wenn auch an den Tempelresten Roms keine Spuren von Farben mehr gefunden werden, so sprechen doch die blauen und rothen Zierrathen auf dem weissen Stucco der pompejanischen Säulen und Gesimse, ja oft die totale Bemalung derselben unwiderleglich für eine durchaus übliche Polychromie (Mehrfarbigkeit). Gewiss nahm dieselbe in der Kaiserzeit bedeutend ab, indem ein immer wachsender, bis zur Ver- wirrung und Verwilderung führender Reichthum gemeisselter Zier- rathen ihre Stelle vertrat; auch die zunehmende Vorliebe für farbige Steinarten musste ihr Concurrenz machen.
Zweitens war schon in der spätern griechischen Kunstepoche die sog. Scenographie aufgekommen, eine Bemalung der glatten Wände, auch wohl der Decken und Gewölbe, mit architectonischem und figür- lichem Zierrath. Was von dieser Art in römischen Tempeln vorkam, wollen wir nicht ergründen; erhalten sind in Rom nur wenige Frag- mente in profanen Gebäuden, z. B. in den Titusthermen, in einigen Grabstätten etc., und auch diess Wenige lernt man jetzt, da Luft und Fackelrauch es entstellt, besser aus den (übrigens selten stylgetreuen) Abbildungen kennen als aus den Originalen. Dagegen sind theils in Pompeji an Ort und Stelle, theils im Museum von Neapel eine grosse Anzahl von Wanddecorationen mehr oder minder vollständig gerettet, die uns der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 zum Geschenk agemacht hat. (Im Museum die drei Säle unten links; manches Deco- brative auch in den zwei Sälen unten rechts.)
Das Figürliche wird bei Anlass der Malerei besprochen werden; hier handelt es sich zunächst um die architectonisch-decorative Bedeu- tung dieses wunderbaren Schmuckes.
Man wird sich bei einiger Aufmerksamkeit sofort überzeugen, dass kein einziger Zierrath sich zweimal ganz identisch wiederholt, dass also die Schablone hier so wenig als an den griechischen Vasen (s. unten) zur Anwendung gekommen sein kann. Ich glaube behaup- ten zu dürfen, dass die Maler mit Ausnahme des Lineals und eines Messzeuges kein erleichterndes Instrument brauchten, dass sie also mit Ausnahme der geraden Striche und der wichtigern Proportionen Alles mit freier Hand hervorbrachten. Ihre Fertigkeit in der Production war zu gross; sie arbeiteten ohne Zweifel schneller so als mit jenen Hülfsmitteln jetziger Decoratoren. Mit den Stuccoornamenten verhielt
Decoration. Pompejanische Scenographie.
wenn auch an den Tempelresten Roms keine Spuren von Farben mehr gefunden werden, so sprechen doch die blauen und rothen Zierrathen auf dem weissen Stucco der pompejanischen Säulen und Gesimse, ja oft die totale Bemalung derselben unwiderleglich für eine durchaus übliche Polychromie (Mehrfarbigkeit). Gewiss nahm dieselbe in der Kaiserzeit bedeutend ab, indem ein immer wachsender, bis zur Ver- wirrung und Verwilderung führender Reichthum gemeisselter Zier- rathen ihre Stelle vertrat; auch die zunehmende Vorliebe für farbige Steinarten musste ihr Concurrenz machen.
Zweitens war schon in der spätern griechischen Kunstepoche die sog. Scenographie aufgekommen, eine Bemalung der glatten Wände, auch wohl der Decken und Gewölbe, mit architectonischem und figür- lichem Zierrath. Was von dieser Art in römischen Tempeln vorkam, wollen wir nicht ergründen; erhalten sind in Rom nur wenige Frag- mente in profanen Gebäuden, z. B. in den Titusthermen, in einigen Grabstätten etc., und auch diess Wenige lernt man jetzt, da Luft und Fackelrauch es entstellt, besser aus den (übrigens selten stylgetreuen) Abbildungen kennen als aus den Originalen. Dagegen sind theils in Pompeji an Ort und Stelle, theils im Museum von Neapel eine grosse Anzahl von Wanddecorationen mehr oder minder vollständig gerettet, die uns der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 zum Geschenk agemacht hat. (Im Museum die drei Säle unten links; manches Deco- brative auch in den zwei Sälen unten rechts.)
Das Figürliche wird bei Anlass der Malerei besprochen werden; hier handelt es sich zunächst um die architectonisch-decorative Bedeu- tung dieses wunderbaren Schmuckes.
Man wird sich bei einiger Aufmerksamkeit sofort überzeugen, dass kein einziger Zierrath sich zweimal ganz identisch wiederholt, dass also die Schablone hier so wenig als an den griechischen Vasen (s. unten) zur Anwendung gekommen sein kann. Ich glaube behaup- ten zu dürfen, dass die Maler mit Ausnahme des Lineals und eines Messzeuges kein erleichterndes Instrument brauchten, dass sie also mit Ausnahme der geraden Striche und der wichtigern Proportionen Alles mit freier Hand hervorbrachten. Ihre Fertigkeit in der Production war zu gross; sie arbeiteten ohne Zweifel schneller so als mit jenen Hülfsmitteln jetziger Decoratoren. Mit den Stuccoornamenten verhielt
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Decoration. Pompejanische Scenographie.
wenn auch an den Tempelresten Roms keine Spuren von Farben mehr
gefunden werden, so sprechen doch die blauen und rothen Zierrathen
auf dem weissen Stucco der pompejanischen Säulen und Gesimse, ja
oft die totale Bemalung derselben unwiderleglich für eine durchaus
übliche Polychromie (Mehrfarbigkeit). Gewiss nahm dieselbe in der
Kaiserzeit bedeutend ab, indem ein immer wachsender, bis zur Ver-
wirrung und Verwilderung führender Reichthum gemeisselter Zier-
rathen ihre Stelle vertrat; auch die zunehmende Vorliebe für farbige
Steinarten musste ihr Concurrenz machen.
Zweitens war schon in der spätern griechischen Kunstepoche die
sog. Scenographie aufgekommen, eine Bemalung der glatten Wände,
auch wohl der Decken und Gewölbe, mit architectonischem und figür-
lichem Zierrath. Was von dieser Art in römischen Tempeln vorkam,
wollen wir nicht ergründen; erhalten sind in Rom nur wenige Frag-
mente in profanen Gebäuden, z. B. in den Titusthermen, in einigen
Grabstätten etc., und auch diess Wenige lernt man jetzt, da Luft und
Fackelrauch es entstellt, besser aus den (übrigens selten stylgetreuen)
Abbildungen kennen als aus den Originalen. Dagegen sind theils in
Pompeji an Ort und Stelle, theils im Museum von Neapel eine
grosse Anzahl von Wanddecorationen mehr oder minder vollständig
gerettet, die uns der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 zum Geschenk
gemacht hat. (Im Museum die drei Säle unten links; manches Deco-
rative auch in den zwei Sälen unten rechts.)
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Das Figürliche wird bei Anlass der Malerei besprochen werden;
hier handelt es sich zunächst um die architectonisch-decorative Bedeu-
tung dieses wunderbaren Schmuckes.
Man wird sich bei einiger Aufmerksamkeit sofort überzeugen, dass
kein einziger Zierrath sich zweimal ganz identisch wiederholt, dass
also die Schablone hier so wenig als an den griechischen Vasen
(s. unten) zur Anwendung gekommen sein kann. Ich glaube behaup-
ten zu dürfen, dass die Maler mit Ausnahme des Lineals und eines
Messzeuges kein erleichterndes Instrument brauchten, dass sie also mit
Ausnahme der geraden Striche und der wichtigern Proportionen Alles
mit freier Hand hervorbrachten. Ihre Fertigkeit in der Production
war zu gross; sie arbeiteten ohne Zweifel schneller so als mit jenen
Hülfsmitteln jetziger Decoratoren. Mit den Stuccoornamenten verhielt
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/80>, abgerufen am 05.12.2024.
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