, nämlich der in Fresco
gemalten, im vorigen Jahrhundert zerstörten Halbkuppel des Chores
von SS. Apostoli. Die verkürzte Untensicht, damals wohl als grosse
Neuerung bestaunt, wurde seit Coreggio tausendmal von Künstlern
dritten Ranges überboten und berührt uns jetzt nur historisch; Me-
lozzo’s viel grössere Seite ist, dass er zu einer völlig freien, edel sinn-
lichen Jugendschönheit durchgedrungen war und sie mit begeisterter
Leichtigkeit (vielleicht einst in hundert Gestalten!) vorgebracht hatte.
— Das Frescobild in der vaticanischen Galerie, eine Audienz Six-
tus IV, in strengerm paduanischem Styl gemalt, ist bei aller Trefflich-
keit doch schwer mit jenen Resten aus SS. Apostoli zu reimen.
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Die Maler von Vicenza und Verona 1450—1500 sind ebenfalls
wesentlich paduanisch gebildet, wenn auch bei Einigen sich ein (mässi-
ger) Einfluss des Giov. Bellini zeigt; auf Farbenpracht und Charak-
teristik der Venezianer gehen sie nur wenig ein.
Für Vicenza ist der mürrische, aber ehrliche und gründliche
Bartolommeo Montagna zu nennen. — Drei Bilder in der dor-
tigen Pinacoteca; in S. Corona das Fresco links neben der Thür; —
im Dom vielleicht die Malereien der vierten Capelle links; — ebenda,
fünfte Capelle rechts, zwei Apostel und vielleicht auch die Anbetung
des Kindes. — Grössere Altarbilder in der Acad. zu Venedig und in
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 817. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/839>, abgerufen am 18.12.2024.
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