ist und Fenster sich fast nirgends finden. Durch die Thür nach dem Hofe konnte nur ein sehr ungenügendes Licht hereindringen, da die bedeckte Halle vor der Thür den besten Theil vorwegnahm. Und doch können die zum Theil so vortrefflichen Malereien des Innern weder bei Lampenschein ausgeführt noch dafür berechnet sein. Ein Oberlicht, etwa als Dachöffnung mit einer kleinen Lanterna oder Loggia bedeckt zu denken, würde wohl am ehesten die Schwierigkeit lösen. Jedenfalls ist es bezeichnend, dass alle Nebengemächer, die einzelnen Hausgenossen oder besondern Bestimmungen zugewiesen waren, neben den Familienräumen: dem Tablinum und dem Triclinium zurückstehen, und dass die Hallen der eigentliche Stolz des Hauses waren. Es wäre unbillig, an ihren Säulen eine strenge griechische Bildung zu erwarten, da die Örtlichkeit sowohl als die bescheidenen Umstände der Besitzer die Anwendung des Stucco verlangten, dieser aber die Formen auf die Länge immer demoralisirt; man darf im Gegentheil den Schön- heitssinn bewundern, welcher noch immer mit verhältnissmässig so grosser Strenge an dem einst für schön Erkannten festhielt. An con- vexen Cannelirungen, an vortretenden Dreiviertelsäulen, an dem öfter genannten ionischen Bastardcapitäl, an achteckigen Pfeilern, sowie an vielen andern bedenklichen Formen soll zwar das Auge sich nicht bil- den, aber auch nicht zu grossen Anstoss nehmen, sondern erwägen, von welchem grossen, reichfarbigen Ganzen dieses einst blosse Theile waren, und wie sich die Einzelheiten gegenseitig theils trugen theils aufwogen. Wie sehr bereitet schon die einfache Mosaikzeichnung des Bodens auf den architektonischen Reichthum vor.
Einen Prachtbau mit strengern Formen findet man wohl nur in ader "Casa del Fauno"; den eigenthümlichen pompejanischen Zau- bber aber gewähren in hohem Grade z. B. auch die "Casa del poeta ctragico", die schöne Gartenhalle der "Casa de' capitelli figurati", die d"Casa del labirinto" und die "Casa di Nerone" mit ihren Triclinien ehinten, die "Casa di Pansa" mit ihrem prächtigen Peristilium, die f"Casa della Ballerina" mit dem so niedlichen hintern Raum für Brünnchen, Statuetten und etwa eine Rebenlaube, und so viele andere Häuser. Denn Pompeji ist aus Einem Guss und bisweilen ge- währt auch ein geringes Haus irgend eine architektonische Wirkung, die zufällig dem kostbarsten fehlt. -- Von den Landhäusern ist die
Architektur. Häuser von Pompeji.
ist und Fenster sich fast nirgends finden. Durch die Thür nach dem Hofe konnte nur ein sehr ungenügendes Licht hereindringen, da die bedeckte Halle vor der Thür den besten Theil vorwegnahm. Und doch können die zum Theil so vortrefflichen Malereien des Innern weder bei Lampenschein ausgeführt noch dafür berechnet sein. Ein Oberlicht, etwa als Dachöffnung mit einer kleinen Lanterna oder Loggia bedeckt zu denken, würde wohl am ehesten die Schwierigkeit lösen. Jedenfalls ist es bezeichnend, dass alle Nebengemächer, die einzelnen Hausgenossen oder besondern Bestimmungen zugewiesen waren, neben den Familienräumen: dem Tablinum und dem Triclinium zurückstehen, und dass die Hallen der eigentliche Stolz des Hauses waren. Es wäre unbillig, an ihren Säulen eine strenge griechische Bildung zu erwarten, da die Örtlichkeit sowohl als die bescheidenen Umstände der Besitzer die Anwendung des Stucco verlangten, dieser aber die Formen auf die Länge immer demoralisirt; man darf im Gegentheil den Schön- heitssinn bewundern, welcher noch immer mit verhältnissmässig so grosser Strenge an dem einst für schön Erkannten festhielt. An con- vexen Cannelirungen, an vortretenden Dreiviertelsäulen, an dem öfter genannten ionischen Bastardcapitäl, an achteckigen Pfeilern, sowie an vielen andern bedenklichen Formen soll zwar das Auge sich nicht bil- den, aber auch nicht zu grossen Anstoss nehmen, sondern erwägen, von welchem grossen, reichfarbigen Ganzen dieses einst blosse Theile waren, und wie sich die Einzelheiten gegenseitig theils trugen theils aufwogen. Wie sehr bereitet schon die einfache Mosaikzeichnung des Bodens auf den architektonischen Reichthum vor.
Einen Prachtbau mit strengern Formen findet man wohl nur in ader „Casa del Fauno“; den eigenthümlichen pompejanischen Zau- bber aber gewähren in hohem Grade z. B. auch die „Casa del poeta ctragico“, die schöne Gartenhalle der „Casa de’ capitelli figurati“, die d„Casa del labirinto“ und die „Casa di Nerone“ mit ihren Triclinien ehinten, die „Casa di Pansa“ mit ihrem prächtigen Peristilium, die f„Casa della Ballerina“ mit dem so niedlichen hintern Raum für Brünnchen, Statuetten und etwa eine Rebenlaube, und so viele andere Häuser. Denn Pompeji ist aus Einem Guss und bisweilen ge- währt auch ein geringes Haus irgend eine architektonische Wirkung, die zufällig dem kostbarsten fehlt. — Von den Landhäusern ist die
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[54/0076]
Architektur. Häuser von Pompeji.
ist und Fenster sich fast nirgends finden. Durch die Thür nach dem
Hofe konnte nur ein sehr ungenügendes Licht hereindringen, da die
bedeckte Halle vor der Thür den besten Theil vorwegnahm. Und
doch können die zum Theil so vortrefflichen Malereien des Innern
weder bei Lampenschein ausgeführt noch dafür berechnet sein. Ein
Oberlicht, etwa als Dachöffnung mit einer kleinen Lanterna oder Loggia
bedeckt zu denken, würde wohl am ehesten die Schwierigkeit lösen.
Jedenfalls ist es bezeichnend, dass alle Nebengemächer, die einzelnen
Hausgenossen oder besondern Bestimmungen zugewiesen waren, neben
den Familienräumen: dem Tablinum und dem Triclinium zurückstehen,
und dass die Hallen der eigentliche Stolz des Hauses waren. Es wäre
unbillig, an ihren Säulen eine strenge griechische Bildung zu erwarten,
da die Örtlichkeit sowohl als die bescheidenen Umstände der Besitzer
die Anwendung des Stucco verlangten, dieser aber die Formen auf
die Länge immer demoralisirt; man darf im Gegentheil den Schön-
heitssinn bewundern, welcher noch immer mit verhältnissmässig so
grosser Strenge an dem einst für schön Erkannten festhielt. An con-
vexen Cannelirungen, an vortretenden Dreiviertelsäulen, an dem öfter
genannten ionischen Bastardcapitäl, an achteckigen Pfeilern, sowie an
vielen andern bedenklichen Formen soll zwar das Auge sich nicht bil-
den, aber auch nicht zu grossen Anstoss nehmen, sondern erwägen,
von welchem grossen, reichfarbigen Ganzen dieses einst blosse Theile
waren, und wie sich die Einzelheiten gegenseitig theils trugen theils
aufwogen. Wie sehr bereitet schon die einfache Mosaikzeichnung des
Bodens auf den architektonischen Reichthum vor.
Einen Prachtbau mit strengern Formen findet man wohl nur in
der „Casa del Fauno“; den eigenthümlichen pompejanischen Zau-
ber aber gewähren in hohem Grade z. B. auch die „Casa del poeta
tragico“, die schöne Gartenhalle der „Casa de’ capitelli figurati“, die
„Casa del labirinto“ und die „Casa di Nerone“ mit ihren Triclinien
hinten, die „Casa di Pansa“ mit ihrem prächtigen Peristilium, die
„Casa della Ballerina“ mit dem so niedlichen hintern Raum für
Brünnchen, Statuetten und etwa eine Rebenlaube, und so viele
andere Häuser. Denn Pompeji ist aus Einem Guss und bisweilen ge-
währt auch ein geringes Haus irgend eine architektonische Wirkung,
die zufällig dem kostbarsten fehlt. — Von den Landhäusern ist die
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/76>, abgerufen am 05.12.2024.
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