sich in grossen Städten gefallen liess, wo irgend möglich aber vermied. Wer Platz hatte oder gar wer auf dem Lande baute, legte die ein- zelnen Räume zu ebener Erde rings um Höfe und Hallen herum an, höchstens mit einem einzigen Obergeschoss, welches überdiess fast bloss geringere Gemächer enthielt und nur einzelne Theile des Baues be- deckte. Plinius d. J. in der Beschreibung seiner laurentinischen Villa giebt hierüber ein vollständiges Zeugniss. Unebenes Terrain benützte man allerdings zu mehrstöckigen Anlagen, wie die Kaiserpaläste auf dem Palatin und die Villa des Diomedes bei Pompeji beweisen; alleina Reiz und Schönheit solcher Bauten lagen ohne Zweifel nicht in einer grossen Gesammtfassade, sondern in dem terrassenartigen Vortreten der untern Stockwerke vor die obern. Luft und Sonne lagen dem antiken Menschen mehr am Herzen als uns; er liebte weder das Trep- pensteigen noch die Aussicht auf die Strasse, welche uns so viel zu gelten pflegt.
Die Ermittelung der einzelnen Räume des Hauses und ihrer Be- stimmung gehört der Archäologie an; wir haben es nur mit dem künst- lerischen Eindruck der erhaltenen Gebäude zu thun. Die Fassade war bei den pompejanischen Bauten, wie gesagt, den Buden auf- geopfert. Innen aber herrscht ein Reichthum perspectivischer Durch- blicke, welcher bei jedem Besuch der Stadt einen neuen, unerschöpf- lichen Genuss gewährt. Allerdings sind an den beiden mit Säulen- oder Pfeiler-Hallen umgebenen Höfen, dem Atrium und dem Peristylium, die einst hölzernen Gebälke sämmtlich verschwunden; dafür hemmt auch keine Zwischenthür, kein Vorhang mehr den Durchblick. Die Farbigkeit der Stuccosäulen, weit entfernt sich bunt auszunehmen, steht in völliger Harmonie mit der baulichen und figürlichen Bemalung der Wände, von welcher in besondern Abschnitten (siehe Seite 58 bis 64, und: antike Malerei) die Rede sein wird. Denkt man sich ausserdem die vielen plastischen Bildwerke, die kleinen Hauscapell- chen, die Brunnen im Gartenhof des Peristyliums, die grünen Lauben und die ausgespannten Schattentücher über einzelnen Räumen hinzu, so ergiebt sich ein Ganzes, welches zwar keine nordische, aber eine beneidenswerthe südliche Wohnlichkeit und Schönheit hat. -- Sehr fraglich bleibt immer die Beleuchtung der meisten Gemächer um die Höfe herum, da der Oberbau fast durchgängig nicht mehr vorhanden
Häuser von Pompeji.
sich in grossen Städten gefallen liess, wo irgend möglich aber vermied. Wer Platz hatte oder gar wer auf dem Lande baute, legte die ein- zelnen Räume zu ebener Erde rings um Höfe und Hallen herum an, höchstens mit einem einzigen Obergeschoss, welches überdiess fast bloss geringere Gemächer enthielt und nur einzelne Theile des Baues be- deckte. Plinius d. J. in der Beschreibung seiner laurentinischen Villa giebt hierüber ein vollständiges Zeugniss. Unebenes Terrain benützte man allerdings zu mehrstöckigen Anlagen, wie die Kaiserpaläste auf dem Palatin und die Villa des Diomedes bei Pompeji beweisen; alleina Reiz und Schönheit solcher Bauten lagen ohne Zweifel nicht in einer grossen Gesammtfassade, sondern in dem terrassenartigen Vortreten der untern Stockwerke vor die obern. Luft und Sonne lagen dem antiken Menschen mehr am Herzen als uns; er liebte weder das Trep- pensteigen noch die Aussicht auf die Strasse, welche uns so viel zu gelten pflegt.
Die Ermittelung der einzelnen Räume des Hauses und ihrer Be- stimmung gehört der Archäologie an; wir haben es nur mit dem künst- lerischen Eindruck der erhaltenen Gebäude zu thun. Die Fassade war bei den pompejanischen Bauten, wie gesagt, den Buden auf- geopfert. Innen aber herrscht ein Reichthum perspectivischer Durch- blicke, welcher bei jedem Besuch der Stadt einen neuen, unerschöpf- lichen Genuss gewährt. Allerdings sind an den beiden mit Säulen- oder Pfeiler-Hallen umgebenen Höfen, dem Atrium und dem Peristylium, die einst hölzernen Gebälke sämmtlich verschwunden; dafür hemmt auch keine Zwischenthür, kein Vorhang mehr den Durchblick. Die Farbigkeit der Stuccosäulen, weit entfernt sich bunt auszunehmen, steht in völliger Harmonie mit der baulichen und figürlichen Bemalung der Wände, von welcher in besondern Abschnitten (siehe Seite 58 bis 64, und: antike Malerei) die Rede sein wird. Denkt man sich ausserdem die vielen plastischen Bildwerke, die kleinen Hauscapell- chen, die Brunnen im Gartenhof des Peristyliums, die grünen Lauben und die ausgespannten Schattentücher über einzelnen Räumen hinzu, so ergiebt sich ein Ganzes, welches zwar keine nordische, aber eine beneidenswerthe südliche Wohnlichkeit und Schönheit hat. — Sehr fraglich bleibt immer die Beleuchtung der meisten Gemächer um die Höfe herum, da der Oberbau fast durchgängig nicht mehr vorhanden
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Häuser von Pompeji.
sich in grossen Städten gefallen liess, wo irgend möglich aber vermied.
Wer Platz hatte oder gar wer auf dem Lande baute, legte die ein-
zelnen Räume zu ebener Erde rings um Höfe und Hallen herum an,
höchstens mit einem einzigen Obergeschoss, welches überdiess fast bloss
geringere Gemächer enthielt und nur einzelne Theile des Baues be-
deckte. Plinius d. J. in der Beschreibung seiner laurentinischen Villa
giebt hierüber ein vollständiges Zeugniss. Unebenes Terrain benützte
man allerdings zu mehrstöckigen Anlagen, wie die Kaiserpaläste auf
dem Palatin und die Villa des Diomedes bei Pompeji beweisen; allein
Reiz und Schönheit solcher Bauten lagen ohne Zweifel nicht in einer
grossen Gesammtfassade, sondern in dem terrassenartigen Vortreten
der untern Stockwerke vor die obern. Luft und Sonne lagen dem
antiken Menschen mehr am Herzen als uns; er liebte weder das Trep-
pensteigen noch die Aussicht auf die Strasse, welche uns so viel zu
gelten pflegt.
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Die Ermittelung der einzelnen Räume des Hauses und ihrer Be-
stimmung gehört der Archäologie an; wir haben es nur mit dem künst-
lerischen Eindruck der erhaltenen Gebäude zu thun. Die Fassade war
bei den pompejanischen Bauten, wie gesagt, den Buden auf-
geopfert. Innen aber herrscht ein Reichthum perspectivischer Durch-
blicke, welcher bei jedem Besuch der Stadt einen neuen, unerschöpf-
lichen Genuss gewährt. Allerdings sind an den beiden mit Säulen-
oder Pfeiler-Hallen umgebenen Höfen, dem Atrium und dem Peristylium,
die einst hölzernen Gebälke sämmtlich verschwunden; dafür hemmt
auch keine Zwischenthür, kein Vorhang mehr den Durchblick. Die
Farbigkeit der Stuccosäulen, weit entfernt sich bunt auszunehmen,
steht in völliger Harmonie mit der baulichen und figürlichen Bemalung
der Wände, von welcher in besondern Abschnitten (siehe Seite 58
bis 64, und: antike Malerei) die Rede sein wird. Denkt man sich
ausserdem die vielen plastischen Bildwerke, die kleinen Hauscapell-
chen, die Brunnen im Gartenhof des Peristyliums, die grünen Lauben
und die ausgespannten Schattentücher über einzelnen Räumen hinzu,
so ergiebt sich ein Ganzes, welches zwar keine nordische, aber eine
beneidenswerthe südliche Wohnlichkeit und Schönheit hat. — Sehr
fraglich bleibt immer die Beleuchtung der meisten Gemächer um die
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/75>, abgerufen am 05.12.2024.
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