kirchlichen Bilderwelt seit 1000 Jahren.) Von denselben Malern: die aFresken der Capelle S. Luca im Santo (die nächste nach der Anto- niuscapelle), vom Jahr 1382, mit den Geschichten der Apostel Phi- lippus und Jacobus d. J., ebenfalls roh, doch mit einzelnen glückli- chern und lebendigern Motiven. -- Erst aus dem XV. Jahrh.: die bFresken des ungeheuern Saales im Palazzo della ragione, von Giov. Miretto (nach 1420), ein Riesenunternehmen von beinahe 400 ein- zelnen Bildern, welche den Einfluss der Gestirne und Jahreszeiten auf das (in wahren Genrebildern geschilderte) Menschenleben dar- stellen, voll unergründlicher Bezüge aller Art, aber in den malerischen Motiven entweder ungeschickt und kraftlos oder blosse Reminiscenz von Besserm. (Ehemals galt der Zauberer Pietro von Abano als Er- cfinder, Giotto als der Maler.) -- Auch die Fresken im Chor der Ere- mitani, nach Zeit und Styl diesen verwandt (früher einem Maler des XIV. Jahrh., Guariento, zugeschrieben) sind nur sachlich merkwürdig, besonders wegen der einfarbigen astrologischen Nebendarstellungen.
Über die Malereien paduanischer Grabmäler vgl. S. 165.
In Verona ist von Aldighiero und d'Avanzo nichts vorhanden. dDem oben (S. 296, a) genannten anmuthigen Stefano da Zevio werden die Fresken über einer Seitenthür von S. Eufemia und in einer Aussennische von S. Fermo zugeschrieben. (Der Verf. hat sie 1854 übersehen und weiss nicht ob sie noch vorhanden sind.) -- Die einnere Portallunette von S. Fermo enthält eine gute Kreuzigung; die Mauer um die Kanzel eine Anzahl (dem Stefano zugeschriebene) Köpfe von Heiligen und Propheten. -- An einzelnen Heiligenfiguren fist S. Zeno (S. 742, c) ziemlich reich. -- Das Meiste ergiebt S. Ana- gstasia; die Portallunette mit S. Zeno und S. Dominicus, welche die Bürger und die Mönche des Klosters der Dreieinigkeit empfehlen, unbedeutend im Styl, aber rührend durch die ehrliche Intention; -- sodann in der 2. Cap. rechts vom Chor ein ganz tüchtiges Empfeh- lungsbild (der Familie Cavalli) neben Geringerem; -- in der 1. Cap. r. v. Chor zwei Nischengräber mit guten thronenden Madonnen etc.
In Mailand ist wenig oder nichts erhalten. Die Fresken der hhintern Capelle in S. Giovanni a Carbonara zu Neapel (mit dem Grabe
Malerei des germanischen Styles. Oberitalien.
kirchlichen Bilderwelt seit 1000 Jahren.) Von denselben Malern: die aFresken der Capelle S. Luca im Santo (die nächste nach der Anto- niuscapelle), vom Jahr 1382, mit den Geschichten der Apostel Phi- lippus und Jacobus d. J., ebenfalls roh, doch mit einzelnen glückli- chern und lebendigern Motiven. — Erst aus dem XV. Jahrh.: die bFresken des ungeheuern Saales im Palazzo della ragione, von Giov. Miretto (nach 1420), ein Riesenunternehmen von beinahe 400 ein- zelnen Bildern, welche den Einfluss der Gestirne und Jahreszeiten auf das (in wahren Genrebildern geschilderte) Menschenleben dar- stellen, voll unergründlicher Bezüge aller Art, aber in den malerischen Motiven entweder ungeschickt und kraftlos oder blosse Reminiscenz von Besserm. (Ehemals galt der Zauberer Pietro von Abano als Er- cfinder, Giotto als der Maler.) — Auch die Fresken im Chor der Ere- mitani, nach Zeit und Styl diesen verwandt (früher einem Maler des XIV. Jahrh., Guariento, zugeschrieben) sind nur sachlich merkwürdig, besonders wegen der einfarbigen astrologischen Nebendarstellungen.
Über die Malereien paduanischer Grabmäler vgl. S. 165.
In Verona ist von Aldighiero und d’Avanzo nichts vorhanden. dDem oben (S. 296, a) genannten anmuthigen Stefano da Zevio werden die Fresken über einer Seitenthür von S. Eufemia und in einer Aussennische von S. Fermo zugeschrieben. (Der Verf. hat sie 1854 übersehen und weiss nicht ob sie noch vorhanden sind.) — Die einnere Portallunette von S. Fermo enthält eine gute Kreuzigung; die Mauer um die Kanzel eine Anzahl (dem Stefano zugeschriebene) Köpfe von Heiligen und Propheten. — An einzelnen Heiligenfiguren fist S. Zeno (S. 742, c) ziemlich reich. — Das Meiste ergiebt S. Ana- gstasia; die Portallunette mit S. Zeno und S. Dominicus, welche die Bürger und die Mönche des Klosters der Dreieinigkeit empfehlen, unbedeutend im Styl, aber rührend durch die ehrliche Intention; — sodann in der 2. Cap. rechts vom Chor ein ganz tüchtiges Empfeh- lungsbild (der Familie Cavalli) neben Geringerem; — in der 1. Cap. r. v. Chor zwei Nischengräber mit guten thronenden Madonnen etc.
In Mailand ist wenig oder nichts erhalten. Die Fresken der hhintern Capelle in S. Giovanni a Carbonara zu Neapel (mit dem Grabe
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Malerei des germanischen Styles. Oberitalien.
kirchlichen Bilderwelt seit 1000 Jahren.) Von denselben Malern: die
Fresken der Capelle S. Luca im Santo (die nächste nach der Anto-
niuscapelle), vom Jahr 1382, mit den Geschichten der Apostel Phi-
lippus und Jacobus d. J., ebenfalls roh, doch mit einzelnen glückli-
chern und lebendigern Motiven. — Erst aus dem XV. Jahrh.: die
Fresken des ungeheuern Saales im Palazzo della ragione, von Giov.
Miretto (nach 1420), ein Riesenunternehmen von beinahe 400 ein-
zelnen Bildern, welche den Einfluss der Gestirne und Jahreszeiten
auf das (in wahren Genrebildern geschilderte) Menschenleben dar-
stellen, voll unergründlicher Bezüge aller Art, aber in den malerischen
Motiven entweder ungeschickt und kraftlos oder blosse Reminiscenz
von Besserm. (Ehemals galt der Zauberer Pietro von Abano als Er-
finder, Giotto als der Maler.) — Auch die Fresken im Chor der Ere-
mitani, nach Zeit und Styl diesen verwandt (früher einem Maler des
XIV. Jahrh., Guariento, zugeschrieben) sind nur sachlich merkwürdig,
besonders wegen der einfarbigen astrologischen Nebendarstellungen.
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Über die Malereien paduanischer Grabmäler vgl. S. 165.
In Verona ist von Aldighiero und d’Avanzo nichts vorhanden.
Dem oben (S. 296, a) genannten anmuthigen Stefano da Zevio
werden die Fresken über einer Seitenthür von S. Eufemia und in
einer Aussennische von S. Fermo zugeschrieben. (Der Verf. hat sie
1854 übersehen und weiss nicht ob sie noch vorhanden sind.) — Die
innere Portallunette von S. Fermo enthält eine gute Kreuzigung; die
Mauer um die Kanzel eine Anzahl (dem Stefano zugeschriebene)
Köpfe von Heiligen und Propheten. — An einzelnen Heiligenfiguren
ist S. Zeno (S. 742, c) ziemlich reich. — Das Meiste ergiebt S. Ana-
stasia; die Portallunette mit S. Zeno und S. Dominicus, welche die
Bürger und die Mönche des Klosters der Dreieinigkeit empfehlen,
unbedeutend im Styl, aber rührend durch die ehrliche Intention; —
sodann in der 2. Cap. rechts vom Chor ein ganz tüchtiges Empfeh-
lungsbild (der Familie Cavalli) neben Geringerem; — in der 1. Cap.
r. v. Chor zwei Nischengräber mit guten thronenden Madonnen etc.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 784. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/806>, abgerufen am 18.12.2024.
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