ebenso was sonst noch aus dieser Zeit in der Kirche vorhan- den ist.
Wie man in Bologna noch 1452 -- 1462 malen durfte, zeigen in ader Pinacoteca die Bilder des Petrus de Lianoris, des Mic- chele Mattei und der seligen Nonne Caterina Vigri. (Von bMattei auch ein besseres Altarwerk in der Academie zu Venedig.)
In Modena ist mir weder von Thomas noch von Barnabas, den beiden nach dieser Stadt benannten Malern, etwas zu Gesichte gekommen.
c
In Parma sind die Fresken jener Zeit im Dom ziemlich unbe- deutend. (Vierte Cap., rechts; -- fünfte Cap., links; -- Nebenräume der Crypta.) -- Das Baptisterium Seite 742, a.
d
In Ferrara enthält S. Domenico (fünfte Cap., links) eine der schönern Madonnen des XIV. Jahrh., unabhängig von Giotto.
e
In Ravenna bietet das Gewölbe einer Nebencapelle von S. Gio- vanni Evangelista gute und fleissige, spätgiotteske Malereien. (Evan- gelisten und Kirchenlehrer.)
Weit die wichtigste Stätte der oberitalischen Malerei ist in die- ser Zeit Padua, wo Giotto's grosses Werk (s. oben) den Sinn für monumentale Kunst geweckt haben muss. Die lange dauernde Aus- schmückung des Santo und die Kunstliebe des Fürstenhauses der Carrara kamen ganz wesentlich dem Fresco zu Gute. Vermuthlich ist lange nicht Alles erhalten 1); von Giusto Padovano z. B. lässt sich nichts Beglaubigtes nachweisen. Die chronologisch sichere Reihe fbeginnt erst 1376 mit der Capelle S. Felice im Santo (rechts, gegen- über der Cap. des h. Antonius), ausgemalt von den beiden Verone- sen [Giacomo?] d'Avanzo und Aldighiero da Zevio. Die sie- ben ersten Bilder aus der Legende des h. Jacobus, dem Letztgenann- ten zugeschrieben, verrathen schon eine eigenthümliche und geistvolle Aufnahme der Stylprincipien Giotto's. Es ist einer der besten Erzäh- ler, Zeichner und Maler dieser Zeit. Die übrigen Bilder der Legende und die grosse Kreuzigung an der Hinterwand sind Werke d'Avan- zo's. Dieser, als der erste Individualistiker, thut einen grossen Schritt
1) Oder steckt unter der weissen Tünche z. B. des Santo.
Malerei des germanischen Styles. Oberitalien.
ebenso was sonst noch aus dieser Zeit in der Kirche vorhan- den ist.
Wie man in Bologna noch 1452 — 1462 malen durfte, zeigen in ader Pinacoteca die Bilder des Petrus de Lianoris, des Mic- chele Mattei und der seligen Nonne Caterina Vigri. (Von bMattei auch ein besseres Altarwerk in der Academie zu Venedig.)
In Modena ist mir weder von Thomas noch von Barnabas, den beiden nach dieser Stadt benannten Malern, etwas zu Gesichte gekommen.
c
In Parma sind die Fresken jener Zeit im Dom ziemlich unbe- deutend. (Vierte Cap., rechts; — fünfte Cap., links; — Nebenräume der Crypta.) — Das Baptisterium Seite 742, a.
d
In Ferrara enthält S. Domenico (fünfte Cap., links) eine der schönern Madonnen des XIV. Jahrh., unabhängig von Giotto.
e
In Ravenna bietet das Gewölbe einer Nebencapelle von S. Gio- vanni Evangelista gute und fleissige, spätgiotteske Malereien. (Evan- gelisten und Kirchenlehrer.)
Weit die wichtigste Stätte der oberitalischen Malerei ist in die- ser Zeit Padua, wo Giotto’s grosses Werk (s. oben) den Sinn für monumentale Kunst geweckt haben muss. Die lange dauernde Aus- schmückung des Santo und die Kunstliebe des Fürstenhauses der Carrara kamen ganz wesentlich dem Fresco zu Gute. Vermuthlich ist lange nicht Alles erhalten 1); von Giusto Padovano z. B. lässt sich nichts Beglaubigtes nachweisen. Die chronologisch sichere Reihe fbeginnt erst 1376 mit der Capelle S. Felice im Santo (rechts, gegen- über der Cap. des h. Antonius), ausgemalt von den beiden Verone- sen [Giacomo?] d’Avanzo und Aldighiero da Zevio. Die sie- ben ersten Bilder aus der Legende des h. Jacobus, dem Letztgenann- ten zugeschrieben, verrathen schon eine eigenthümliche und geistvolle Aufnahme der Stylprincipien Giotto’s. Es ist einer der besten Erzäh- ler, Zeichner und Maler dieser Zeit. Die übrigen Bilder der Legende und die grosse Kreuzigung an der Hinterwand sind Werke d’Avan- zo’s. Dieser, als der erste Individualistiker, thut einen grossen Schritt
1) Oder steckt unter der weissen Tünche z. B. des Santo.
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[782/0804]
Malerei des germanischen Styles. Oberitalien.
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den ist.
Wie man in Bologna noch 1452 — 1462 malen durfte, zeigen in
der Pinacoteca die Bilder des Petrus de Lianoris, des Mic-
chele Mattei und der seligen Nonne Caterina Vigri. (Von
Mattei auch ein besseres Altarwerk in der Academie zu Venedig.)
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b
In Modena ist mir weder von Thomas noch von Barnabas,
den beiden nach dieser Stadt benannten Malern, etwas zu Gesichte
gekommen.
In Parma sind die Fresken jener Zeit im Dom ziemlich unbe-
deutend. (Vierte Cap., rechts; — fünfte Cap., links; — Nebenräume
der Crypta.) — Das Baptisterium Seite 742, a.
In Ferrara enthält S. Domenico (fünfte Cap., links) eine der
schönern Madonnen des XIV. Jahrh., unabhängig von Giotto.
In Ravenna bietet das Gewölbe einer Nebencapelle von S. Gio-
vanni Evangelista gute und fleissige, spätgiotteske Malereien. (Evan-
gelisten und Kirchenlehrer.)
Weit die wichtigste Stätte der oberitalischen Malerei ist in die-
ser Zeit Padua, wo Giotto’s grosses Werk (s. oben) den Sinn für
monumentale Kunst geweckt haben muss. Die lange dauernde Aus-
schmückung des Santo und die Kunstliebe des Fürstenhauses der
Carrara kamen ganz wesentlich dem Fresco zu Gute. Vermuthlich
ist lange nicht Alles erhalten 1); von Giusto Padovano z. B. lässt
sich nichts Beglaubigtes nachweisen. Die chronologisch sichere Reihe
beginnt erst 1376 mit der Capelle S. Felice im Santo (rechts, gegen-
über der Cap. des h. Antonius), ausgemalt von den beiden Verone-
sen [Giacomo?] d’Avanzo und Aldighiero da Zevio. Die sie-
ben ersten Bilder aus der Legende des h. Jacobus, dem Letztgenann-
ten zugeschrieben, verrathen schon eine eigenthümliche und geistvolle
Aufnahme der Stylprincipien Giotto’s. Es ist einer der besten Erzäh-
ler, Zeichner und Maler dieser Zeit. Die übrigen Bilder der Legende
und die grosse Kreuzigung an der Hinterwand sind Werke d’Avan-
zo’s. Dieser, als der erste Individualistiker, thut einen grossen Schritt
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1) Oder steckt unter der weissen Tünche z. B. des Santo.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/804>, abgerufen am 18.12.2024.
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