dung bemerkt man das Aufeinandertreffen der beiden Richtungen; Wurf und Haltung wollen etwas Antikes vorstellen, welches aber durch facettenartige Glanzlichter, tiefe Schatten und übergenaue Aus- führung der Einzelmotive wirklich gemacht werden soll. -- Ausserdem sind die tiefen, saftigen Farben, das sehr entwickelte Helldunkel und die scharfe und kräftige Modellirung durchgehende Verdienste der Schule.
Von Squarcione selbst ist nur ein sicheres Bild vorhanden, aeine Madonna mit einem betenden weissen Mönche, im Pal. Manfrin zu Venedig (1447). Wenn die "Sibylle mit Augustus", in der Pina- bcoteca zu Verona auch von ihm sein soll, so wäre sie wohl ein un- geschicktes Bild seines Alters. -- Von einem seiner nächsten Schüler, cMarco Zoppo, im Pal. Manfrin eine Madonna hinter einer Brust- wehr stehend, mit musicirenden Putten.
Squarcione's Einfluss reichte zunächst bis nach Toscana hinein durch den schon als Lehrer Signorelli's erwähnten Piero della dFrancesca aus Borgo San Sepolcro. Seine Fresken im Chor von S. Francesco zu Arezzo (bestes Licht: gegen Abend), die Geschichten Constantins und des wahren Kreuzes darstellend, zeigen in ihren er- haltenen Theilen eine so energische Charakteristik, eine solche Be- wegung und ein so leuchtendes Colorit, dass man den Mangel an höherer Auffassung der Thatsachen völlig vergisst. (Rumohr's ab- eschätziges Urtheil ist mir ein Räthsel.) -- Eine Magdalena, neben der Sacristeithür des Domes von Arezzo, ist noch in der Übermalung ftrefflich. -- (Ein kleiner S. Hieronymus in einer Landschaft, Acad. von Venedig, ist sehr verletzt.)
Auf Ferrara wirkte Squarcione zunächst durch Cosimo Tura. gIn dem dortigen Palazzo Schifa-noja ist der grosse obere Saal in den 1470er Jahren von ihm (theilweise, ja vielleicht grösserntheils von Piero della Francesca?) ausgemalt. Eines der wichtigsten cul- turgeschichtlichen Denkmale jener Zeit! es ist das Leben eines kleinen italienischen Gewaltherrschers, Borso von Este, Herzogs von Ferrara,
Malerei des XV. Jahrhunderts. Paduaner.
dung bemerkt man das Aufeinandertreffen der beiden Richtungen; Wurf und Haltung wollen etwas Antikes vorstellen, welches aber durch facettenartige Glanzlichter, tiefe Schatten und übergenaue Aus- führung der Einzelmotive wirklich gemacht werden soll. — Ausserdem sind die tiefen, saftigen Farben, das sehr entwickelte Helldunkel und die scharfe und kräftige Modellirung durchgehende Verdienste der Schule.
Von Squarcione selbst ist nur ein sicheres Bild vorhanden, aeine Madonna mit einem betenden weissen Mönche, im Pal. Manfrin zu Venedig (1447). Wenn die „Sibylle mit Augustus“, in der Pina- bcoteca zu Verona auch von ihm sein soll, so wäre sie wohl ein un- geschicktes Bild seines Alters. — Von einem seiner nächsten Schüler, cMarco Zoppo, im Pal. Manfrin eine Madonna hinter einer Brust- wehr stehend, mit musicirenden Putten.
Squarcione’s Einfluss reichte zunächst bis nach Toscana hinein durch den schon als Lehrer Signorelli’s erwähnten Piero della dFrancesca aus Borgo San Sepolcro. Seine Fresken im Chor von S. Francesco zu Arezzo (bestes Licht: gegen Abend), die Geschichten Constantins und des wahren Kreuzes darstellend, zeigen in ihren er- haltenen Theilen eine so energische Charakteristik, eine solche Be- wegung und ein so leuchtendes Colorit, dass man den Mangel an höherer Auffassung der Thatsachen völlig vergisst. (Rumohr’s ab- eschätziges Urtheil ist mir ein Räthsel.) — Eine Magdalena, neben der Sacristeithür des Domes von Arezzo, ist noch in der Übermalung ftrefflich. — (Ein kleiner S. Hieronymus in einer Landschaft, Acad. von Venedig, ist sehr verletzt.)
Auf Ferrara wirkte Squarcione zunächst durch Cosimo Tura. gIn dem dortigen Palazzo Schifa-noja ist der grosse obere Saal in den 1470er Jahren von ihm (theilweise, ja vielleicht grösserntheils von Piero della Francesca?) ausgemalt. Eines der wichtigsten cul- turgeschichtlichen Denkmale jener Zeit! es ist das Leben eines kleinen italienischen Gewaltherrschers, Borso von Este, Herzogs von Ferrara,
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Malerei des XV. Jahrhunderts. Paduaner.
dung bemerkt man das Aufeinandertreffen der beiden Richtungen;
Wurf und Haltung wollen etwas Antikes vorstellen, welches aber
durch facettenartige Glanzlichter, tiefe Schatten und übergenaue Aus-
führung der Einzelmotive wirklich gemacht werden soll. — Ausserdem
sind die tiefen, saftigen Farben, das sehr entwickelte Helldunkel und
die scharfe und kräftige Modellirung durchgehende Verdienste der
Schule.
Von Squarcione selbst ist nur ein sicheres Bild vorhanden,
eine Madonna mit einem betenden weissen Mönche, im Pal. Manfrin
zu Venedig (1447). Wenn die „Sibylle mit Augustus“, in der Pina-
coteca zu Verona auch von ihm sein soll, so wäre sie wohl ein un-
geschicktes Bild seines Alters. — Von einem seiner nächsten Schüler,
Marco Zoppo, im Pal. Manfrin eine Madonna hinter einer Brust-
wehr stehend, mit musicirenden Putten.
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Squarcione’s Einfluss reichte zunächst bis nach Toscana hinein
durch den schon als Lehrer Signorelli’s erwähnten Piero della
Francesca aus Borgo San Sepolcro. Seine Fresken im Chor von
S. Francesco zu Arezzo (bestes Licht: gegen Abend), die Geschichten
Constantins und des wahren Kreuzes darstellend, zeigen in ihren er-
haltenen Theilen eine so energische Charakteristik, eine solche Be-
wegung und ein so leuchtendes Colorit, dass man den Mangel an
höherer Auffassung der Thatsachen völlig vergisst. (Rumohr’s ab-
schätziges Urtheil ist mir ein Räthsel.) — Eine Magdalena, neben der
Sacristeithür des Domes von Arezzo, ist noch in der Übermalung
trefflich. — (Ein kleiner S. Hieronymus in einer Landschaft, Acad. von
Venedig, ist sehr verletzt.)
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Auf Ferrara wirkte Squarcione zunächst durch Cosimo Tura.
In dem dortigen Palazzo Schifa-noja ist der grosse obere Saal in den
1470er Jahren von ihm (theilweise, ja vielleicht grösserntheils von
Piero della Francesca?) ausgemalt. Eines der wichtigsten cul-
turgeschichtlichen Denkmale jener Zeit! es ist das Leben eines kleinen
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 812. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/834>, abgerufen am 18.12.2024.
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